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Michael Jungclaus zum Bericht der Landesregierung „Bericht gemäß § 88 Absatz 2 LHO über die Abstufung von Landesstraßen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, liebe Gäste,

Brandenburg verfügt unter allen 16 Bundesländern mit 47% über den größten Landesanteil am Straßennetz. Gemäß Brandenburger Straßengesetz ist für den Fall, dass sich die Verkehrsbedeutung einer Straße auf Dauer ändert, diese in die entsprechende Straßengruppe umzustufen. Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Verpflichtung.

Darauf hat der Landesrechnungshof in seinem Bericht vom Mai 2017 hingewiesen und die bisherige Praxis der Abstufung von Landesstraßen kritisiert. Trotz der gesetzlichen Verpflichtung seien bislang nur 6 Prozent der abstufungsrelevanten Straßen abgestuft worden.

Der Landesrechnungshof hat zu Recht kritisiert, dass Brandenburg einen zu hohen Anteil an Landesstraßen hat. Die Landesregierung hat die geforderte Abstufung bislang nicht in ausreichendem Maße organisiert. Straßen, die nicht landesbedeutsam sind, sollen den Landkreisen und Kommunen übertragen werden. Dagegen hat sich auch keiner der Sachverständigen in der Anhörung letzten Herbst ausgesprochen. Nein, sie teilten im Grundsatz die Einschätzung, die etwa 1.700 km Landesstraßen abzustufen.

Mit erheblicher Verzögerung, im September vergangenen Jahres, hat das Verkehrsministerium ein Konzept zur Abstufung von Landesstraßen vorgelegt. Wir haben das Konzept kritisiert, weil darin erneut allenfalls Andeutungen zu finden sind: Weder wurden verbindliche Ziele für die Abstufung von Landesstraßen zu Kreis- bzw. Gemeindestraßen gesetzt, noch ein solider Finanzierungsplan erstellt, auf dessen Grundlage mit den betroffenen Kommunen ein jährliches Abstufungsprogramm vereinbart werden kann. Auch hat der Landesbetrieb Straßenwesen keine verbindlichen Mindeststandards zum Ausbau- und Unterhaltungszustand festgelegt.

Seit kurzem gibt es ein Pilotprojekt zwischen der Landesregierung und dem Landkreis Oberhavel. In der entsprechenden Vereinbarung verpflichtet der Landkreis sich, die abgestuften Straßen in einen der Verkehrsbedeutung entsprechenden Zustand zu bringen bzw. zu erhalten. Dafür soll dem Landkreis durch das Land ein Ausgleich gewährt werden: 14,45 Mio. €. Das sind etwa 2/3 der eigentlich fällig werdenden Kosten. Die Zahlung wird außerdem auf 15 Jahre gestreckt. Die Abstufung erfolgt hingegen schon innerhalb der nächsten 5 Jahre.

Aus Sicht des Landkreises ist das also eher der Spatz in der Hand. Der Vorteil aus Sicht des Landkreises: Mit der Übertragung könnte er sofort anfangen zu sanieren, Radwege zu bauen und Alleen zu pflanzen. Ein millionenschweres Straßenausbauprogramm in Oberhavel ist die Folge.

Aber: Ist das Pilotprojekt tatsächlich übertragbar? In Oberhavel werden nur 76 km übertragen. Oberhavel hat außerdem 100 Mio. EUR in den Rücklagen. Andere Landkreise haben weniger Geld und müssen mehr Straßen übernehmen. Für diese Landkreise sollen „Pakete“ geschnürt werden.

Aus unserer Sicht wären folgende Schritte notwendig, um endlich landesweit voranzukommen:

Die Regierung muss in einem transparenten Verfahren für die Landkreise jeweils Prioritätenlisten erstellen, in welcher Reihenfolge und in welchem Zeitraum die Straßen abzustufen sind. Die Kommunen benötigen Planungssicherheit. Eine Zeitschiene ist daher unbedingt erforderlich.

Die Regierung muss unmissverständlich klarstellen, wie sie gedenkt, die landesweite Abstufung zu finanzieren. Obwohl wir im Fachausschuss mehrfach die Forderung erhoben haben, die Finanzierung bereits im Doppelhaushalt 2019/2020 verlässlich sicherzustellen, ist dies nicht erfolgt.

Hauptgegenstand der Kritik in der Anhörung war ja ebenfalls, dass die zentralen Fragen zu den finanziellen Rahmenbedingungen offenblieben. Insbesondere zur Höhe der Einstandspflicht war ein Großteil der Anzuhörenden anderer Auffassung als das Verkehrsministerium: Nach Rechtsauffassung des MIL muss das Land gesetzlich nur für die eingesparten Kosten für „unterlassene Instandhaltung“ aufkommen (ca. 25-30 Prozent der tatsächlichen Sanierungskosten). Ein Teil der Landkreise fordert dahingegen 100 Prozent der Sanierungskosten.

Die Landesregierung ist leider noch immer die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie sie gedenkt, Landesinteressen und die Interessen der Landkreise und Gemeinden auszutarieren – ohne dabei ein gigantisches Straßenausbauprogramm anzukurbeln!