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Axel Vogel spricht zum Bericht der Landesregierung: Leitbild und Aktionsplan "ProIndustrie" Brandenburg

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Prägend für die Industriepolitik in Brandenburg war der Transformations- und Aufbauprozess der letzten zwanzig Jahre. Milliarden aus EU-Mitteln und Bundeszuweisungen aus dem Solidarpakt flossen lange Zeit in den Ausbau der Infrastruktur, hier vornehmlich in Gebäude und Verkehrswege sowie in direkte Finanzhilfen für private Unternehmen. Eine solche staatliche Ansiedlungs- und Bestandssicherungs-subventionierung privater Unternehmen ist Wirtschaftspolitik von gestern. Mit der von Bündnis 90/Die Grünen immer wieder geforderten Bildung von branchenspezifischen Clustern hat die Landesregierung schon begonnen, sich von dieser falschen Weichenstellung zu befreien. Der jetzt vorgelegte Bericht zum Leitbild und Aktionsplan „ProIndustrie“ Brandenburg zeigt jedoch, wie tief die alten Denkmuster immer noch sitzen. Der Plan ist ungeeignet, die in ihm genannten Ziele zu erreichen.
Wir sehen für die Brandenburger Industriepolitik genau wie die Landesregierung in Zukunft fünf wirtschaftspolitische Hauptziele:

1. Wettbewerbsfähigkeit
2. Nachhaltigkeit und Ökologie
3. Wachstum und Beschäftigung, hier vor allem ein Qualitatives Wachstum
4. Innovation
5. Infrastruktur, hier vor Allem im Bereich der weichen Standortfaktoren
Internationale Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen erreicht man mit gut ausgebildeten und erfahrenem Führungs- und hochqualifiziertem Fachpersonal. Nachhaltigkeit und Ökologie ist der Megatrend unserer Zeit, gefragt sind Innovationen nicht nur technologischer sondern auch sozialer Art. Mehr Wachstum und Beschäftigung wird durch entsprechend günstige Rahmenbedingungen erreicht. Hier sehen wir vor Allem Handlungsbedarf bei der Verfügbarkeit von gut ausgebildetem Personal und den sanften Standortfaktoren. Innovationen werden von Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Land initiiert und müssen mit Hilfe professioneller Strukturen an die Märkte gebracht werden. Der in den letzten 20 Jahren erfolgte Ausbau Infrastruktur der Verkehrswege und Gewerbegebiete ist weitgehend abgeschlossen, Handlungsbedarf sehen Bündnis 90/Die Grünen aber bei den soziale Einrichtungen, die Betreuungs- und Versorgungsdienste anbieten sowie Einrichtungen der institutionellen Infrastruktur. Hierzu zählen Bildungsträger, Fachhochschulen und Universitäten, die neben der Ausbildung von qualifiziertem Personal auch frisches Know-how liefern, das Unternehmen in Form von FuE-Kooperationen zur Entwicklung von neuen Produkten und der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zur Verfügung gestellt wird.

Eine erfolgreiche industriepolitische Strategie müsste also vor Allem die Bereiche Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften, Forschung und Entwicklung sowie Serviceangebote rund um den Technologietransfer zum Inhalt haben.

Schaut man sich jetzt aber die von der Landesregierung vorgelegten Handlungsfelder und Leitprojekte an, stellt man fest, dass es in eine ganz andere Richtung geht:
Aus den 5 Hauptzielen werden Handlungsfelder und daraus die abgeleiteten Leitprojekte: „Aktive Flächen und Ansiedlungspolitik/LPT“, „Brandenburgspezifische Industriecluster“, „Internationalisierung von Clustern“, „Fachkräfte bilden, halten, gewinnen“ und „Imagekampagne ProIndustrie“. Nachhaltigkeit und Ökologie fehlen weitgehend, professionelle Transferstrukturen sollen angeblich schon existieren und die Notwendigkeit einer Ausbildungsoffensive sieht die Landesregierung lediglich für Fachkräfte, dabei steht und fällt der unternehmerische Erfolg mit der Qualität des Führungspersonals.
Die hier von der Landesregierung vorgelegte industriepolitische Strategie setzt in weiten Teilen auf bereits vorhandene Aktivitäten und Strukturen, verliert sich im klein klein der alltäglichen Wirtschaftsförderung und wird vor Allem den Herausforderungen aber auch den Chancen, die Brandenburg im internationalen Vergleich hat, nicht gerecht. Beim Thema Infrastruktur wird wie in alten Tagen immer noch vornehmlich Hardware, also Gebäude, Verkehr und Energie, gemeint. Die an sich völlig richtige Idee Brandenburgspezifische Industriecluster zu bilden wird nicht zu Ende gedacht. Es reicht nicht in der ZAB einen entsprechenden „Clustermanager“ zu installieren und ansonsten auf die noch ausstehende Weiterentwicklung des Transfersystems zu verweisen.

Bündnis 90/Die Grünen fordern die Regierung auf, hier deutlich nachzubessern. Nachhaltigkeit und Ökologie haben weltweit Konjunktur und müssen zentrale Themen einer zukunftsfähigen Industriepolitik in Brandenburg werden. Hochschulen müssen ihre zentrale Rolle im Innovationssystem auch ausspielen können, dazu benötigen sie ausreichende finanziellen Mittel und die notwendigen Freiheiten stärker unternehmerisch handeln zu können. Die Aus- und Weiterbildung von Führungspersonal ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt um in Brandenburger Unternehmen, innovative und nachhaltige Produkte und Dienstleistungen für den Weltmarkt herstellen zu können.