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Axel Vogel spricht zum zweiten Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Finanzhaushalts

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

wer den heute vorliegenden Gesetzentwurf der Regierungskoalition und die Stellungnahme des Städte und Gemeindebundes von 4. August neben einander legt, kann kaum glauben, dass die Vertreter beider Institutionen im selben Land leben.

So geht der Regierungsentwurf zur Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs davon aus, dass „bis zum Jahr 2008 eine mehr als befriedigende finanzielle Situation der kommunalen Haushalte" bestand und die Kommunen einschließlich des Krisenjahres 2009 jährliche Überschüsse in Millionenhöhe (2009: 100 Mio €) erwirtschafteten. Die hierdurch geschaffenen Finanzpolster reichten angeblich aus die aktuellen Finanzprobleme erheblich abzumildern, so dass die Landesregierung und ihr Gutachter Dr. Vesper keinen Anlass für eine Nachsteuerung sehen.

Ganz anders der Städte und Gemeindebund, der eine solche Einschätzung kaum zu glauben vermag und nun bitter enttäuscht ist, dass die rot-rote Koalition der in sie gesetzten Hoffnungen zur Neuausgestaltung des Finanzausgleichs nicht entspricht. So regelt der Koalitionsvertrag, dass „der Finanzausgleich ab 2010 weiterhin eine aufgabengerechte Finanzausstattung gewährleisten und den unterschiedlichen Entwicklungen im Lande Rechnung tragen soll". Besonders schmerzt den Städte und Gemeindebund, dass die Regierung den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen sanieren will und ignoriere, dass die Einnahmeausfälle in Folge der Wirtschaftskrise erst 2011 richtig zu spüren sein werden.

Versuchen wir uns dem Problem zu nähern:

Unbestritten sollte sein, dass es im Gefolge der Wirtschaftskrise des Jahres 2009 zu Einbrüchen in der Verbundmasse von rund 192 Mio € gekommen ist und dieser Betrag sich 2011 noch auf 211 Mio € erhöhen wird. Damit ist die Nettoverbundmasse, also das an die Kommunen zu verteilende Steueraufkommen und der kommunale Anteil an SoBeZ wieder auf den Stand des Jahres 2005 zurückgefallen. Gleichzeitig sind aber die Sozialausgaben der Kommunen in diesem Zeitraum gravierend angestiegen, alleine für Sozial- und Jugendhilfe um rund 50 Mio €. Nicht gegenfinanzierte Änderungen im Personalschlüssel in den KiTas führen zu Mehrausgaben von 15 Mio € etc.

Die vom Land errechneten Überschüsse aus dem Jahr 2009 in Höhe von 100 Mio € sind damit bereits aufgebraucht. Aber diese Überschussrechnung ist sowieso eine Milchmädchenrechnung, da sie die unterschiedliche Entwicklung der Gemeinden nicht berücksichtigt. Inzwischen unterliegen über die Hälfte der Brandenburger Kommunen Maßnahmen der Haushaltssicherung. Denen hilft es wenig, wenn man ihnen mit Verweis auf Gemeinden mit Haushaltsüberschüssen den Finanzausgleich kappt.

Konsequenterweise fordert daher der StGB, dass der ab 2006 eingeführte Vorwegabzug in Höhe von 50 Mio € abgeschafft wird. Mit diesem Vorwegabzug sichert sich das Land einen ordentlichen Batzen Geld aus den Gemeindesteuern aus dem einzigen Grund, dass es Geld benötigt. Finanzpolitisch korrekt wurde das damals „Konsolidierungsbeitrag" genannt. In der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf heißt es: „Zu dieser Minderung hatte man sich entschlossen, weil man mit einer sehr guten Entwicklung der Gemeindesteuern rechnete; diese Erwartung habe sich 2007 und mehr noch 2008 bestätigt."

Sehr richtig: 2007 und 2008. In diesen Jahren hat auch der Landeshaushalt Überschüsse in dreistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet, war also auf diesen Konsolidierungsbeitrag überhaupt nicht angewiesen. Korrekt wäre es nun im nächsten Dreijahreszeitraum auf diesen Vorwegabzug zu Gunsten der notleidenden Gemeinden zu verzichten. Aber Sie ahnen es schon: Kein Gedanke daran.

Auch die Quotenveränderung des Jahres 2005 zeigt die Landesstrategie, auf Kosten der Kommunen zusätzliche Einnahmen zu generieren. Die Beteiligung der Kommunen an den Sonderbedarfsergänzungszuweisungen in Höhe von 40% wurde mit der Absenkung der Steuerverbundquote von 25,3 % auf 20% gegen finanziert.

Dumm für die Kommunen ist: Die Sonderbedarfsergänzungszuweisungen laufen degressiv bis zum Jahr 2020 aus. Der Fehlbetrag für die Kommunen aus der Quotenveränderung im Jahr 2005 erreicht in diesem Jahr schon 38 Millionen Euro. Gleichzeitig erhofft sich Minister Markov bis 2020 Einnahmesteigerungen des Landes durch Steuern um über 2,5 Milliarden Euro.

Punkt, Satz und Sieg für den Landeshaushalt.

Wäre zu hoffen gewesen, dass das Land den Wünschen der Kommunen nach einem Demografiefaktor im Finanzausgleich entgegenkommt. Demografiefaktor bedeutet, dass diejenigen Gemeinden, die von Einwohnerrückgang und Wanderungsbewegungen besonders betroffen sind, besonders berücksichtigt werden. Die Steuerkraftmesszahl der Kommunen im Engeren Verflechtungsraum, also im Speckgürtel, ist inzwischen um ein Viertel höher als der berlinfernen Gemeinden. Handeln ist also gefordert und wann wäre die Gelegenheit günstiger als jetzt, wo selbst der StGB mit dem Verweis auf den Solidargedanken unter den Kommunen einen demografischen Faktor fordert.

Aber wiederum: Fehlanzeige. Begründung: Man traut sich nicht den Status Quo in Frage zu stellen(„wörtlich: so dass sich hier die Frage der politischen Umsetzbarkeit stellt"), weil logisch: wenn die einen mehr erhalten, müssen die anderen draufzahlen. Statt den Städte- und Gemeindebund hier beim Wort zu nehmen, macht man nur wieder einen halben Schritt. Nämlich Einführung einer Finanzausgleichsumlage, die von den Überschussgemeinden (sogenannte abundante Gemeinden) aufgebracht werden soll. So werden immerhin 15 – 25 Mio. € zusätzlich in die Verbundmasse aufgenommen.

Ich denke zumindest über diesedrei Punkte: Wegfall des Vorwegabzugs, Quotenveränderung und Einführung eines demografischen Faktors sollten wir in den Ausschussberatungen fundiert diskutieren.

Bei soviel Landtagsabgeordneten, die zugleich Mandate in Kommunalparlamenten innehaben, sollten hier noch Änderungen möglich sein.

Noch nicht erwähnt habe ich die Punkte: Zeitlich begrenzte Wiedereinführung des Schuldenmanagementfonds Wasser und die Anhebung des Hauptansatzes für die Kreisfreien Städte. Hierzu werden wir in den Ausschüssen ausführlicher vortragen.

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