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Ursula Nonnemacher spricht zur Aktuellen Stunde "Die Lebensleistung der Brandenburgerinnen und Brandenburger verdient Respekt - Respekt-Rente umsetzen!"

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die Frage des Vertrauens in das System der gesetzlichen Rentenversicherung als wichtigste Säule der Alterssicherung ist entscheidend für deren Legitimität. Es ist unabdingbar, dass sich die eigenen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung lohnen müssen. Langjährig Versicherten darf keine Altersarmut drohen.

Bereits seit einigen Jahren nimmt das Leistungsniveau der gesetzlichen Rente ab. Die Berufsbiographien haben sich verändert. Regelarbeitsverhältnisse werden seltener, wechseln sich mit Teilzeitbeschäftigung und neuen Formen beruflicher Selbstständigkeit ab. Weniger Beschäftigte stehen zukünftig einem großen Anteil an Menschen im Rentenbezug gegenüber. Eine höhere Armutsgefährdung im Alter ist absehbar, der Grundsicherungsbezug steigt bereits jetzt deutlich an. Welche Wege eine Alterssicherung angesichts dessen beschreiten sollte, soll eigentlich eine von der Bundesregierung ins Leben gerufene Rentenkommission im März 2020 vorlegen. Konkret vereinbart schien bisher, dass eine Form von Grundrente kommt. Wir waren von deren Grundzügen nicht begeistert. Sie sollte lediglich 10 Prozent über den Leistungen der Grundsicherung liegen und hätte wohl trotzdem eine aufwändige Antragsstellung mit Nachweispflichten mit sich gebracht.

Der Vorstoß von Bundesarbeitsminister Heil, diese Grundrente zu einer Respekt-Rente umzuwandeln, kam für uns überraschend. Deren Konditionen scheinen uns im Detail noch nicht ausgearbeitet, der Titel der Aktuellen Stunde ist daher vorschnell euphorisch. Ob mit dem vorgeschlagenen Modell tatsächlich die Lebensleistung der Brandenburgerinnen und Brandenburger besonders respektiert wird, oder nicht gerade Menschen mit klassischen westdeutschen Erwerbsbiographien besonders profitieren, ist zurzeit überhaupt nicht klar. Wie wir mit den Folgen ostdeutscher Erwerbsbiographien auf das spätere Rentenniveau umgehen müssen, dafür hätte die SPD hier im Landtag den Anstoß zum Diskutieren geben müssen! Zu diesem Zeitpunkt und ohne Ausrichtung auf ostdeutsche Spezifika ist die Debatte über die Respekt-Rente hier auf Landesebene wenig substanziell und fungiert ehrlicherweise eher als Stellvertreterkrieg.

Aus Bündnisgrüner Sicht wünschen wir uns eine konsistente Gesamtstrategie für die Alterssicherung. Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung müssen aus unserer Sicht grundsätzlich zu einer Rente oberhalb der Mindestsicherung führen. Auf Bundesebene haben wir dazu bereits ein Konzept vorgelegt, die Grüne Garantierente. Sie beinhaltet die Einführung einer steuerfinanzierten Garantierente, für Menschen mit 30 Versicherungsjahren. Dabei sollen alle Versicherungszeiten anerkannt werden, auch Zeiten der Arbeitslosigkeit, Ausbildung, Kindererziehung, Pflege und Erwerbsminderung.

Diese Maßnahme allein reicht aus unserer Sicht jedoch nicht aus. Wir wollen perspektivisch auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung eine Bürgerversicherung einführen, also auch Abgeordnete, Beamtinnen und Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Dem Solidarprinzip wäre damit besser Rechnung getragen, die Einnahmenbasis der Rentenversicherung wäre breiter und vor allem Selbstständige wären besser abgesichert. Eine ebenso wichtige Aufgabe ist die Verringerung der Rentenlücke zwischen Frauen und Männern. Sie beträgt aktuell sage und schreibe 40%! Das könnte die Bundesregierung zum Beispiel erreichen, indem sie mit dem Ehegattensplitting die Anreize für die ungleiche Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen endlich verringert. Eine breitere Einnahmebasis könnte aber auch die Landesregierung schaffen: Sie sollte schleunigst den zugewanderten Menschen den Weg in den brandenburgischen Arbeitsmarkt ebnen und nicht verwehren. Diese sind dann nämlich automatisch Beitragszahlende. Hoffentlich sehen die für die Entscheidungen der kommunalen Ausländerbehörden zuständigen SPD-Landräte im Jubel über den Vorstoß ihres Bundesministers auch ihren Anteil an einem funktionierenden Sozialsystem.