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Michael Jungclaus spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung "Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Brandenburg"

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,

bezahlbarer, insbesondere sozialer Wohnraum ist knapp geworden. Vor allem in Berlin und in den Städten ringsum und natürlich auch hier in Potsdam. In Brandenburg gibt es – Stand 2017 – nur 40.000 Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung. 2014 waren es noch 60.000. Wohl kaum ein anderes Thema birgt so viel sozialen Sprengstoff wie die Wohnungsnot.

Leider gibt es keine einfache Lösung für die Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Klar, wir können sehnsuchtsvoll nach Wien gucken, wo ein Viertel der Wohnungen der Stadt gehört. Aber Wiener Verhältnisse wird es bei uns auf absehbare Zeit vermutlich nicht geben.

Es war ein Riesenfehler, dass in Berlin in der Vergangenheit so viel staatlicher Wohnraum verscherbelt wurde. Doch die heutige Situation ist nur zum Teil das Ergebnis verfehlter Wohnungspolitik. Sie ist auch das Resultat des Wanderungsverhaltens der Deutschen. Seit der Wende sind über 800.000 Berliner nach Brandenburg gezogen. Weit mehr als andersherum. Und der Trend wird aufgrund der zunehmenden Wohnungsnot in Berlin aller Wahrscheinlichkeit nach anhalten.

Es braucht hier einen Schulterschluss zwischen Kommunen und dem Land. Denn so wie die Zuständigkeiten liegen, sind es zwar die Kommunen, die freie Flächen auftreiben und Baugenehmigungen ausstellen müssen. Die Landesbauministerin muss dies aber flankieren. Bislang ist die Wohnraumförderung in Brandenburg nur durch ein Bundesgesetz geregelt.

Ziel des Gesetzes ist es, die Wohnraumförderung zu modernisieren und zu flexibilisieren. Dazu, ob der vorliegende Gesetzentwurf geeignet ist, dies zu erreichen, dazu werden wir ja dann die Anzuhörenden im Ausschuss befragen.

Nachdem ich den Entwurf gelesen habe, war ich ziemlich ernüchtert. Im Anwendungsbereich des Gesetzes steht zwar „Förderung des Wohnungsbaus“, doch der Schwerpunkt des Gesetzes liegt auf den „anderen Maßnahmen zur Unterstützung von Haushalten bei der Versorgung mit Mietwohnraum“. Dabei geht es um die Einkommensgrenzen und den Berechtigtenkreis beim Wohnberechtigungsschein, die verschiedenen Wohnformen, um studentisches Wohnen, um Genossenschaften.

Diese Maßnahmen sind erstmal begrüßenswert. Aber werden sie dazu beitragen, dass günstige Wohnungen, Sozialwohnungen, im Land Brandenburg verfügbar sind? Lösen wir die Probleme wenn wir einfach mehr Menschen einen Wohnberechtigungsschein geben? Ich finde, das ist zu wenig.

Die Frage ist doch:

Was wären denn Maßnahmen, die tatsächlich zum Wohnungsbau beitragen würden, abgesehen von der ja bereits praktizierten Gewährung von Darlehen mit vergünstigten Konditionen?

Welche Rolle könnte etwa eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft spielen?

Weitere – aus meiner Sicht – offene Fragen sind:

Berücksichtigen wir genug, dass wir einen gemeinsamen Berlin-Brandenburger Wohnungsmarkt haben?

Wird der Wohnraumfrage im neuen Landesentwicklungsplan ausreichend Rechnung getragen?

Oder:

Welche Rolle können landeseigene Liegenschaften beim sozialen Wohnungsbau spielen?

Vergangene Woche hatten wir die Stiftung Baukultur im Infrastrukturausschuss zu Besuch. Eine der dringendsten Empfehlung an uns: Nicht nur der Neubau sollte in unserem Fokus liegen, sondern vor allem die Entwicklung des Bestands. Und bei Neubauten sollte es sich hauptsächlich um Mehrfamilienhäuser handeln, auch wenn das Eigenheim nach wie vor auf Platz eins auf der Wohnraum-Wunschliste steht.

Nun noch etwas zur Zweckentfremdung:

Um dieser zu begegnen, hat die Landesregierung das Brandenburgische Zweckentfremdungsverbotsgesetz vorgelegt. Genau genommen handelt es sich ja dabei um eine Lex Potsdam. Bei einer Umfrage der Landesregierung unter den Brandenburger Kommunen hat sich gezeigt, dass eigentlich nur hier ein Problem in der Zweckentfremdung von Wohnraum besteht. Potsdam selbst schätzte die Anzahl der als Ferienwohnung zweckentfremdeten Mietwohnungen auf 130 bis maximal 200 Wohnungen. Die übrigen Gemeinden, die sich an der Umfrage beteiligten, konnten bislang kein Problem sehen. Man muss sich da natürlich fragen, ob dieser Umfang nun ein extra Landesgesetz erforderlich macht - aber genau das werden wir ja dann in der Ausschussbefassung ausführlich erörtern.

Dass die AfD der Überweisung nicht zustimmt, ist irgendwie konsequent. Zwar haben Sie hier im Plenum nun inzwischen schon die sechste Rednerin für Infrastruktur ans Pult geschickt – im Ausschuss, wo die fachliche Arbeit stattfindet, herrscht bei ihrem zuständigen Abgeordneten aber seit anderthalb Jahren Funkstille.

Wir stimmen beiden Überweisungen selbstverständlich zu und ich freue mich auf eine interessante Anhörung hierzu.

Vielen Dank!