Zum Inhalt springen

Ursula Nonnemacher spricht zur Großen Anfrage 28 der CDU–Fraktion „Frauen im Land Brandenburg: Sorgen und Chancen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Diese große Anfrage illustriert: Gleichstellung ist ein nicht erreichtes Ziel. Wir sind der CDU-Fraktion dankbar dafür, sie gestellt zu haben. Wir wissen nicht, ob sich die Frauen im Land Brandenburg „Sorgen“ ob ihrer strukturellen Benachteiligung in so vielen Lebensbereichen machen. Wir wissen auch nicht, ob sie aufgrund ihres Geschlechts tatsächlich irgendwo „Chancen“ erkennen. Näher liegt, dass viele Frauen im Land eher verärgert und enttäuscht darüber sind, dass Geschlechtergerechtigkeit immer noch nicht durchgesetzt ist.


Zur Durchsetzung von Geschlechtergerechtigkeit braucht es Viele. Eine wichtige Rolle nimmt die Landesregierung mit dem Gleichstellungpolitischen Rahmenprogramm ein. Es ist ein wichtiges Instrument, um Gleichstellungspolitik zu stärken. Wir wünschen uns aber von der Landesregierung bei der Formulierung der Ziele und deren Durchsetzung noch mehr Mut! So zum Beispiel, wenn sie im Evaluierungsbericht zur Kommunalverfassung ein Vollzugsdefizit bei der Ausgestaltung der Arbeit der kommunalen Gleichstellungs-beauftragten konstatiert, ohne aber daraus Konsequenzen zu ziehen. Um im Sinne ihres Gleichstellungspolitischen Rahmenprogrammes zu handeln, müsste die Landesregierung die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten über eine Rechtsänderung in der Kommunalverfassung stärken. Traut sie sich das nicht, stellt das einen offenen Widerspruch zum Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm dar. Die Aussage „Gleichstellung ist ein wichtiges Ziel über alle Politikfelder hinweg“ ist dann ein reines Lippenbekenntnis. Hier braucht es mehr Mut!


Wir wissen, eine zentrale Voraussetzung für echte Gleichstellung ist die eigenständige Sicherung des Lebensunterhaltes. Das berufliche Verhalten von Frauen fordert neben der Landesregierung auch die Unternehmen, Kammern, LehrerInnen und ErzieherInnen. Die Befunde im Land sind widersprüchlich. Natürlich freuen wir uns darüber, dass Brandenburg bei der weiblichen Erwerbsbeteiligung bundesweit an der Spitze steht. Und auch, dass der Gender Pay Gap mit 5,4% deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Was allerdings leider auch illustriert, dass in Brandenburg alle – Männer wie Frauen – relativ schlecht verdienen. Unzufrieden müssen wir jedoch mit der Tatsache sein, dass drei Viertel aller Teilzeitbeschäftigten im Land weiblich sind. In vielen Fällen beruht auch das nicht auf einer freien Wahl. Vielmehr wird hier der Tatsache Rechnung getragen, dass Frauen 75% der unbezahlten Sorge-Arbeit, meistens Kindererziehung, oft auch die Pflege von Familienangehörigen, erledigen. In der Folge dieser jahrelangen unbezahlten Pflegearbeit in der Familie sind Frauen in ihren beruflichen Fähigkeiten dequalifiziert und haben kaum berufliche Aufstiegschancen. Das schmerzt, vor allem beim Blick auf die Situation der alleinerziehenden Frauen im Land. Sie beziehen häufiger Transferleistungen und sie und ihre Kinder sind deutlich stärker von Armut bedroht als die Familien alleinerziehender Männer. Es ist ebenfalls kein gutes Zeichen, wenn die Mehrheit junger Frauen hier im Land immer noch eine Ausbildung in einem „typischen Frauenberuf“ wählt. Wenn 46% der jungen Frauen und 35% der jungen Männer die Schule mit dem Abitur verlassen, warum sind dann nur 50% der Absolventinnen von Universitäten weiblich?


Klar wird doch: Wir müssen Frauen darin bestärken, verantwortungsvolle Aufgaben und Positionen anzunehmen. Noch dazu in Zeiten, in denen die „Neue Rechte“ alte Rollenverständnisse wiederauferstehen lassen will. Das Familienbild der 50er Jahre, der arbeitende Mann und die Hausfrau mit ihren vielen Kindern, wird als „wertegebende gesellschaftliche Grundeinheit“ beschworen. Gefahr drohe der deutschen Gesellschaft durch „Gender-Wahnsinn“ und eine gerechte Verteilung von Zeit, Macht und Geld. Dieser Gespenstergeschichte von rechts sagen wir den Kampf an! Die Fakten dafür liefert diese Große Anfrage.