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Thomas von Gizycki spricht zum Nachtragshaushaltsgesetz 2020

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Mit dem nun schon zweiten Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2019/2020 unterstreicht die Koalition ihren Gestaltungsanspruch. Mit dem ersten Gesetz haben wir noch im vergangenen Jahr das Sondervermögen Zukunftsinvestitionsfonds geschaffen und mit Kapital ausgestattet. Nun geht es darum, im Haushalt für dieses Jahr erste politische Weichenstellungen vor zu nehmen.

Ein wichtiger Schwerpunkt ist die personelle Verstärkung der Landesbehörden. Fast 400 neue Stellen, die dringend gebraucht werden, wenn neue Akzente gesetzt und neue Ideen entwickelt und umgesetzt werden sollen. Langwierige Fördermittelbewilligungen, Probleme und sogar handfeste Skandale, die gescheiterte Kreisgebietsreform – das alles sind Anzeichen für eine personell eher schwach ausgestattete Verwaltung. Der Beamtenbund stellte schon 2018 in einer Stellungnahme zum Konzept zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes im Land Brandenburg lapidar fest, das Land verfüge nicht über ausreichend qualifiziertes Personal.

Dieses Attraktivierungskonzept aus dem Sommer 2018 zeigt den Handlungsbedarf auf: Bis 2030 werden 40 % der derzeit aktiven Beschäftigten der Landesverwaltung die gesetzliche Altersgrenze erreichen. In den kommenden fünf Jahren werden der gesamten Landesverwaltung mehr als 7.900 Beschäftigte verloren gehen. Die Vorgängerregierung hatte mit dem Doppelhaushalt 19/20 schon Personal vor Allem im Bereich von Polizei und Schulen deutlich verstärkt. Wir steuern jetzt noch einmal nach. Diesmal liegen die Schwerpunkte im Bereich Justiz und Finanzen. Darin enthalten sind auch fast 100 zusätzliche Anwärter- und Azubi-Stellen, die für die Nachwuchsgewinnung von Fachkräften in der Landesverwaltung notwendig sind. Personal einzustellen, ist wichtig und richtig. Wir wollen das aber auch verbinden mit einer klar und deutlich kommunizierten Aufgabenstellung. Zum Beispiel bei den geplanten Regionalkoordinatorinnen und -koordinatoren steht das noch aus. Hier wollen wir eine klare Zielrichtung und eine spür- und sichtbare Präsenz in den ländlichen Regionen.

Anrede

Soweit die guten Nachrichten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass bei angenommen leicht zurückgehenden Einnahmen die Ausgaben weiter steigen werden. Die Entnahme aus der allgemeinen Rücklage soll um weitere 264 Mio. EUR erhöht werden. Das Land plant dieses Jahr mit einem negativen Haushaltssaldo von 963 Millionen EUR. Bei aller Euphorie und Zuversicht in die Zukunft, die uns davon ausgehen lässt, dass dieses Defizit so vermutlich nicht eintreten wird, ist das ein Problem. Ich finde, es muss in diesem Jahr darum gehen, diese Entwicklung zu stoppen. Das Land muss sich auch von Aufgaben wieder trennen können. Aufgaben, die das Land übernimmt sollten ausfinanziert werden. Wenn das nicht möglich ist, müssen wir den Mut haben, das klar zu sagen. Aber es kann nicht nur darum gehen, Ausgaben zu kürzen. Damit würde man dem Land die Zukunftsfähigkeit nehmen. Man spart sich sozusagen zu Grunde. Es muss daher auch darum gehen, die Einnahmen zu steigern. An der Steuerschraube drehen können und wollen wir aber natürlich nicht.

Fragt man dazu die Wissenschaft, bekommt man Sätze zu hören wie „Bei gegebener Bevölkerung kann allein ein stärkeres Produktivitätswachstum den das Wirtschaftswachstum erhöhen.“ Oder „aufgrund des demografischen Wandels müssen künftig weniger Erwerbstätige durchschnittlich immer mehr erwirtschaften, die Produktivität muss entsprechend steigen.“ Folgt man diesen Ratschlägen, was ich empfehle, wären Demografie und Wachstumsschwäche DIE zentralen Stellschrauben, um die Einnahmesituation des Landes zu verbessern. Die IHK-Potsdam hat in ihrer jüngsten Befragung festgestellt, dass die Befürchtungen einer gesamtwirtschaftlichen Rezession in der derzeitigen Konjunkturphase keinesfalls beseitigt seien. Umso mehr müssten jetzt die wirtschaftspolitischen Hausaufgaben beherzt angegangen werden. Sie empfiehlt der Landesregierung nachhaltige Wachstumsimpulse zu setzen. Genau das haben wir vor. Erste Akzente setzen wir jetzt mit diesem Nachtragshaushalt.

Bei nachhaltigem Wirtschaftswachstum muss es uns vornehmlich darum gehen, qualitativ und nicht quantitativ zu wachsen. Mehr Klasse statt mehr Masse! Diesem Zweck dient unter anderem der Zunkunftsinvestitionsfonds. Investitionen in die Ansiedlung von Zukunftsindustrien, den Ausbau von Schienenstrecken und Entwicklungsprojekte in ländlichen Regionen zum Beispiel. Wachstumsmotor sind aber auch Wissenschaft und Forschung oder die Strukturentwicklung in der Lausitz. An der genauen Projektauswahl werden wir im parlamentarischen Verfahren noch zu arbeiten haben. Das hatten wir ja bei der Bildung dieses Sondervermögens auch versprochen.

Der in einigen Landesteilen negativen demografischen Entwicklung, eine immer älter werdende Gesellschaft also, wollen wir durch den Stopp von Abwanderung und mehr Zuzug entgegentreten. Sei es durch den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, des schnellen Internets, dem Bau bezahlbarer Wohnungen aber auch durch spezielles Anwerben von Fachkräften.

Das Land könnte damit zukünftig noch besser von der wirtschaftlichen Dynamik in der Bundeshauptstadt profitieren. Das Bruttoinlandsprodukt Berlins zog in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres um 1,9 Prozent an - während in weiten Teilen Deutschlands, aus Brandenburgs, Flaute herrschte. Berlin wuchs damit fast fünfmal so stark, wie die deutsche Wirtschaft insgesamt. Diese Dynamik wollen wir nach Brandenburg holen. Brandenburg hat nicht nur die Flächen, Brandenburg könnte auch die Lebensqualität bieten, die Menschen nicht nur aus Berlin, sondern aus vielen Ländern der Welt locken. Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Ende letzter Woche zeigte: Die meisten Personen verlassen Berlin in Richtung Brandenburg – und nicht umgekehrt. Diese Dynamik und den Umbruch in vielen Bereichen der Wirtschaft können und wollen wir jetzt besser nutzen.

Die Projektliste des Zukunftsinvestitionsfonds wird, wie von uns angekündigt, im parlamentarischen Verfahren diskutiert und überarbeitet. Wir wollen außerdem ein Konzeptpapier erstellen um die Projektauswahl kommender Haushalte transparent und nachvollziehbar zu machen. Der Prozess zur Auswahl der landesstrategisch bedeutsamen Projekte die mit diesem Sondervermögen finanziert werden, muss für alle nachvollziehbar sein. Dabei geht es um nachhaltige Industrieansiedlungen, den Ausbau von Verkehrswegen, die Regionalentwicklung, die Gesundheitsversorgung sowie Wissenschaft und Forschung. Auch die Kommunen dürfen nicht außer Acht gelassen werden und sollen natürlich von diesen Zukunftsinvestitionen profitieren. Wichtig bleiben für uns die 5 Kernbereiche zu dem natürlich auch der Klimaschutz gehört. Wollen wir unser Land zukunftsfähig machen, muss vor allem auch in diesen Bereich investiert werden.

Anrede

Wir erhöhen mit diesem Nachtrag auch den Landeszuschuss für Krankenhausinvestitionen um 10 Millionen EUR. Damit können jährlich 110 Mio. Euro investiert werden. Geld, das vielen Menschen in Notsituationen zu Gute kommt und die Krankenhausstruktur insgesamt sichert. Andere Projekte des Koalitionsvertrages im Gesundheitsressort konnten im Nachtragshaushalt noch nicht abgebildet werden, sollten aber in 2021 realisiert werden. Ganz wichtig ist uns hier die Ausfinanzierung des Paktes für Pflege in Höhe von jährlich 30 Mio. Euro. Wie dringend der Bedarf an dieser Stelle ist, zeigt das jetzt veröffentlichte und im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums erstellte Gutachten zur Arbeitsbelastung des Pflegepersonals. Demnach müsste eigentlich die Zahl der Pflegekräfte um 36 Prozent erhöht werden.

Handlungsbedarf besteht außerdem bei der Instandhaltung bestehender Straßen und Brücken. Dass die letzte Landesregierung die Straßenbaubeiträge abgeschafft hat, rächt sich nun bitter. Das Geld fehlt nun.

Anrede

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal auf das zentrale Problem eines jeden öffentlichen Haushaltes zurückkommen. Die Wünsche sind immer größer als die Möglichkeiten. Das wird bei diesem ersten Haushalt der rot-schwarz-grünen Koalition auch sehr deutlich. Anspruch und Realität sollten zukünftig eigentlich besser aufeinander abgestimmt werden. Einerseits. Andererseits kann man mit einem solchen Haushaltsplan aber auch einfach Möglichkeiten schaffen. Möglichkeiten, die genutzt werden können oder aber auch nicht. Es sind ja Ausgabeermächtigungen, die das Parlament mit diesem Plan schafft, keine Ausgabeverpflichtungen. Dafür spricht in diesen Zeiten einiges. Unvorhergesehenes ist ja inzwischen fast schon an der Tagesordnung. Da gilt es schnell und unbürokratisch handeln zu können. Manche Projekte entwickeln sich erst nach und nach, neue Möglichkeiten bieten sich. Fließen die Mittel in einem Bereich nicht ab, sollten sie anderswo eingesetzt werden können. Wichtig ist dann aber natürlich Transparenz und Nachvollziehbarkeit der jeweiligen Entscheidung. Die Kontrolle durch das Parlament wird dann natürlich auch wichtiger. Wir werden versuchen unseren Teil dieser Transparenz zu leisten. Ich zähle da aber auch auf die aufgeweckten und munteren Fragen der Opposition. In diesem Sinne freue ich mich auf die Debatte zu diesem Haushaltsentwurf.