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Ursula Nonnemacher zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und DIE LINKE „Erstes Gesetz zur Änderung der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg - Ausbau von Beteiligungsmöglichkeiten“

>>Unser Änderungsantrag als pdf-Datei

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die Menschen in den Städten und Gemeinden unseres Landes wollen nicht einfach nur gut verwaltet werden. Wir erleben vor Ort ein wachsendes Bewusstsein der Menschen für ihr direktes Lebensumfeld. Sie übernehmen Verantwortung in Vereinen und Initiativen, engagieren sich ehrenamtlich in Kitas und Schulen, Sportvereinen oder der Feuerwehr. Sie übernehmen zum Teil auch Aufgaben, von denen sich der Staat schon zurückgezogen hat oder die die Gemeinde nicht mehr finanzieren kann.

Dieses mehr an Verantwortung trifft im politischen Raum vor Ort immer noch auf enge und veraltete Regeln für politische Partizipation und Mitsprachemöglichkeiten jenseits der Mitarbeit in den politischen Gremien.

Insofern begrüße ich es, dass die Koalitionsfraktionen hier einen Gesetzentwurf vorlegen, der den Ausbau von Beteiligungsmöglichkeiten in der Kommunalverfassung zum Gegenstand hat. Nachdem meine Fraktion schon im Dezember einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf der kommunalen Ebene vorgelegt hatte, ziehen die Regierungsfraktionen nun nach.

Neben der Verankerung der Kinder- und Jugendbeteiligung wollen die Koalitionsfraktionen mit einzelnen Änderungen Hindernisse für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide beseitigen. Konkret geht es darum, den Kostendeckungsvorschlag bei Bürgerbegehren durch eine qualifizierte Kostenschätzung zu ersetzen, die Möglichkeit des Ausschlusses der Briefwahl bei Bürgerentscheiden zu streichen sowie die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit so zu ändern, dass dies zukünftig durch die Kommunalaufsicht erfolgt.

Für diese Vorschläge hat die Koalition unsere Unterstützung, setzt sie doch das um, was wir in einem gemeinsamen Entschließungsantrag zum mittlerweile obsoleten Leitbild zur Verwaltungsstrukturreform beschlossen haben. Aber die Koalition bleibt auf halbem Weg stehen. Bei der Entrümpelung des Ausschlusskatalogs für Bürgerbegehren nach §15 Absatz 3 der Kommunalverfassung hat die Koalition endgültig der Mut verlassen. Lediglich der neunte Punkt soll hier gestrichen werden. Die Streichung, dass Bürgerentscheide, die ein gesetzeswidriges Ziel verfolgen, nicht zulässig sind, ist reine Kosmetik, was in der Begründung auch zugestanden wird. An weitere Ausschlusspunkte wagen sich SPD und Linke leider nicht ran, obwohl sie im besagten Entschließungsantrag die Prüfung des Negativkatalogs zugesagt haben.

Liebe KollegInnen von SPD und Linke: Sie waren schon mal weiter und haben noch in einem Änderungsantrag zum Kreisneugliederungsgesetz im letzten Herbst auch die Aufstellung von Bebauungsplänen für Bürgerentscheide öffnen wollen und dies nachvollziehbar begründen können. Dazu findet sich in dem vorliegenden Gesetzentwurf kein Wort mehr.

Wir Bündnisgrünen haben uns seit der Evaluierung der Kommunalverfassung im 2012 kontinuierlich und unmissverständlich für eine umfassende Reform ausgesprochen. Eine Reform, die die bestehenden direktdemokratischen Mitwirkungsrechte auf Gemeindeebene erweitert und Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auch ortsteilbezogen ermöglicht, soweit sie nur den Ortsteil betreffen. Dazu haben wir Ihnen einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt, der die Übernahme des Vorschlags des laufenden Volksbegehrens „Wir bestimmen mit“ enthält , der genau unseren Forderungen für bessere Beteiligungsmöglichkeiten entspricht – und vor allem auch die Senkung der Beteiligungsquoren und die Entrümpelung des Ausschlusskatalogs enthält.

Darüber hinaus wollen wir aber auch, dass gruppenbezogene Belange besser vertreten werden können. Dazu gehört die Stärkung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und der Behindertenbeauftragten, deren Möglichkeiten derzeit in der Kommunalverfassung noch zu schwach sind. Ein wirklicher Anachronismus ist, dass derzeit die Direktwahl von Beiräten außer bei der Vertretung der Menschen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, also bei den Ausländer- oder Integrationsbeiräten, nicht erlaubt ist. So wurde in Falkensee nach zehn Jahren die allseits akzeptierte Direktwahl des lokalen Seniorenbeirats von der Kommunalaufsicht untersagt. Eine Beanstandung wegen zu viel Demokratie – das ist niemandem zu vermitteln. Auch um das zu ändern, sollten wir die anstehenden Beratungen zu dem vorliegenden Gesetzentwurf intensiv nutzen.

Wir jedenfalls freuen uns auf die Diskussion in den Ausschüssen und stimmen der Überweisung selbstverständlich zu.

Unser Änderungsantrag wurde in den Ausschuss überwiesen.