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Heide Schinowsky spricht zum Gesetzentwurf der AfD-Fraktion „Erstes Gesetz zur Änderung des Petitionsgesetzes“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, herzlichen Dank auch von meiner Seite an die KollegInnen im Petitionsausschuss für die gute Zusammenarbeit und natürlich auch an die ReferatsmitarbeiterInnen!

Eines noch vorneweg: In der Regel erschließt sich einem ja recht schnell die Intention der Antragsteller bei ihren Anträgen. Bei diesem hier bin ich mir nicht so sicher, ob ich Ihr Anliegen – sehr geehrte Damen und Herren von der AfD – wirklich in Gänze richtig erfasst habe. Oder anders gefragt: Ist Ihnen bewusst, dass Ihr Antrag eine Stärkung der Rechte bzw. Beteiligungsmöglichkeiten von Asylbewerbern, Flüchtlingen und von Abschiebung bedrohter Menschen bedeuten würde? Das Stichwort hierfür ist der schöne Begriff „Jedermannsrecht“. Aber dazu gleich mehr.

Unsere Fraktion hat sich auch schon in der letzten Legislaturperiode für ein internetbasiertes Petitionswesen ausgesprochen. Im Zuge der Novellierung des Petitionsgesetzes wurde hierüber diskutiert. Wir waren und sind der Meinung, dass es auch in Brandenburg möglich sein sollte, eine öffentliche Petition übers Internet einzureichen und mitzuzeichnen, so wie es beim Deutschen Bundestag sowie in weiteren Bundesländern bereits erfolgreich praktiziert wird.

Abgesehen davon, dass ihr Gesetzentwurf überhaupt nicht gedenkt, diese öffentliche Petition einzuführen – ich konnte eine entsprechende Regelung in ihrem Entwurf jedenfalls nicht entdecken – müssen wir uns aber auch noch über einige weitere Aspekte Gedanken machen. Ich möchte in diesem Zusammenhang zunächst nur auf den einen, mir aber sehr wichtigen Punkt eingehen:

Das Petitionsrecht ist ein sogenanntes „Jedermannsrecht“. Es knüpft nicht an die Geschäftsfähigkeit oder ähnliche Voraussetzungen an, sondern soll den Einfluss ALLER Menschen in Brandenburg stärken.

Es steht damit Minderjährigen, Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, unter Betreuung stehenden Personen oder Strafgefangenen genauso zu wie etwa Vertretern von Verbänden, Vereinen, Bürgerinitiativen und Unternehmen.

Bewusst hat der Verfassungsgeber dieses Grundrecht JEDEM eingeräumt, der sich durch eine Verwaltungsentscheidung bzw. durch behördliches Handeln benachteiligt sieht oder der Bitten und Vorschläge zur Gesetzgebung vorbringen möchte.

Daraus können wir folgende Schlüsse ziehen, die bei einer umfassenden Evaluation unseres Petitionsrechts berücksichtigt werden sollten:

ERSTENS: Auch Kinder sollten sich verstärkt an den Petitionsausschuss wenden können. Hierfür wäre ein Internetportal notwendig, das in kindgerechter Weise die Voraussetzungen einer Petition erklärt.

ZWEITENS: Nicht nur junge Menschen – auch Menschen mit Behinderung sollten ihre Beschwerden und Anliegen besser mitteilen können. Man könnte daher – wie z. B. in Paragraph 1 des Bremer Petitionsgesetzes verankert – den barrierefreien Zugang zum Petitionsrecht festschreiben. Die Lesbarkeit des Gesetzes sollte durch eine klare und bürgernahe Sprache verbessert werden.

DRITTENS: Wir sollten uns darüber Gedanken machen, ob eine Petition an die deutsche Sprache gebunden sein muss oder beispielsweise auch in Englisch erfolgen kann. Aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge hat die Zahl der Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland 2014 mit 8,2 Millionen einen Höchststand erreicht. In Brandenburg war der prozentuale Anstieg neu gemeldeter Ausländerinnen und Ausländer mit 13,4 Prozent am höchsten. Diese Bereicherung verpflichtet uns zu handeln! Indem wir Menschen mit Migrationshintergrund die Mitwirkung erleichtern, können wir erreichen, dass die Identifikation mit ihrer zweiten Heimat erhöht wird. Dadurch können wir zu einer gelingenden Integration beitragen.

Art. 24 der brandenburgischen Landesverfassung und Art. 17 des Grundgesetzes, die das Petitionsrecht für Jedermann – und jede Frau – vorsehen, erteilen uns damit einen klaren Auftrag, weitergehende Vorschläge im Petitionsrecht zu erörtern. Hierfür ist ein breiter Diskurs notwendig, der auch eine Evaluation und einen Erfahrungsaustausch über das bisher praktizierte Petitionsrecht voraussetzt.

Liebe AfD-Fraktion, ihr Vorschlag zur Einführung der Online-Petition greift leider viel zu kurz – oder ist halbherzig, um Herrn Galau zu zitieren. Nach einer Evaluation sollten wir gemeinsamen über weitergehende Vorschläge nachdenken. Ihrem „Gesetzentwurf“ kann unsere Fraktion daher nicht zustimmen.