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Axel Vogel spricht zum Antrag "Branchenkompetenzfelder Papier und Holz weiter aktiv unterstützen"

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Sehr geehrter Herr Präsident, Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich bezweifle, dass die FDP die wesentlichen Inhalte der gemeinsamen Innovationsstrategie Berlin und Brandenburg verstanden hat. Die zwei zentralen Schlüsselelemente sind:

  • Berlin und Brandenburg werden als gemeinsamer Wirtschaftsraum betrachtet.
  • Die strikte Aufteilung der Branchen in Kompetenzfelder wird durch eine Branchenübergreifende Clusterstruktur ersetzt.

Der Kernfehler dieses Antrags ist aus den zweiten Teil des Titels abzulesen. Die Integration eines Holz- und Papierclusters in die gemeinsame Innovationsstrategie wird in Berlin auf keine Zustimmung stoßen. Was soll denn Berlin einbringen?

Ich habe hier zwei Grafiken der ZAB zur Holz- und Papierbranche mitgebracht. Nach deren Abbildung existieren in Berlin keine Sägewerke, keine Holzwerkstoffindustrie, kein Holzbau und keine Möbelindustrie. Beim Papiergewerbe ist ein ganz ähnliches Bild zu erkennen. Sollte dies jemanden überraschen, noch einmal zur Erinnerung: Holz-Possling hat zwar Holz im Namen gehört aber nicht zur Holzverarbeitenden Industrie.

Schon die bisherige Aufspaltung in fünf gemeinsame Cluster von Berlin und Brandenburg und 4 Brandenburg-spezifische Cluster gibt doch einen Hinweis, dass die Grundvoraussetzung für eine gemeinsame Clusterstrategie das Interesse beider Länder an dem Wirtschaftsbereich ist.

Schauen Sie sich doch einmal die zwei bislang nur Brandenburger Cluster Ernährungswirtschaft und Tourismus an.

Das Berliner Ernährungsgewerbe schlug 2008 laut Statistischen Landesamt mit einem Umsatz von 6,2 Milliarden Euro doppelt so viel um wie das Ernährungsgewerbe in Brandenburg, immerhin größte Industriebranche in unserem Land. Trotzdem ist das Interesse Berlins an einem gemeinsamen Cluster nicht vorhanden.

Auch das eigenständige Brandenburger Cluster Tourismus verdeutlicht die hohen Hürden einer gemeinsamen Clusterstrategie. Weder der hohe Besucheraustausch, noch die viel versprechenden Netzwerke oder die starke Marktnachfrage im Tourismussegment führten bisher zu einer gemeinsamen Clusterstrategie.

Im Sinne „Schuster bleib bei deinen Leisten" ist also wenn überhaupt die Einführung eines Brandenburg-spezifischen Cluster Holz- und Papier zu diskutieren. Aber auch hier sehen wir keine Ansatzpunkte.

Der im Antrag erwähnten Evaluationsbericht stellt fest:

  • Die Branchenkompetenzfelder Holz und Papier haben zusammen einen Anteil von 1,48% an der Beschäftigung der gewerblichen Wirtschaft in Brandenburg. In der Holzbranche ist der Beschäftigungsanteil mit 5,6 % zwischen 2007 und 2009 sogar stärker als im Bundesdurchschnitt gesunken. Die Dynamik der Beschäftigungsentwicklung in der Papierbranche war der niedrigen Ausgangsbasis geschuldet.
  • Die Schwächen des Branchenkompetenzfeld Holzverarbeitende Industrie sind der starke Wegzug von Fachkräften, der geringe Umfang an Innovationsaktivitäten, die fehlenden Vernetzungsaktivitäten und die Lücken in der Wertschöpfungskette.
  • Für das Branchenkompetenzfeld Papier wurde angemerkt, dass die Verfügbarkeit von Facharbeitern in Brandenburg schlecht ist, die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten durch den Werkbankcharakter der Brandenburger Niederlassung sehr schwach ausgeprägt ist und die Konkurrenzsituation in der Branche Vernetzung und gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten ausschließt.

Ich möchte noch einmal zusammenfassen. Beide Branchenkompetenzfelder erfüllen nicht die zentralen Voraussetzungen für ein Cluster.

Es kann doch nicht sein, dass die einzige nennenswerte gesamtdeutsche Vernetzung der Holzverarbeitende Industrie Preisabsprachen sind. Diese wurden vor zwei Wochen mit 32 Millionen Euro durch das Bundeskartellamt bestraft. Grundlage für ein Berlin Brandenburger Cluster ist das allerdings nicht.

Wir lehnen diesen Antrag ab.

Vielen Dank.