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Axel Vogel spricht zum Antrag der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE „Gemeinsam die wassertouristischen Potenziale nutzen!“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ja, Wassertourismus ist wichtig. Inzwischen diskutieren wir darüber ja mindestens einmal im Jahr, und so auch in diesem Jahr. Allerdings, allen Beschlüssen zum Trotz hat sich an der Grundproblematik nichts geändert. Die ist nun einmal die, dass der Bund seine Wasserstraßen loswerden will und sie still verfallen lässt. Diese Dramatik wird auch durch den aktuellen Antrag überhaupt nicht behoben, sie wird ja noch nicht einmal ausdrücklich erwähnt. Dabei ist die Tatsache, dass der Bund die touristisch genutzten Wasserwege - dies übrigens auf Drängen des Bundesrechnungshofs - loswerden möchte, bekannt, und der Landtag beschäftigt sich damit ja schon seit Jahren. Ich rufe einmal in Erinnerung, dass der Bund schon 1994 erste Gespräche zur kostenneutralen Übernahme von Bundeswasserstraßen, die hauptsächlich touristischen Nutzen haben, angeboten hat. Brandenburg hat diese Gespräche nie ernsthaft geführt.

Nach einem letzten erfolglosen Angebot seitens des Bundes im Jahr 2002 zur Ubernahme der Rheinsberger und Teupitzer Gewässer mit einem umfassenden finanziellen Ausgleichsangebot wurde - das ist jetzt ein Zitat - „dieses Thema nicht mehr aktiviert',' wie der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir aus dem Jahr 2013 zu entnehmen ist.

Seitdem hat sich die Situation nun wirklich nicht verbessert. Allein am Finowkanal besteht inzwischen bei 33% der Schleusen ein akuter Handlungsbedarf und bei 50% ein dringender Handlungsbedarf. Oder anders ausgedrückt: Wenn jetzt nicht schnell etwas geschieht, dann ist der Finowkanal als schiffbares Gewässer demnächst Geschichte.

Statt weiter auf das Land zu warten, verhandelt der Bund seit Langem mit den Kommunen, die für das untätige Land in die Bresche gesprungen sind. Wie das Beispiel Finowkanal zeigt, versucht der Bund dabei, so viele Kosten wie möglich auf die von neun Kommunen gebildete KAG Region Finowkanal - potenzielle Trägerin - abzuwälzen.

Welche Vorstellungen der Bund hat, lässt sich unmittelbar aus dem Bundeshaushalt ablesen. Er ist allenfalls bereit, die hälftigen Kosten der Investitionssumme zu über-nehmen - eine Investitionssumme, die im Fall Finowkanal rund 60 Millionen Euro beträgt; 30 Millionen Euro müssen demnach die Kommunen zahlen -‚ keine Betriebskosten, keine laufenden Unterhaltungskosten. Ich finde, wir dürfen die Kommunen da nicht im Regen stehen lassen.

Die Kommunen am Finowkanal übernehmen übrigens heute schon einen Teil der Kosten für den Betrieb des Finowkanals. Allein die für zehn Schleusen anfallenden Lohnkosten der KAG für 16 Schleusenwärter werden durch Arbeitsmarktförderung von Arbeitsagentur und Landkreis sowie durch kommunale Haushaltszuschüsse finanziert. Nur die beiden Eingangsschleusen werden überhaupt noch vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Eberswalde auf eigene Kosten betrieben. All dies als Arbeitsmarktförderungskonzept zu betreiben ist allerdings kein Weg in die Zukunft.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Immerhin sind die Kommunen am Finowkanal aber wenigstens in die Bresche gesprungen, um den Wassertourismus am Leben zu erhalten. In anderen Regionen sieht es etwas anders aus. Ich zitiere aus einem aktuellen Bericht der „MAZ" vom 26.05.2018: "Die Region fühle sich alleingelassen. Weder auf Bundes- noch auf Landesebene werde nach Lösungen gesucht. Die Region verschenke mit den verkürzten Schleusungen Wertschöpfungspotenziale." "Die Betriebe am Wasser sind sehr verärgert, aber Beschwerden bei dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt und dem Bund ändern nichts", sagte die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Seeland Oder-Spree, Ellen Rußig. Zwar plant der Bund, einen Teil der Schleusen zu automatisieren, allerdings erst ab 2023. "Das sind 15 Jahre zu spät", sagte Rußig.

Ich wiederhole: "Die Region fühle sich alleingelassen, weder auf Bundes- noch auf Landesebene werde nach Lösungen gesucht." Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Tourismuswirtschaft und Kommunen verzweifeln an der Untätigkeit von Bund und Land.

Was ist das Konzept der Landtagsmehrheit? Sie fordern die Landesregierung auf‚ dass sie sich beim Bund für dies und das einsetzt. Aber das bringt uns doch keinen Schritt weiter. Es sollte inzwischen klar sein, dass mit Appellen an den Bund überhaupt nichts getan ist. Es reicht nicht, die Verantwortung für die Sicherung und Weiterentwicklung dieser Wasserwege immer allein beim Bund zu suchen.

Die Grundausrichtung des Bundes hat sich übrigens mit der Koalitionsvereinbarung überhaupt nicht geändert. Ich weiß nicht, Frau Hackenschmidt, woraus Sie Ihre Zuversicht ziehen. Auch Herr Loehr hat daraus zitiert. Ich jedenfalls kann ein flammendes Bekenntnis zur Verantwortungsübernahme des Bundes für die touristischen Bundeswasserstraßen nicht erkennen.

Die Landesregierung ist hier gefordert. Sie kann nicht einfach zugucken, wie langsam aber sicher "quasi-kommunale" Wasserstraßen entstehen. Wenn, dann muss man darüber nachdenken, ob wir nicht die Bundeswasserstraßen als Landeswasserstraßen übernehmen - natürlich immer mit der Forderung nach einer ausreichenden Mitgift des Bundes.

Allerdings sollte es erste Aufgabe der Landesregierung sein zu verhindern, dass sich die Kommunen mit Übernahmekonzepten ins Unglück stürzen und ins Unglück ren-nen.

(Beifall der Abgeordneten Schade [AfD])

Beim neuen Werbellinkanal hatte sich das Land auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Hierzu steht allerdings im Antrag nichts.

Wäre dieser Antrag ein Medikament, so würde es nicht einmal als Placebo durchgehen. Wirtschaft und Kommunen sollen denken, dass ihnen damit geholfen würde. Allerdings ist der Antrag so durchsichtig unzureichend, dass nicht damit zu rechnen ist, irgendjemand würde daran glauben, dass von ihm irgendeine Wirkung ausgeht. - Es bleibt zu hoffen, dass mit diesem Antrag wenigstens niemandem geschadet wird. Aus den genannten Gründen werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und des fraktionslosen Abgeordneten Hein)