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Axel Vogel spricht zum Antrag der CDU-Fraktion "Befristeten Weiterbetrieb des Flughafens Tegel ermöglichen"

Befristeter Weiterbetrieb Tegel

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU macht sich Sorgen, dass der BER im Herbst 2020 zwar fertig werden könnte, dann aber nicht genügend Ka-pazität aufweisen würde, um die erwarteten Passagiere abzufertigen. Als Alternative soll nun also der Flughafen Tegel so lange offengehalten werden, bis ausreichende Abfertigungskapazitäten am BER geschaffen sind.

Nach der Begründung des Antrages - Herr Genilke hat es noch einmal ausgeführt - geht die CDU von jährlichen Wachstumsraten des Flugverkehrs von über 4 % aus. Nach Adam Riese würde das eine Verdoppelung der Passagierzahlen alle 18 Jahre bedeuten,

(Genilke [CDU]: Alle 20 Jahre!)

also von 33 Millionen Passagieren im Jahr 2018 auf 66 Millionen Passagiere im Jahr 2036, auf 132 Millionen im Jahr 2054 usw. Das ist zwar illusorisch, würde aber, wenn die CDU ihren Antrag ernst meint, bedeuten, dass Tegel nie geschlossen wird, dass es überhaupt nicht um einen befristeten, sondern um einen dauerhaften Weiterbe-trieb geht.

Mit diesen Wachstumsfantasien für den Luftverkehr, Herr Genilke, geben Sie den Befürchtungen der Anlieger des neuen Flughafens BER neue Nahrung, dass die Entwicklung des BER keine Grenzen kenne und der Bau einer dritten Startbahn nur eine Frage der Zeit sei. Dies lässt befürchten, dass damit der Abschied vom Single-Airport-Konzept, das dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, festgeschrie-ben werden soll und statt der Abdeckung des Bedarfs Berlin-Brandenburg'- das war ja das Konzept - die Weiterentwicklung zum internationalen Luftdrehkreuz vorange-trieben wird.

Ich darf daran erinnern, dass der Planfeststellungsbeschluss in der Lärmberechnung darauf basierte, dass es lediglich 30 Millionen Passagiere und maximal 366 000 Flugbewegungen geben soll. Der nun vorliegende Masterplan 2040 sieht dagegen bis zu 58 Millionen Passagiere und über 400 000 Flugbewegungen pro Jahr vor.

Wir sehen - wie viele Lärmbetroffene der Flughafengemeinden - den Masterplan 2040 daher nicht als Hoffnung, sondern ein Stück weit auch als Drohung an, und wir befürchten insbesondere - das hat Herr Loehr ebenfalls ausgeführt -‚ dass in einen defizitären Flughafen BER am Ende immer noch mehr Geld hineingesteckt werden muss. Noch größer wird das Defizit allerdings werden, wenn neben dem BER auch noch Tegel mit halbierter Kapazität - das waren die Aussagen von Herrn Lütke Dal-drup am vergangenen Freitag vor dem BER-Untersuchungsausschuss im Abgeord-netenhaus - erhalten bleibt.

Gott sei Dank, sage ich, haben sich Berlin und Brandenburg bislang nicht zum Mas-terplan bekannt. Aber dem Versuch der FBB, ihn scheibchenweise umzusetzen, um so ein Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und neuer UVP zu vermeiden, wird allerdings seitens des lnfrastrukturministeriums bislang nichts ent-gegengesetzt. Ganz im Gegenteil wurde Frau Schneider im BER-Ausschuss bisher nicht müde zu betonen, dass sie den Masterplan offiziell noch gar nicht kenne und er von daher auch in ihre Entscheidungsfindung bei Genehmigungsverfahren bzw. jene der Genehmigungsbehörden überhaupt nicht einfließen könne.

Die CDU hat durchaus recht, wenn sie mit ihrem Antrag kritisiert, dass eine umfas-sende finanzielle, kapazitative, infrastrukturelle und landesplanerische Bewertung des Masterpians durch die Landesregierung ebenso wenig vorliege wie detaillierte Aussagen zu dessen genereller Realisierbarkeit. Die Antwort darauf kann aber doch nicht sein, Tegel offen zu lassen und damit weiter hunderttausende Menschen im Berliner Metropolengebiet ad infinitum dem Fluglärm auszusetzen.

(Beifall B90/GRUNE)

Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass der Luftverkehr in der Region überdurchschnittlich wächst, muss die kurzfristige Antwort doch sein, zwar den Standort Schönefeld so schnell wie möglich zu ertüchtigen, damit die für das Jahr 2020 benötigten Kapazitäten abgedeckt werden können,

(Genilke [CDU]: Das machen wir doch!)

aber alle Anreize für eine zusätzliche Nachfrage zu vermeiden: keine großzügigen Rabattierungen mehr für neue oder größere Fluggesellschaften!

(Beifall B90/GRÜNE)

Mittel- und eigentlich auch schon kurzfristig brauchen wir die Verlegung des inner-deutschen Flugverkehrs auf die Schiene und so bald wie möglich auch den des mit-teleuropäischen Verkehrs, insbesondere nach Polen. Die Flughafengesellschaft be-treibt jedoch das Gegenteil. Von Kooperationen oder Verlagerungen von Luftverkehr auf umweltfreundliche Verkehrsmittel ist hier nicht die Rede. Stattdessen werden die jährlichen Wachstumszahlen im Luftverkehr mit Stolz präsentiert, als gelte es, den Wettbewerb um den meisten Flugverkehr zu gewinnen. Wenn das so weitergeht, ist das ein Irrweg. Wenn der BER 2020 nicht fertig wird, hat sich Ihr Antrag übrigens ohnehin erledigt. Das war ja noch ein Schlenker von Ihnen, Herr Genilke. Wir halten den Antrag jedenfalls generell für verfehlt und lehnen ihn daher ab. - Recht herzli-chen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Dannenberg [DIE LINKE])

Vizepräsident Dombrowski:

Entschuldigung, ich habe eine Zwischenfrage übersehen. Würden Sie diese noch zulassen?

Vogel (B90/GRÜNE):

Aber sicher, von Herrn Dr. Redmann gern.

Vogel (B90/GRÜNE):

Herr Dr. Redmann, Sie haben es selbst dargestellt: Der internationale Tourismus wächst, und wir verzeichnen mit Sicherheit auch in Berlin zunehmende Reisendenzahlen aus Japan, China und übrigens auch aus Indien. Es ist davon auszugehen, dass sich möglicherweise noch mehr Menschen - auch aus anderen Ländern der Welt - dies leisten können. Aber Sie wissen auch, dass weder BER noch Tegel momentan in größerem Ausmaß Interkontinentalflüge abfertigen, sondern das Normale ist, dass Flugverbindungen von China, Indien, Nordamerika usw. nach Frankfurt am Main oder nach München existieren und dort umgestiegen wird, wenn man nach Berlin möchte, und dafür ist der Schienenverkehr doch optimal geeignet.

(Dr. Redmann [CDU]: Nach Tegel?)

Ich bin erst neulich tatsächlich in unter vier Stunden mit dem ICE von Berlin nach München gefahren. Die Bahn wird ihre Sprinterangebote ausweiten.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Redmann [CDU])

Sie sollte diese vielleicht auch noch zwischen Frankfurt am Main und Berlin ausweiten. Dann, denke ich, haben wir das Problem ganz schnell gelöst. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)