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Michael Jungclaus spricht zum Antrag „Zukunftsperspektiven für die Luft- und Raumfahrtindustrie in Berlin-Brandenburg - ILA in Brandenburg sichern und S-Bahnanschluss nach Dahlewitz und Rangsdorf ausbauen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,

wie den meisten von Ihnen sicherlich bekannt ist, haben wir mit der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in der jetzigen Form durchaus ein Problem.

Erstens lehnen wir es ab, dass die Landesregierung eine Messe finanziell unterstützt, die zum Großteil eine Präsentation von Rüstungsgerät ist. Größter Einzelaussteller ist die Bundeswehr und auch diverse Unternehmen aus dem militärischen Bereich buchen alle zwei Jahre in Selchow reichlich Ausstellungsfläche.

Zweitens ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum wir mit Brandenburger Steuermitteln die Messe einer Branche fördern, die nun wahrlich nicht zu den bedürftigsten in Deutschland gehört. Nebenbei gesagt mit mehr Geld als die Ausstellungsflächen unserer Brandenburger Landwirte auf der Grünen Woche. Während aber viele der rund 36.500 Brandenburger Landwirte Jahr für Jahr um ihre Zukunft bangen, hatte zum Beispiel Rheinmetall im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 5,9 Milliarden Euro und das operative Ergebnis um 13 Prozent auf 400 Millionen Euro gesteigert. Auch vor diesem Hintergrund sind Ihre ILA-Fördermillionen mehr als fragwürdig.

Noch unverständlicher wird die Höhe der Förderung wenn man liest, dass die Nachfrage nach Ausstellungsflächen rasant wächst und bereits jetzt weit über dem Angebot liegt. Nach den Gesetzen des Marktes wären Preisanpassungen Richtung Wirtschaftlichkeit also vermutlich durchaus möglich. Besonders zweifelhaft ist diese Unterstützung bei denen, die im Bundestag schon mal gerne die Abschaffung der Bundeswehr fordern oder in Brandenburg beschließen, dass die Rüstungsindustrie Zitat: „eine menschenverachtende Ressourcenverschwendung sei“.

Im Regierungshandeln werden dann aber ganz andere Töne angeschlagen. Und dies obwohl beispielsweise der Kollege Loehr im Wirtschaftsausschuss ja durchaus einräumte, dass der militärische Teil auf der ILA überwiege und die Bundeswehr der größte Einzelaussteller sei. Erstaunlich auch, dass der Ministerpräsident die Zukunft der ILA jetzt scheinbar sogar zur Chefsache gemacht hat. Das würden wir uns auch mal beim Thema ÖPNV wünschen. Da liegt, sehr geehrter Dietmar Woidke, leider viel mehr im Argen.

Und damit haben wir dann eine wunderbare Überleitung zu dem erfreulicheren Punkt des vorliegenden Antrages: Die S-Bahn-Verlängerung nach Rangsdorf. Im Unterschied zur ILA, können wir diesen Punkt inhaltlich voll mittragen. Bis 1961 war Rangsdorf an das Berliner S-Bahn-Netz angeschlossen. Durch den Mauerbau wurde die Strecke unterbrochen und der S-Bahnverkehr eingestellt. Und seit dem Fall der Mauer wurde immer wieder die Frage der Wiederherstellung der Strecke erörtert. Und schon im Einigungsvertrag stand, dass die vom Mauerbau unterbrochenen S-Bahn-Strecken wiederhergestellt werden sollen. Aber entgegen den Versprechungen der damaligen Bundesregierung, die gekappten Verkehrsverbindungen weitgehend wieder herzustellen, klaffen im Netz des Schienenpersonennahverkehrs weiterhin diverse Lücken. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Meldungen anlässlich des sogenannten Zirkeltages: Die Bahnverbindungen zwischen Berlin und Umland waren vor dem Mauerbau 1961 besser als heute. So auch hier.

Mit dem Ausbau der S-Bahn würden sich Verkehr, Wirtschaftsförderung und Umweltschutz hervorragend ergänzen. Umso unverständlicher ist das bisherige Zögern der Landesregierung. Vom derzeitigen Endpunkt in Blankenfelde sind es nur wenige Kilometer bis nach Dahlewitz. Und gerade in Zeiten von Fachkräftemangel sollte doch alles getan werden, damit diese gut und bequem ihren potentiellen Arbeitsplatz erreichen können. Der Weiterbau der S-Bahn nach Dahlewitz muss Teil eines deutlichen Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrs insgesamt werden. Er darf aber nicht dazu führen, andere Planungen dafür wieder einzustellen.

Auch die Punkte „Erhalt und Ausbau der Lehrstühle Luft- und Raumfahrttechnik sowie die „stärkere Unterstützung bestehender Forschungs- und Innovationsprogramme der EU“ finden unsere Zustimmung.

Wir haben daher getrennte Abstimmung beantragt.

Beim Antrag der Koalitionsfraktionen ist uns positiv aufgefallen, dass hier überraschenderweise nicht mehr explizit von finanzieller Förderung der ILA die Rede ist. Und auch die Flugschauen die von vielen als zu laut, zu teuer und vor allem in dicht besiedelten Regionen nicht frei von Unfallrisiko bewertet werden, spielen im vorliegenden Antrag keine Rolle. Die ausdrückliche Betonung des zivilen Bereiches der Luft- und Raumfahrtbranche findet ebenfalls unsere Zustimmung. Wir werden dem Entschließungsantrag daher zustimmen.

Vielen Dank!