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Ursula Nonnemacher spricht zum Konzept der Landesregierung „Zugang zur gesundheitlichen Versorgung und zu Angeboten der psychosozialen Unterstützung von geflüchteten Menschen im Land Brandenburg“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die Zugänge zu gesundheitlicher Versorgung zu identifizieren und zusammenzuführen ist eine große Aufgabe. Beim Lesen des Konzepts ist uns vor allem aufgefallen, an wie viele Grenzen die Landesregierung dabei an vielen Stellen kommt. Das hat uns manchmal enttäuscht, an anderen Stellen wiederum hätten wir das aufgrund der Strukturen im Gesundheitswesen fast vorhersagen können. Was uns beim Lesen auch sehr deutlich wurde ist, dass es größtenteils mehr eine Zusammenfassung des Status Quo ist als ein Konzept. Probleme verschwinden aber nicht dadurch, dass man sie verschweigt. Es ist deswegen gut, dass sich die Landesregierung mit dem vorliegenden Papier selbstkritisch und realistisch zeigt.

Was fehlt uns? An einigen Stellen deutlichere Initiativen des Landes. Zum Beispiel folgt der Erkenntnis, dass in Brandenburg wie in ganz Deutschland Daten zum Versorgungsbedarf von geflüchteten Menschen fehlen: Eine Fußnote. In der wird die Hoffnung ausgedrückt, das (bundesweit zuständige) Robert-Koch-Institut würde sein Gesundheitssurvey auch auf Asylsuchende und Geflüchtete ausweiten. Einen Plan B wenn das nicht, oder nicht auswertbar für einzelne Bundesländer, erfolgt? Gibt es anscheinend nicht. Das ist schade, denn Konzepte ohne genauere Kenntnisse der Bedarfe haben einen geringeren Wirkungsgrad. Dabei gibt es bereits eine gute Gesundheitsberichterstattung im Land. Warum wird sie nicht erweitert?

Mehr Daten hätten wir uns vor allem auch hinsichtlich der Zugangsmöglichkeiten zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung gewünscht. Die Landesregierung sieht hier die Regelsysteme in der Pflicht. Das ist gesundheitspolitisch gesehen sinnvoll und wir haben den Eindruck, dass die Psychiatrischen Institutsambulanzen diese Aufgabe sehr ernst nehmen. Aber für viele Menschen ist es in unserem Regelsystem schwierig, passende Therapieangebote zu erhalten. Das gilt noch mehr für geflüchtete Menschen. Bei ihnen kommen weitere Hürden hinzu, zum Beispiel sprachliche und kulturelle. Da ist es vorbildlich, wenn die Psychiatrischen Institutsambulanzen Sprechstunden in den Gemeinschaftsunterkünften anbieten. Enttäuschend ist, dass dies scheinbar nur eine einzige von 18 Institutsambulanzen macht. Gutes Beispiel für ein grundsätzliches Dilemma: Es reicht nicht aus, sich in diesen Fragen auf das Engagement einzelner Landkreise oder Akteurinnen zu verlassen. Da muss das Land ran. Denn über Gesundheitschancen darf nicht der geografische Zufall entscheiden!

Beim Thema Sprachmittlung sind wir nicht zufrieden. In kaum einem anderen Bereich scheinen Bedarf, Angebot und gesetzliche Finanzierungsmöglichkeiten so weit auseinander zu klaffen wie hier. Die Landesregierung muss hier Lösungen finden. Das Flickwerk aus Ehrenamt und bundesfinanzierten Angeboten, aus unterschiedlichen Leistungen im ambulanten Sektor und im Stationären muss zusammengeführt werden! Ohne sprachliche Verständigung ist gesundheitliche Hilfe kaum möglich!

Was finden wir gut? Den Schwerpunkt, den die Landesregierung bei der medizinischen Versorgung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen setzt. An der Debatte um die Altersfeststellung wird wieder deutlich, dass Flüchtlingskinder besonders schutzbedürftig sind. Weil sie eine gefährliche Flucht hinter sich haben und ganz vieles, was wichtig war, verloren haben. Mit allen gesundheitlichen Folgen.

Gut ist auch die Beteiligung des Landesintegrationsbeirates am Konzept. Und für die hohen Standards bei der Migrationssozialarbeit haben wir nur Lob!

Bei dieser wichtigen und großen Aufgabe bleibt uns nur der Appell: Sie bohren ein dickes Brett. Bitte bleiben Sie am Ball!