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Carla Kniestedt spricht zum Antrag „Ausweitung des Brandenburgischen Landärzt*innenprogramms“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich könnte jetzt anfangen wie beim letzten Mal und sagen: Liebe ermattete Kolleginnen und Kollegen! - Wir sind zwei Stunden im Verzug, was damit zu tun hat, dass wir über vieles doppelt und dreifach
geredet haben. Ich bin erschüttert, ich bin wirklich hart getroffen, und das kann ich Ihnen erklären.

Erstens: Wir alle mussten uns heute das unsägliche Geschwurbel der AfD im Zusammenhang mit dem
8. Mai als Tag der Befreiung anhören. Das war schon hart.

Zweitens ging es mit einem genauso unverantwortlichen Geschwurbel in Sachen Corona-Lockerungen weiter. Da war das Fass bei mir schon längst übergelaufen.

Drittens hatten wir kürzlich das Thema Approbation junger Deutscher, die in Polen Medizin studiert haben. Dieser Antrag der AfD war - ich erinnere daran - komplett sinnfrei; Sie hatten schlicht die Lösung des Problems verpennt.

Viertens geht es heute um das Landärzteprogramm. Und jetzt kommt’s: Sie haben Änderungsanträge vorgelegt. - Ich will ich Ihnen mal was sagen: Als ich den Anfang der Überschrift las, dachte ich, es gebe Hoffnung. Da steht nämlich: „Programmausweitung intelligent durchführen“. - Super! Großartig! Aber dann
wurde es schlimm: „Ausdehnung vorerst auf deutsche Staatsbürger“.

Und dann in Punkt 1: „Es ist zu prüfen, inwieweit das Landärzteprogramm auch für deutsche Studenten der Humanmedizin in EU-Ländern ausgeweitet werden kann.“ An der Stelle bin ich dann ausgestiegen, und zwar nicht, weil ich es nicht verstanden hätte, sondern weil ich verstanden habe, dass Sie das ganze
Programm nicht verstanden haben! Deshalb versuche ich mich jetzt in einer Erklärung, die vielleicht die Begründung für den Antrag ist.

„Die Menschen wollen mehr Arzt und nicht mehr Medizin.“ Das hat Ellis Huber einmal gesagt - der durchaus umstrittene und streitbare Mediziner. Mit diesem Satz hat er aber, finde ich, recht. Es geht um Zuwendung, ums Zuhören, ums Versorgtsein in großer Not und bei kleineren Wehwehchen. Das ist überall eine der wichtigen Aufgaben eines Arztes, besonders aber in den ländlichen Gegenden Brandenburgs.

Die Ärzte, die dort seit vielen Jahren als Hausärzte arbeiten und mancherorts quasi zur Familie gehören, gehen nach und nach in Rente. Dass Nachwuchs fehlt, ist schon lange bekannt. Wie aber bekommt man junge Leute dazu, ihre Zukunft nicht nur in der hippen Großstadt an einem Uniklinikum oder in einer gut laufenden Praxis zu sehen, vorzugsweise mit Privatpatienten, sondern auf dem flachen Land?

Brandenburg sucht nach Wegen. Einer heißt „Landarztprogramm“, und das wurde im Wintersemester 2019/20 gestartet.

Kurz zusammengefasst: Über die KVen können sich Studierende um ein Stipendium bewerben, wenn sie sich im Gegenzug verpflichten, nach der Facharztausbildung für weitere fünf Jahre in Brandenburg zu bleiben. Dann bleiben sie möglicherweise ganz.

Das ist eine Chance für uns alle.

Es gibt natürlich Richtlinien für diese Förderung, in denen auch geregelt ist, wer antragsberechtigt ist. Und nun Obacht, Herrschaften, Obacht: Bisher sind es ausschließlich Studierende der Humanmedizin, die an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert sind, also deutsche Studierende und EU-Bürger. Alles
klar so weit? Mitgekommen? „Warum?“, fragte ich mich eines Tages besorgt. Inzwischen nutzen
viele junge Leute die Möglichkeit, ihr Studium an einer europäischen Universität zu absolvieren, zumindest einen Teil davon, was großartig ist - das ist Europa - und hoffentlich auch bald wieder möglich ist.

Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag, der - das sei zur Beruhigung der Haushälter in diesem Plenum ausdrücklich gesagt - nicht mehr Geld fordert, sondern den Kreis derer erweitert, die anspruchsberechtigt sind.

Jetzt erlaube ich mir noch einen kleinen Nachsatz, der nichts mit diesem Antrag zu tun hat. Wenn wir irgendwann ein ähnliches Programm für Hebammen hinbekämen, wäre das großartig! - Danke.

Sehen Sie hier die Rede: