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Marie Luise von Halem spricht zu den Anträgen der Fraktionen SPD und DIE LINKE "Weiterentwicklung der Lehrerausbildung"

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Anrede!

Wir haben hier mal wieder einen Ankündigungsverlautbarungsantrag der Koalitionsfraktionen. Natürlich kann man fragen, warum Sie nicht gleich ein Lehrerbildungsgesetz vorlegen oder zumindest mit konkreten Eckpunkten die Novellierung desselben einfordern. Nein: Ihr Ziel ist ein Konzept, das Eingang in die Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes finden soll. Das klingt nach kleinen Brötchen. Vielleicht ist aber auch das Endprodukt ein so umfassender Brotlaib, dass es sich lohnt, den Teig in mehreren Runden zu kneten und zwischendurch immer wieder gehen zu lassen?

Von den Punkten, die im Antrag benannt sind, sind uns Bündnisgrünen besonders wichtig:

1. Die Frage der persönlichen Eignung. Wir wissen, dass ein Auswahlverfahren bei Studienbeginn nicht zulässig ist, weil es dem Recht auf freie Berufswahl widerspräche. Wir wissen auch, dass es jungen Menschen (nicht nur denen!) zugestanden werden muss, sich weiter zu entwickeln. In Hamburg gibt es z.B. verpflichtende Selbsttests, die nicht formale Zugangsgrundlage sind. Ein solches Instrument der Selbsteinschätzung sollten wir anwenden und gleichzeitig das Ergebnis nicht überbewerten sondern die Entwicklungspotenziale der Studierenden während des Studiums gut begleiten.

2. Die Weiterentwicklung des Vorbereitungsdienstes bzw. der Praxisphasen: Sie müssen früher beginnen und häufiger sein, um den Studierenden ausreichende Praxiserfahrung zu ermöglichen.

3. Die Berücksichtigung inklusionspädagogischer Gesichtspunkte in allen Lehramtsstudiengängen. Brandenburg hat sich bei der Umsetzung der UN-Konvention zur Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht an die Spitze der Bewegung gesetzt. Trotzdem wird sich in den nächsten Jahren einiges ändern müssen. Um denjenigen bessere Chancen einzuräumen, die besonderen Förderbedarf haben, müssen Lehrkräfte befähigt werden, individuell und kompetenzorientiert ihren Unterricht zu gestalten. Davon profitieren letztlich alle, Kinder mit Behinderungen genauso wie Hochbegabte.

Über die im Antrag genannten Punkte hinaus haben wir Bündnisgrüne weitere Forderungen an die Lehrerausbildung:

Wir brauchen erstens dringend eine gemeinsame Lehrerbedarfsplanung der Länder Berlin und Brandenburg. Es mag schon sein, dass eine solche Planung schwierig ist, weil der Lehrerausbildungsmarkt ein bundesweiter Markt ist oder weil die Beschäftigungsumfänge nicht voraussehbar sind – wie u.a. von Herrn StS Jungkamp in der gemeinsamen Sitzung von ABJS und AWFK geäußert wurde. Natürlich heißt das auch, die Länder müssten sich auf gemeinsame Anforderungen einigen. Dass der Bedarf an einer solchen Planung besteht, lässt sich kaum leugnen, denn vor allem die Studierenden haben ein hohes Interesse daran – und auch ein Recht darauf! - zu erfahren, wie aussichtsreich denn ihre Bemühungen sein werden. Immer nur zu sagen, eine solche Einigung müsse es auf Bundesebene geben und das zum Vorwand zu machen, sich zwischen Berlin und Brandenburg nicht einigen zu müssen, kann nur als provinziell bezeichnet werden.

Und ein zweiter Punkt fehlt aus unserer Sicht: Die Relevanz der ersten Jahre bei der Entwicklung von Kindern wird von wissenschaftlicher Seite immer höher eingeschätzt. Das bedeutet aber, dass wir bei der Ausbildung des pädagogischen Personals etwas ändern müssen: Es kann langfristig nicht so weiter gehen, dass die Erzieherin in der Kita das niedrigste Gehalt und das niedrigste gesellschaftliche Ansehen hat und der Hochschulprofessor das höchste. Hier müssen wir etwas ändern, die Novelle des Lehrerbildungsgesetzes könnte erste Schritte beinhalten, z.B. indem sie die Grundschullehrerinnen und -lehrer in diesem Sinne stärkt.

Und ein letzter Punkt im Sinne Catos Ceterum Censeo: Wenn wir die Unterrichtsqualität verbessern wollen, brauchen wir nicht nur gut ausgebildete junge Lehrkräfte, sondern auch Fort- und Weiterbildung für die älteren!

Gut, lassen wir das Thema noch ein bisschen gären und warten auf die Eckpunkte aus den Ministerien. Wir stimmen natürlich zu.