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Axel Vogel spricht zum Landestourismuskonzept Brandenburg 2011-2015

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

bevor ich in die Tiefen der Tourismuskonzeption eindringe, möchte ich erst einmal den Status quo Brandenburgs einordnen. Welche Relevanz besitzt der Brandenburger Tourismus im Bundesvergleich?

Das Kapitel 1 der Tourismuskonzeption „Entwicklung und Bedeutung des Tourismus in Brandenburg" stellt fest, dass sich der Tourismus in Brandenburg dynamisch entwickelt. Das zeichnet doch ein positives Bild für das „junge Reiseland Brandenburg", relativiert sich jedoch schnell, wenn diesem Bild ein paar Daten des Statistischen Bundesamtes gegenüber gestellt werden.

Laut der Publikation „Tourismus in Zahlen" von 2010

  • liegt der Anteil Brandenburgs an den gesamten Übernachtungen in der Bundesrepublik bei 2,8 Prozent, das ist Platz 11
  • bei der Tourismusintensität belegt Brandenburg Platz 10
  • in den letzten vier Jahren sind die Übernachtungen um 0,35 Prozent schneller gewachsen als im Bundesdurchschnitt. Das ist aber bei einem so niedrigen Ausgangswert kein echtes Anzeichen für einen beginnenden Aufholprozess.

Das Ergebnis ist klar: Bisher spielt Brandenburg im bundesdeutschen Tourismus nur eine geringe Rolle. Das spiegelt auch die Analyse der Bekanntheits- und Sympathiewerte der touristischen Regionen Brandenburgs wider. Potsdam, der Spreewald und Tropical Island als die Orte mit aktuell überdurchschnittlicher touristischer Anziehungskraft repräsentieren nur einen kleinen Ausschnitt von der Vielfalt der touristischen Angebote und natürlichen Standortvorteile Brandenburgs.

Der Schlussfolgerung, den meisten Regionen in Brandenburg deshalb mangelnde überregionale Anziehungspotentiale zu attestieren, möchte ich aber entschieden widersprechen. Richtig ist: das Urlaubsland Brandenburg ist zu großen Teilen schlichtweg unbekannt. Rügen, Usedom und Fehmarn kennt jedes Kind - Elbe-Elster oder das Barnimer Land kaum ein Mensch – was nicht heißt, dass die Wanderwege des Fläming oder die Seengebiete um Fürstenberg/Havel nicht bekannt werden können.

Aus meiner Sicht bewertet die Tourismuskonzeption richtig, dass „Brandenburgs Attraktivität für Touristen und Erholungssuchende beruht wesentlich auf seiner außergewöhnlichen Naturausstattung und seiner hohen Umweltqualität." Im Zusammenhang mit dem Portfolio an Marktattraktivität und Geschäftsfeldstärke werden die zukünftigen Themengebiete nachvollziehbar herausgearbeitet. Boots-, Rad-, Natur- und Kulturtourismus sollen die zentralen Produktlinien sein. Das ist nachvollziehbar.

Lassen Sie mich ein besonders Augenmerk auf den Tourismus im ländlichen Raum legen, der zwar im Analyseteil der Langfassung mit der Thematik „Reit- und Landurlaub" aufgeführt ist, aber sich dann weder im Maßnahmenteil noch in der Kurzfassung an relevanter Stelle wiederfindet. Und dies obwohl im Land Brandenburg mit pro agro ein eigenständiger Vermarkter für Landtourismus und Reiten existiert, der zudem jährlich neu die Broschüren "Pferdeland Brandenburg" und "Urlaub und Freizeit auf dem Lande" herausgibt, spielt dieses Segment in der Tourismusstrategie der Landesregierung keine eigenständige Rolle. Man belässt es bei der Deklaration, dass der Tourismus im ländlichen Raum als "prägendes Querschnittthema" von hoher Bedeutung" ist.

Besonders der Reittourismus, für den das Land Brandenburg insbesondere in den Randregionen nach der Freigabe der Forstwege für das Reiten bundesweit optimale Voraussetzungen bietet, ist unterrepräsentiert. Dabei sind Pferdehöfe besonders beschäftigungsintensiv. Faustformel: auf vier Pferde kommt ein Arbeitsplatz.

Vielleicht ist diese Ignoranz gegenüber dem Reittourismus der auf zwei Ministerien - Wirtschaftsministerium und Infrastrukturministerium - verteilten Zuständigkeit für Tourismus allgemein und Tourismus im ländlichen Raum im Speziellen geschuldet. Angesichts knapper werdender Haushaltsmittel ist diese Konkurrenz nicht mehr vermittelbar. Ziffer 83 sieht jetzt die Klarstellung der Aufgabenteilung zwischen der Tourismus Marketing Brandenburg und pro agro vor. Nach zehn Jahren Parallelstrukturen kann ich nur sagen: Zeit wird's.

Ein in der Strategie besonders herausgestelltes Segment ist der Naturtourismus, ohne dass die besondere Bedeutung der Naturparks, zu deren Gesetzesauftrag die naturnahe Erholung zählt, besonders gewürdigt werden. Immerhin werden die "Nationalen Naturlandschaften" worunter sich wohl die Großschutzgebietsverwaltungen und die Stiftung Naturschutzfonds verbergen, als wichtige Akteure benannt. Angesichts der immer härter wirkenden Sparauflagen für das MUGV und der Ausblutung vieler Großschutzgebietsverwaltungen ist die Personalabbaustrategie zu prüfen. Immer mehr Aufgaben bei immer weniger Personal, diese Rechnung kann am Ende nicht aufgehen.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen:

Der Tourismus in Brandenburg ist ein Wachstumsmarkt. Die Tourismusbranche hat sich in der Brandenburger Wirtschaft etabliert. Die natürlichen Standortvorteile Brandenburgs besitzen die Potenziale, Brandenburg einen deutlich größeren Anteil am wachsenden bundesdeutschen Tourismusaufkommen zu sichern.

Ob Konferenz- oder Naturtourismus, Kultur- oder Wellnessangebote, Urlaub auf dem Bauernhof oder in der Landpension - die Entwicklung des Tourismus in Brandenburg steckt noch in Kinderschuhen. Brandenburg ist ein junges Reiseland mit großen Potenzialen für die Zukunft. Die Tourismuskonzeption 2011-2015 setzt viele richtige Schwerpunkte, aber bis Brandenburg mit Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern in einer Liga spielt, ist noch ein weiter Weg zurück zu legen.

Vielen Dank!