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Axel Vogel spricht zum Gesetzenwurf der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE „Gesetz über die Höfeordnung für das Land Brandenburg“ und zum Bericht der Landesregierung zur Umsetzung des Landtagsbeschlusses „Höfeordnung in Brandenburg“

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was ich vermutet habe, ist eingetreten: Frau Schwarzenberg und alle Vorredner haben umfassend und kompetent zu Ziel und Inhalt einer Höfeordnung und des vorliegenden Gesetzentwurfes ausgeführt. Deswegen darf ich gleich zur Frage aller Fragen kommen, die sich eigentlich bei jedem Gesetzgebungsverfahren stellt: Brauchen wir überhaupt ein neues Gesetz? Wenn ich dem vorliegenden Bericht der Landesregierung glauben darf: Nein. Dort wird unter anderem darauf verwiesen, dass das Höferecht in der Literatur als „totes Recht" bezeichnet wird und der 68. Deutsche Juristentag bereits 2010 dessen Abschaffung - wohlgemerkt: in den westdeutschen Bundesländern - gefordert hatte.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Das kann ich mir vorstellen!)

Als wesentlicher Grund wird angeführt, dass die Höfeordnung in den Bundesländern, in denen sie gilt, kaum zur Anwendung kommt. Darüber hinaus wird angeführt - da-rauf ist auch Herr Gliese eingegangen -‚ dass die Erblasser in ihrer Testierfreiheit eingeschränkt würden. Die Testierfreiheit ist in Artikel 14 Abs. 1 GG geregelt. Danach darf der Erblasser selbst bestimmen, wer wie viel erben soll. Entgegen der Darlegung im Bericht der Landesregierung geht es bei der Höfeordnung aber nicht da-rum, die Erblasser in ihrer Testierfreiheit zu beschränken, sondern ganz im Gegenteil darum, ihnen ihre Entscheidungsmöglichkeiten zu erweitern.

(Beifall des Abgeordneten Gliese [CDU])

Dazu braucht es auch kein Gutachten des Deutschen Bundestages, sondern das kann man unmittelbar aus dem Gesetzentwurf selbst herauslesen: Allein die Erblasser und Erblasserinnen - und nicht der Staat - entscheiden darüber, ob die Höfeordnung überhaupt zur Anwendung kommt. Die Anwendung der Höfeordnung ist dann tatsächlich nur das letzte Mittel des Erblassers oder der Erblasserin, um den Wunsch nach einer ungeteilten Weitergabe des Hofes durchzusetzen.

Der Wert einer Höfeordnung - damit komme ich zu dem Begriff „totes Recht, der suggeriert, dass es kaum zur Anwendung komme - besteht nämlich genau darin, dass sie nicht zur Anwendung kommt, sondern im besten Fall dafür sorgt, dass die Familien eine Regelung jenseits der Höfeordnung finden, mit der alle Erbberechtig-ten leben können und mit der zugleich die Betriebe in ihrer Struktur und Leistungsfähigkeit erhalten bleiben. Dieser Sachverhalt spricht nun gerade für und nicht gegen eine Höfeordnung als neues Landesgesetz.

(Beifall der Abgeordneten Raschke [B90IGRÜNE] und Gliese [CDU])

Entscheidend für das Ob eines eigenen Landesgesetzes ist ein ganz anderer Punkt, nämlich die Frage nach der Bewertung des Betriebes. Wir haben es gehört: Bei den rund 1 000 juristischen Personen spielt diese Frage überhaupt keine Rolle. Dort gibt es Eigentumsanteile, Gesellschaftsanteile und Genossenschaftsanteile. Da interessiert es allenfalls das Finanzministerium für die Bemessung der Höhe der Erbschaftsteuer, wie hoch der Wert ist; aber es interessiert nicht im Binnenverhältnis bei der Verteilung zwischen den Erben.

Wortreich wird im Bericht der Landesregierung ausgeführt, dass bei der Berechnung des für die Abfindung der weichenden Erben relevanten Hofwertes nicht auf den Einheitswert - das können wir alle aus den einschlägigen Verfassungsgerichtsurteilen ableiten - und den Ersatzwirtschaftswert - da wird es etwas schwieriger - zurückgegriffen werden könne. Wenn stattdessen der Ertragswert - definiert als das 25-Fache des jährlichen Hofertrages - zur Anwendung käme, dann sei das gesamte Gesetz jedoch überflüssig. Interessanterweise treffen sich hier Ministerium und Bauernbund, der eine derartige Höfeordnung ebenfalls für überflüssig ansieht, da eine Abfindung zum Ertragswert bereits heute nach § 2049 BGB möglich ist. Aufgabe im weiteren parlamentarischen Verfahren ist es, genau hier innovative Lösungen zu finden. Insbesondere den Vorschlag des Bauernbundes, dass bei der Abfindung der weichenden Erben das Wohneigentum zum Verkehrswert und das landwirtschaftliche Vermögen zum Ersatzwirtschaftswert bewertet wird, müssen wir im weiteren Verfahren eingehend prüfen. Gelingt es nicht, zu einer vom Ertragswert abweichenden Bewertung zu kommen, dann ist das Ziel der Höfeordnung, nämlich der Erhalt des Hofes in seiner Gesamtheit, infrage gestellt, und dann bräuchten wir dieses Gesetz in der Tat nicht.

Großartig finde ich, dass die Koalitionsfraktionen sich von dem ablehnenden Prüfbericht der Landesregierung nicht haben ins Bockshorn jagen lassen, sondern dass sie von sich aus diesen Gesetzentwurf hier eingebracht haben - auch wenn er Schwächen hat. Herr Gliese hat es bereits angesprochen: Dort ist immer noch die Rede vom Ertragswert. Ich denke, da müssen wir ran. Dazu dienen unter anderem die Anhörungen.

Nach unserer Einschätzung ist es in der Tat der übereinstimmende Wunsch aller Fraktionen im diesem Hause, das Problem der Bewertung konstruktiv zu lösen und das Gesetzesvorhaben noch in dieser Legislaturperiode - so hoffe ich, Herr Folgart - erfolgreich abschließen zu können. Hierbei wünsche ich uns allen viel Erfolg.

- Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall B90/GRÜNE, vereinzelt SPD und DIE LINKE sowie des Abgeordneten Gliese [CDU])