Zum Inhalt springen

Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE „Arbeit statt Arbeitslosigkeit: Weichen für öffentliche Beschäftigungen stellen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die Annahme, alle arbeitslosen Menschen profitieren automatisch von einer guten Lage am Arbeitsmarkt ist eine Illusion! Anschaulich zeigen das die Daten, die die Linksfraktion im Bundestag zur Situation langzeitarbeitsloser Menschen erfragt hat: In den letzten fünf Jahren sind die Betroffenen immer länger im SGB II- Bezug geblieben, im Schnitt mittlerweile für 650 Tage. Die Menschen stecken im Transferleistungsbezug förmlich fest, und das obwohl die Zahl der Arbeitslosen insgesamt auf einem Rekordtief ist!

Das Thema brennt, denn klar ist: Langzeitarbeitslose bekommen einfach nicht die Unterstützung, die sie brauchen, um selbst von einem boomenden Arbeitsmarkt zu profitieren. Der Antrag der Koalitionsfraktionen kommt daher zur rechten Zeit. Die im Antrag geforderte Einführung eines Passiv-Aktiv-Transfers ist ebenfalls höchst sinnvoll. Der Passiv-Aktiv-Transfer macht aus Leistungen zur Finanzierung von Arbeitslosigkeit, ergo passiven Leistungen, aktive Leistungen, nämlich Lohnkostenzuschüsse, die ein reguläres Beschäftigungsverhältnis, sprich Arbeit, finanzieren. Das funktioniert, indem Leistungen aus Bundesmitteln, dem ALG II, mit kommunalen Mitteln, denen der Kosten der Unterkunft, zusammengeführt werden. Mit diesen Gesamtmitteln können dann ganz reguläre, sozialversicherungspflichtige Jobs unterstützt werden. Denn, machen wir uns nichts vor, natürlich haben langzeitarbeitslose Menschen Probleme, die zu ihrer Nichtbeschäftigung geführt haben. Und ebenso wie diese Menschen mehr Unterstützung brauchen, brauchen das auch die Betriebe, in denen sie arbeiten.

So weit, so gut. Was uns aber am vorliegenden Antrag stört, ist die Halbherzigkeit der Forderungen. Bereits vor drei Jahren gab es von rot-rot den ersten Antrag mit Prüfauftrag zu einem Passiv-Aktiv-Transfer. Seitdem ist anscheinend nicht viel passiert, ansonsten können wir uns den vorliegenden Antrag nicht erklären. Allerdings hat es in der Zeit ein grün-schwarz regiertes Baden-Württemberg geschafft, aus Landesmitteln mit Modellprojekten den Passiv-Aktiv-Transfer zu erproben. Dies wurde wissenschaftlich begleitet und war nachweisbar übrigens erfolgreich. Auch in NRW gab es unter Rot-Grün entsprechende Modellprojekte, aus ESF-Mitteln finanziert. Wir fragen uns: Wieso haben Sie diesen Weg der modellhaften Erprobung als rot-rote Landesregierung nicht auch schon beschritten? Was ist in den drei Jahren seit der ersten Antragsstellung überhaupt geschehen? Uns ist bewusst: Auf Dauer ist der Passiv-Aktiv-Transfer nicht durch das Land zu stemmen. Wir brauchen die Weiterentwicklung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente im SGB II auf Bundesebene. Wir brauchen unbedingt die Mitwirkungsbereitschaft der Kommunen. Deshalb haben wir Ihre Vorstellungen in unserem Entschließungsantrag aufgegriffen und ganz konkret gefasst. Kein staatlich geförderter Arbeitsmarkt, der Menschen in gemeinnützliche Arbeit zwängt, wie es das Müllersche sogenannte solidarische Grundeinkommen will. Das im Übrigen das Gegenteil von solidarisch ist, weil es wieder stigmatisierende Sonderarbeitsverhältnisse schafft, die langzeitarbeitslosen Menschen keine Perspektiven eröffnen. Wir erinnern uns noch gut: Die letzte Landesregierung ist mit diesem Ansatz, der damals „Arbeit für Brandenburg“ hieß, gescheitert. Wir fordern stattdessen klipp und klar, dass Jobcenter endlich aus Bundesmitteln bedarfsdeckendes Personal und Mittel für ihre Aufgaben brauchen. Ganz deutlich: Die geplanten 4 Milliarden mehr reichen dafür nicht aus! Sinnvoll und zweckmäßig ist auch, dass die Maßnahmen langfristig angelegt sind und sozialpädagogisch unterstützt werden. Dies fehlt auch in Ihrem Antrag, deswegen haben wir das in unserer Entschließung drin. Etwas Sorgen machen wir uns um Ihr erfolgreiches Arbeitsmarktprogramm „Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose“. Dies muss unbedingt erhalten bleiben - ob mit Bundesgeldern oder ohne. Hier gehen Sie einen erfolgreichen Weg. Die skizzierte Verknüpfung mit dem geplanten Instrument "Teilhabe am Arbeitsmarkt" darf zu keiner Verwässerung führen.

Zeigen Sie mehr Mut. Stimmen Sie unserem viel konkreteren Antrag zu, damit sich endlich in Richtung Passiv-Aktiv-Transfer was bewegt!