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Ursula Nonnemacher zum Antrag der AfD "Schnellere und effizientere Abschiebungen im land Brandenburg - jetzt!

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Die AfD möchte rigoros abschieben, wir Bündnisgrünen stehen Abschiebungen kritisch gegenüber. Da sich daran auch nach der heutigen Debatte nichts ändern wird, möchte ich Sie fragen: Glauben Sie etwa ernsthaft, auch nur eine der gesellschaftlichen Herausforderungen, die wir in Bezug auf Geflüchtete derzeit haben, ließe sich lösen, wenn man ihrem Antrag folgt?

Mit pauschaler Ablehnung von Geflüchteten und Einwanderern schaden wir uns selbst. Selbstverständlich müssen wir Menschen, die sicher kein Bleiberecht erhalten oder die sich sogar kriminell verhalten, zur Ausreise bewegen. Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür sind zur Genüge vorhanden und die Ausländerbehörden wenden sie – oft restriktiv – an.

Es gilt doch vielmehr den Fokus auf diejenigen zu legen, die sich eben nichts haben zu Schulden kommen lassen und die mit ihrer Motivation und ihrem Potential zu unserer gesellschaftlichen Entwicklung beitragen möchten und bei entsprechender Ausbildung auch können. Unsere Fraktion hat nicht zuletzt deshalb aktuell einen Antrag zur integrations-und wirtschaftsfreundlichen Ausgestaltung der Ausbildungsduldung vorgelegt:

Denn gerade bei jüngeren Geduldeten verpassen wir wichtige Chancen zur Integration, verhindern wir aufgrund nicht erteilter Ausbildungsduldungen eine möglichst frühe Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Abgesehen von der menschlichen Seite, wäre es volkswirtschaftlich kurzsichtig, in Zeiten unbesetzter Ausbildungsplätze und fehlender Fachkräfte in Brandenburg Menschen abzuschieben, die für eine solche Ausbildung geeignet sind bzw. die sich mitten in einer Ausbildung befinden. Erst im Februar dieses Jahres stellte die Bertelmann-Stiftung erneut eine Studie vor, nach der der deutsche Arbeitsmarkt zunehmend auch auf Zuwanderung aus Außereuropäischen Drittstaaten angewiesen sein wird, um die Folgen des demographischen Wandels abzufedern. Statt geeignete Menschen abzuschieben, wäre die Antwort vielmehr die Schaffung attraktiver Integrationsangebote auch in ländlichen Gebieten.

Eine Ausbildungsduldung für junge Menschen bedeutet nicht nur, letzteren eine legale Existenz zu sichern. Auch für die Unternehmen stellt sie Planungssicherheit dar. Investierte Mühe in die Azubis wird so nicht mehr durch plötzliche aufenthaltsbeendigende Maßnahmen wieder zunichte gemacht.

Dies wäre unsere Antwort, die wir hoffentlich demnächst im Ausschuss für Inneres und Kommunales behandeln können. Am Ende stünde zumindest für einen Teil der betroffenen eine Lösung und nicht die Enttäuschung ihres Lebens, aus einem Land, mit dem große Hoffnungen verbunden wurden, trotz jahrelanger Anstrengungen wieder herausgeworfen zu werden.

Und noch einmal kurz zurück zu ihrem Antrag: Punkt 1: Was soll denn eine Änderung der Zuständigkeit tatsächlich bewirken? Egal ob kommunale oder Landesebene: Beide müssen sich an die gleichen Gesetze halten, sollten im Idealfall auch zu gleichen Ergebnissen kommen. Nur ist die kommunale Ebene etwas näher am Geschehen.
Punkt 2: Derzeit werden Asylsuchende nach maximal sechs Monaten auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. Dieses Vorgehen unterstützen wir seit langem, können doch auf diese Weise Integrationsbemühungen viel früher aufgenommen werden, als bei einer vom Rest der Gesellschaft isolierten Unterbringung in der Erstaufnahme. Die Integrationsbemühungen beginnen bereits in einem Stadium, in dem bei einem Großteil der Menschen das Bleiberecht noch nicht geklärt ist. Ihr Vorschlag einer 24-monatigen gesellschaftlichen Isolation zeugt einmal mehr davon, wie sachfern und unmenschlich Ihre ideologischen Vorstellungen sind. Punkt 3: Sie fordern – populistisch wie immer – die Abschiebung aller straffällig gewordenen, vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer. Sicherlich ist Ihnen nicht entgangen, dass sich die Abschiebung Straffälliger nach Bunderecht richtet, welches die Landesregierung anwendet und welches sie nicht nach Belieben abändern kann. Ich hoffe sehr, dass Sie wenigstens eins noch im Kopf haben, nämlich dass auch Grundrechtseingriffe gegenüber Straffälligen einer gesetzlichen Grundlage bedürfen.