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Marie Luise von Halem spricht zu "Priorität für die Bildung!"

Es gilt das gesprochene Wort ! -

Als ich neulich vom Thema dieser Aktuellen Stunde erfahren habe, kurz nach der kleinen Palastrevolte der Kollegin Gerrit Große, da lachte mir das Herz: JA – endlich steht die Linke auf, endlich passiert etwas! Endlich wird sich was ändern, nachdem ein Jahr rot-rote Bildungspolitik so aussahen, als habe sich nicht nur der Minister unbeeindruckt vom Regierungswechsel gehalten, sondern genauso die politische Grundausrichtung. Die Linke – gerade mal knapp sechs Prozentpunkte schwächer als die SPD – ist doch in dieser Koalition unter den Fittichen der SPD nur ein bildungspolitisches Mikrotierchen, das es nicht wagt, zu zappeln.

Die Analyse ist klar und wird uns mit jeder Vergleichsstudie vorgehalten: Das Brandenburger Bildungssystem kommt und kommt nicht auf den grünen Zweig.

Was aber die neue rot-rote Regierung in diesem einen Jahr gemacht hat, nimmt sich doch aus wie das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern: viel zu reden davon, Bildung dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen, das Thema Schulabbrecher müsse Chefsache werden – aber nichts tun. Neue Lehrer einzustellen, die nicht die Zahl der ausscheidenden ersetzen; ein Schüler-Bafög, das einerseits viel zu spät kommt, um gegen soziale Selektion zu wirken und andererseits die wirklich Bedürftigen gar nicht erreicht; Fort- und Weiterbildungsmittel für Lehrkräfte einschmelzen; angesichts der Defizite im Fremdsprachenunterricht Pläne zu schmieden, aber keine Vorsorge für die finanzielle Umsetzung zu treffen; usw. usf.

Nein, wir lassen uns nicht einlullen von dem vermeintlich kostbaren Gewebe der in Wirklichkeit gar nicht existierenden Kleider. Die Wirklichkeit ist – und das, dachte ich, hätten auch die Linken längst gesehen: Der Kaiser ist nackt!

Aber der Antragstext enttäuscht mich dann doch in seiner Hilflosigkeit: „Es ist erstens genau zu analysieren, wo die Ursachen für das schlechte Abschneiden Brandenburger Schülerinnen und Schüler liegen, zweitens zu hinterfragen, in wie weit die seit 2000 eingeleiteten Reformen tatsächlich die notwendigen Wirkungen entfaltet haben und drittens zu überlegen, welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zu ziehen sind, um die Qualität von Bildung für alle Brandenburger Schülerinnen und Schüler nachhaltig zu verbessern."

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken: Ich bin ja erstaunt, dass Sie eine Analyse Ihrer Regierungpolitik vorlegen, die fast oppositionsreif ist. Aber haben Sie denn nach einem Jahr Regierungsbeteiligung wirklich gar keine Idee, wie das weitergehen sollte? Was man jetzt konkret tun könnte? Warum verbleiben Sie bei den Platitüden, warum trauen Sie sich nicht, konkrete Schritte vorzuschlagen? Wer soll denn auswerten, hinterfragen und verbessern? Mit welchem Ziel und was soll anders werden? Machen Sie doch mal eine konkrete Ansage! - Oder gibt es von Seiten der SPD keine Bereitschaft, sich auf konkrete Vorschläge einzulassen? Oder haben Sie sich mit der FDP abgesprochen, die mit ihrem Antrag auf Einrichtung einer Bildungskommission einen konkreten Schritt vorschlägt?

Vielleicht können Sie sich ja mal überwinden und den FDP-Antrag in den Ausschuss überweisen, und vielleicht machen wir dann gemeinsam eine große Palastrevolte und finden dem Kaiser ein paar echte neue Kleider?

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