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Axel Vogel spricht zur Stärkung der Regionalen Wachstumskerne

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,

Mehrere Redner haben heute die Überzeugung geäußert, dass die Neuausrichtung der Förderpolitik der Landesregierung unter dem Motto „Stärken stärken" in den letzten Jahren positive Wirkung gezeigt hätte.

Die Landesregierung stellt in dem vorliegenden Bericht über die Neuausrichtung der Förderpolitik auf Seite zwei sogar fest: „ Über die positiven Effekte der Neuausrichtung der Standortpolitik sind sich alle Brandenburger Experten einig."

Eine Bestandsaufnahme:

  1. Aktuell sind 119 Einzelmaßnahmen beschlossen.
  2. im Oktober 2009 waren 21 Maßnahmen abgeschlossen. Davon waren die Hälfte Infrastrukturprojekte.
  3. im Oktober 2010 kamen weitere 14 abgeschlossene Maßnahmen hinzu.
  4. 2010 wurden weitere 56 Maßnahmen von Seiten der RWK vorgeschlagen.

Im Durchschnitt hat jeder Wachstumskern 2 Maßnahmen fertig gestellt, wobei bisher nur 1,4 Maßnahmen durch eine Fertigstellung im Jahr 2009 positive Effekte für den Regionalen Wachstumskern erzeugen konnten.

Von den 96 Maßnahmen in Umsetzung sind

  • 84 Infrastrukturmaßnahmen,
  • nur 11 Maßnahmen dienen der Fachkräftesicherung und
  • eine Maßnahme vertieft die regionale Kooperation um Neuruppin.

Ergebnis:

Der eindeutige Schwerpunkt liegt bei Investitionen in den Straßenbau und der Gebäudeinfrastruktur.

Diese Schwerpunktbildung steht jedoch in eindeutigem Widerspruch gegen den von den Unternehmern gesehenen prioritären Handlungsbedarf.

Im aktuellen Bericht zur Evaluierung der Wirtschaftsförderung in Brandenburg stellt fest: Unternehmer sehen den größten politischen Handlungsbedarf bei der Standortentwicklung bei der Fachkräftesicherung. Statistisch setzt jeder Regionale Wachstumskern 0,73 Maßnahmen zur Fachkräftesicherung um. Die Regionalen Wachstumskerne Cottbus, Schönefelder Kreuz, Spremberg und Neuruppin verzichten aktuell auf die Umsetzung von Maßnahmen zur Fachkräftesicherung.

Den geringsten Handlungsbedarf bei der Standortentwicklung sehen die Unternehmen bei der Infrastruktur.

Das bewertet die Landesregierung anscheinend anders, denn In

Das Thema Vernetzung ist für Unternehmen bei der Standortentwicklung bedeutender als Infrastrukturmaßnahmen. Die Regionalen Wachstumskern sollen durch Vernetzung und Abstimmung in die Region ausstrahlen.

Wie kann über die positiven Effekte der Neuausrichtung der Förderpolitik Einigkeit herrschen, wenn der zentrale Aspekt, die begonnene Evaluierung der Arbeit der Regionalen Wachstumskernen und damit die Analyse der Ergebnisse der bisherigen Förderpolitik, aussteht?

Erschwerend kommt hinzu, dass der zweite Zwischenbericht der Evaluatoren vom 23. Juli 2010 von einer abschließenden Bewertung weit entfernt ist.

Zu einer aktuellen Evaluation stellen die Evaluatoren im zweiten Zwischenbericht fest: „ Der Prozess ist-nach Aussage der meisten RWK-jetzt erst richtig angelaufen und muss in den kommenden Jahren nachweis- und belastbare Wirkung zeigen. Zum einen handelt es sich bei vielen Projekten um langfristige Maßnahmen und zum anderen benötigen viele der komplexen Maßnahmen eine entsprechende Planungs- und Vorbereitungsphase. Dementsprechend können zum jetzigen Zeitpunkt auch nur begrenzte unmittelbare Wirkungen festgestellt werden." Für alle Brandenburger Experten möchte ich dies einmal zusammenfassen. Die Wirkung der Förderpolitik „Stärken stärken" sind aktuell weder nachweisbar noch belastbar. Weder die Evaluatoren dieser Förderpolitik noch die Vertreter der Regionalen Wachstumskerne sind gegenwärtig der Meinung, dass eine Ergebnisanalyse derzeit qualitativ sinnvoll ist. Wir halten fest, jetzt von positiven Effekten zu sprechen ist lächerlich.

Gleichzeitig ziehen die Evaluatoren in diesem Bericht die Nachweisbarkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen Regionalen Wachstumskern und einer überdurchschnittlichen Wirtschaftsentwicklung in Zweifel. „Die RWK-Effekte sind nur sehr schwer von überlagernden Effekten zu trennen." Zum Beispiel kann kein direkter Zusammenhang zwischen den RWK-Status und der überdurchschnittlichen Entwicklung des Wirtschaftsaufschwung beginnend im Jahr 2005 hergestellt werden. Die Evaluatoren benennen im zweiten Zwischenbericht explizit die Gefahr, dass die Evaluation keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen dem Status Regionalem Wachstumskern und Wirtschaftsentwicklung erbringen könnte.

Wie kann über die positiven Effekte der Neuausrichtung Einigkeit herrschen, wenn eine zentrale Säule dieser Förderpolitik vor kurzem erst verbal eingestampft wurde. Zitat aus Ihren Koalitionsvereinbarungen: „Branchenschwerpunktorte bilden die zweite Säule der regionalen Konzentration der Fördermittel. Es hat sich gezeigt, dass die Ausweisung von Branchenschwerpunktorten in den RWK eine unnötige Doppelung in der Wirtschaftsförderung darstellt. Daher sollen die Branchenkompetenzfelder zukünftig im ganzen Land gelten. Branchenschwerpunktorte sind damit verzichtbar." Anscheinend ist zumindest der neue Partner in der Koalition zu der Einsicht gelangt, dass Clustervorteile auch wirken, wenn unterschiedliche Postleitzahlen in der Anschrift der Unternehmen vorkommen.

Aber wie viel ist diese Aussage Wert?

Nicht einmal das Papier auf dem es gedruckt wurde. Das Operationale Programm wurde bisher nicht geändert. Faktisch ist die Förderung nach Branchenschwerpunktorten in Brandenburg noch immer Teil der Förderstrategie.

Das Ergebnis ist: Die Rot-Schwarze Wirtschaftspolitik der vergangenen zehn Jahre wird losgelöst von politischen Entscheidungen mit Kontinuität und Blindheit stur weiterverfolgt und umgesetzt.

Auf welcher Grundlage, Herr Kosanke oder Herr Minister Christoffers, erfolgt also die Einschätzung, dass das Konzept „Stärken stärken" ein Erfolg war, wenn nicht einmal vernünftige Ausgangsdaten vorliegen und in nächster Zeit auch keine Wirkungen erkennbar sein werden?

Frau Kaiser hatte 2007 Recht, als sie das Konzept „Stärken stärken" in Zweifel zog und Richtlinien beklagte, durch die einer Vielzahl von Kommunen unseres Landes bzw. ganzen Regionen von vornherein der Zugang zu diesen Fördermöglichkeiten verbaut wird. Das Resultat der Konzentration der Fördermittel auf wenige Auserwählte ist ein Flickenteppich. Beispielhaft habe ich Ihnen diese Grafik mitgebracht. Die Grafik zeigt das Stadtumbauprogramm Ost. Ein Vorbild für die Strategie der Wirtschaftsförderung, da schon seit 2002 diese Mittel nur einer ausgewählten Gruppe zur Verfügung stehen. Das Ergebnis sehen Sie. Eine kleine Schar Privilegierter erhalten sehr viel Unterstützung. Trotzdem verharmlost diese Grafik die Förderung der Regionalen Wachstumskerne. Denn in der Phase 1 des Stadtumbau Programms wurden von 2002 bis 2009 33 Städte beteiligt. Der Kreis der Privilegierten ist bei der Wirtschaftsförderung halb so groß. Die Brandenburger Karte wäre also noch viel weißer. Kaum vorstellbar.

Eine grundlegende Änderung der Förderstrategie des Landes wäre deshalb überfällig. Mit der Streichung des Konzepts der Branchenschwerpunktorte sind Sie einen ersten Schritt in die richtige Richtung gegangen, um allerdings gleich zwei Schritte zurück zu springen.

Ich zitiere aus der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Senftleben „Effekte des Förderinstruments der Branchenschwerpunktorte" durch die Landesregierung:

„Gestützt auf die Empfehlung des Gutachters, aber auch im Hinblick auf die Erfüllung des wesentlichen Zwecks soll in der neuen Legislaturperiode die Förderkategorie der Branchenschwerpunktorte aufgegeben werden. Dies dient der Transparenz und stellt eine Vereinfachung des Förderszenarios dar. Damit würde außerdem eine weitere Konzentration der Fördermittel auf die integrierte Standortentwicklung in den Regionalen Wachstumskernen erfolgen."

Das heißt, man lehnt das Projekt der Branchenschwerpunktorte jetzt ab, sammelt das Geld ein und will sich noch stärker auf die Regionalen Wachstumskerne konzentrieren, als es bisher schon der Fall war. Die Förderung konzentriert sich auf noch weniger Regionen.

Ich denke, das ist der falsche Weg.

Wir halten dies auch für eine nicht nachvollziehbare Fortführung des schwarz roten Konzepts der Vorgängerregierung.

Sie verletzt das Konzept der sozialen Marktwirtschaft nachhaltig und schlägt alle ordnungspolitischen Grundsätze in den Wind.

Auch in Brandenburg sollte die Politik in der Lage sein, einen ordnungspolitischen Rahmen vorzugeben, der Wettbewerb schafft und nicht unterbindet. Wir alle müssen daran arbeiten, Brandenburg innovativ und zukunftsorientiert auszurichten. Deshalb ist es zwingend notwendig, auch im Sinne des Wahlprogramms der Linken, alle Regionen in die Förderung einzubinden. Wir benötigen eine Förderstrategie mit einem dezentralen Ansatz, die auf den Erfahrungen der Regionen aufbaut. Zwischen den Kommunen muss ein Wettbewerb um die besten Ideen und Ansiedlungskonzepte möglich werden.