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Ursula Nonnemacher spricht zum Bericht der beauftragten Person der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen gemäß §14 Absatz 6 des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes (BbgBGG) zur Umsetzung dieses Gesetzes

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Gleich am Anfang des Berichts weist die Beauftragte der Landesregierung auf ein großes Ärgernis hin: Die viel zu oft ignorierte Beteiligungspflicht der Beauftragten an Gesetzgebungsverfahren. Wie oft - vor allem wir Bündnisgrüne – im Sozialausschuss im Benennungsverfahren von Anzuhörenden nachgehakt haben, ob denn auch die - beziehungsweise zu Zeiten von Herrn Dusel der - Beauftragte auch gesetzt sei, und dem nicht so war, lässt sich beim besten Willen nicht mehr an einer Hand abzählen. Der viel beschworene Bewusstseinswandel hin zu einer inklusiven Gesellschaft, er ist längst nicht vollzogen. Politik für Menschen mit Behinderung wird zwar formal von der Landesregierung als wichtiges Querschnittsthema gewürdigt. Der Auftrag zu einer ernsthaften Umsetzung dieses Bewusstseinswandels darf jedoch nicht nur aus einem Ministerium erfolgen. Deswegen unterstützen wir die Forderung der Beauftragten nach einer Weiterentwicklung der Beteiligungsform, die verbindlicher und verlässlicher werden muss.

Die von ihr adressierten Beschwerden aufgrund von Diskriminierungserfahrungen, die behinderte Menschen im Land Brandenburg machen dokumentieren ebenso, dass ein Bewusstseinswechsel noch nicht stattgefunden hat. Geradezu schockierend sind in diesem Zusammenhang Vorfälle, bei denen Menschen mit Behinderung von behördlicher Seite mündlich mitgeteilt wird, ihr Antrag auf Leistung müsse gar nicht erst gestellt werden, da er ohnehin abgelehnt werden würde. Wir Bündnisgrüne haben uns in dieser Wahlperiode intensiv für ein Antidiskriminierungsgesetz eingesetzt. Der von uns eingebrachte Gesetzentwurf sollte gezielt Benachteiligungen und Diskriminierungen im öffentlichen Bereich unterbinden, beispielsweise in Behörden. Wenn Menschen mit Behinderung gesetzlich geregelte Nachteilsausgleiche verweigert werden, vergleicht die Beauftragte das völlig zu Recht mit einem Akt der Gnade. Das darf nicht sein. Die Landesregierung muss beim Thema Antidiskriminierungsgesetz endlich ihre Position überdenken! Unsere volle Unterstützung hat die Beauftragte bei ihrer Forderung nach einem Landesantidiskriminierungsgesetz jedenfalls!

Wie ein Bitten um Gnade mag es den Eltern auch erscheinen, die sich seit Jahren um die Nachmittagsbetreuung ihrer älter gewordenen Schulkinder mit Behinderung bemühen. Unterschiedlichste kommunale Entscheidungen - oder auch Verweigerungen - legen diesen Familien Steine in den Weg. Wir hoffen, dass sich in dieser Wahlperiode für sie doch noch eine Lösung ergibt, wir haben der Landesregierung gemeinsam mit der CDU-Fraktion einen Vorschlag dazu unterbreitet und wertschätzen in hohem Maße die Unterstützung durch die Beauftragte.

Gefreut haben wir uns über die Erwähnung der Einführung des inklusiven Wahlrechts im Bericht. Als die Landesregierung im Januar 2017 ihr Behindertenpolitisches Maßnahmenpaket 2.0 vorstellte, hatten wir Bündnisgrüne die fehlenden politischen Partizipationsmöglichkeiten behinderter Menschen moniert und mit einem Antrag ein inklusives Wahlrecht gefordert. Herr Dusel hat dies mindestens genauso vehement gefordert wie wir. Dass Brandenburg schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts tätig geworden ist und nun eins der ersten Bundesländer mit inklusivem Wahlrecht ist, ist ein großer Erfolg! Es verdeutlicht auch, wie wertvoll die Zusammenarbeit zwischen Gesetzgebung und den Beauftragten ist.

Dem Fazit des Berichts stimmen wir daher gerne und vollumfänglich zu: Die Beauftragte kann durch das Behindertengleichstellungsgesetz auf gleichwertige Lebensverhältnisse von Menschen mit und ohne Behinderung hinwirken. Wir nehmen aufgrund der vielen im Bericht genannten Defizite ihren Hinweis jedoch sehr ernst, dass die Inklusion im Land Brandenburg von einer Novellierung des Gesetzes deutlich profitieren könnte!