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Axel Vogel spricht zum Antrag "Netzausbau notwendig - verstärkt Möglichkeiten für Erdverkabelung schaffen"

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Anrede,

Gegenwärtig sind in Brandenburg mehr als 360 km neuer Leitungen im Hoch- und Höchstspannungsnetz des Landes geplant; die Bürgerinitiativen rechnen mit rund 1000 km neuer Leitungen allein im 110kV-Hochspannungsnetz.

1000 km neuer Freileitungen, das würde allein im 110kV- Hochspannungsnetz bedeuten, mehr als 3.300 neue Leitungsmasten in die Landschaft zu pflanzen, was wiederum einen vieltausendfachen Eingriff in das Landschaftsbild mit sich bringen würde.

Ich möchte hinzufügen, dass diese Eingriffe in häufig hochwertige Landschaftsbilder, deren Qualität an den Kriterien Eigenart, Vielfalt und Schönheit der Landschaft gemessen wird, geschehen. Qualitätskriterien, die insbesondere den Erholungswert und Wohnwert einer Landschaft ausmachen. Unnötige Eingriffe in diese Landschaftsräume gefährden das touristische Entwicklungspotential und beeinträchtigen zugleich die Qualität der betroffenen Landschaften als Siedlungsräume. Wertverluste von Grundstücken, Einbußen im Tourismussektor sind die Folge.

Besonders eklatant sind diese Folgen bei den 380kV-Leitungen. Bei der geplanten Höchstspannungsleitung Bertikow-Neuenhagen sollen das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, die Stadt Eberswalde und der Naturpark Barnim von durchschnittlich fast 50m hohen Masten durchschnitten werden. In Einzelfällen beträgt die Masthöhe bis zu 77,7 Meter! Damit wird die besonders hochwertige Landschaft des UNESCO-Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin in einem 4 km breiten Korridor in Mitleidenschaft gezogen; 8 Prozent des gesamten Biosphärenreservates, das die Größe des Bundeslandes Berlin hat, werden negativ berührt. Dass ein solches Vorhaben nicht landschaftsangemessen im Sinne des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16.10.2002 ist, dürfte sich jedem sofort erschließen.

Es handelt sich um Eingriffe, die - wie wir wissen - nicht sein müssen. Bereits heute ist die Erdverkabelung von 110 kV-Leitungen Stand der Technik, bei 380 kV-Leitungen sind wir auf dem Weg dahin. Die vom Wirtschaftsminister bislang allein unter Kostengesichtspunkten geführte Diskussion muss deshalb unseres Erachtens dringend um eine ganzheitliche wirtschaftlichen Betrachtung erweitert werden.

Als Bündnisgrüne stehen wir für den erforderlichen Netzausbau in Brandenburg ein, wir stehen aber genauso auf Seiten der Bürgerinitiativen, die sich gegen deren Ausgestaltung als Freileitungen wehren. Dieser unsinnige Konflikt muss gelöst werden, aber der hierzu vorliegende Antrag von rot-rot ist hierzu nur bedingt geeignet.

Im Ergebnis der Anhörung zum grün-gelben Erdkabelgesetz ist es richtig, den Versuch zu unternehmen, die Erdverkabelung der 380 kV-Trassen im Bundesrecht zu verankern. Hier war Brandenburg bei der Verabschiedung des ENLAG zu spät aufgewacht, aber es gibt regelmäßig Revisionsmöglichkeiten. Es wäre auch richtig zu fordern, dass alle Kosten und nicht nur die Mehrkosten für die 380-kV-Leitungen bundesweit umgelegt werden müssen.

Ziemlich schief gewickelt sind Sie aber bei ihren Vorschlägen zu den 110 kV-Leitungen. Hier ist unseres Erachtens eine Abschiebung auf den Bund nicht erforderlich. Fast alle Rechtsgelehrten haben bei der Anhörung Spielräume für einschlägige Landesregelungen gesehen und sich positiv dazu verhalten.

Im Gegensatz zu Ihrem Antrag geht es auch nicht darum"Hindernisse abzubauen und Kriterien für die Ermöglichung der 110kV-Erdkabel zu formulieren." Damit würde es weiter den Netzbetreibern überlassen zu entscheiden, ob und wo sie „erdverkabeln" wollen.

Wir wollen den Netzbetreibern die Erdverkabelung im Hochspannungsnetz generell vorschreiben. Erdverkabelung von 110 kV-Leitungen ist nicht nur Stand der Technik, diese sind auch in die leichten Böden Brandenburgs relativ einfach ohne aufwendige Schachtungsarbeiten einzubringen.

Die Forderung, Mehrkosten bei 110kV-Leitungen bundesweit umzulegen, ist vermutlich sogar kontraproduktiv, da demnächst viel größere Flächenländer ihr 110 KV-Netz ausbauen werden: NRW will seine Windenergieleistung jetzt kurzfristig verfünffachen, bei BaWü steht ähnliches zu erwarten. Dort sind die Leitungen vermutlich länger und die Mehrkosten entsprechend höher als bei uns, so dass im Ergebnis von Rechnung und Gegenrechnung Brandenburg am Ende mehr bezahlen muss, als wenn es bei einer Verteilung der Kosten im Gebiet des Netzbetreibers bleibt. Hier droht ein bürokratisches Verrechnungsmonster eingefordert zu werden, dass außer ein paar Stellen in der Buchhaltung nichts bringt.

Unsere Forderung ist klar: die 110 kV-Erdverkabelung nicht auf die lange Bank schieben und hierfür eine landesrechtliche Regelung schaffen. Bei 380kV-Netz unterstützen wir die Forderung, an den Bund herantreten, deshalb werden wir uns der Stimme enthalten!