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Ursula Nonnemacher spricht zum Bericht der Landesregierung „Stand der Umsetzung des Landtagsbeschlusses ‚Humanitäre Hilfe für besonders schutzbedürftige Yezidinnen und Yeziden des Irak‘ vom 16.12.2016“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Fast ein Jahr ist es nun her, seit sich der Landtag mit großer Mehrheit für ein Landesaufnahmeprogramm hauptsächlich für Frauen, die Opfer kriegerischer oder sexualisierter Gewalt durch den sogenannten Islamischen Staat, IS, im Nordirak geworden sind, ausgesprochen hat.

Nicht ein Quäntchen an Aktualität hat der Antrag seitdem eingebüßt, jedoch lässt seine Umsetzung weiter auf sich warten. Die Betroffenen, ganz überwiegend junge Frauen, waren oder sind oft monatelang Gefangene des IS, wurden als Sexsklavinnen verkauft. Noch immer befinden sich gut 3000 Menschen der Minderheit der Yeziden in der Gewalt des IS, überwiegend Frauen und Jungen. Auf der Flucht oder in den Flüchtlingslagern, in welchen viele nach ihrer Befreiung leben, können weder seelische noch körperliche Wunden behandelt werden, gesellschaftlich sind die Frauen oft Ausgestoßene.

„Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es.“, lautet Erich Kästners Gedicht „Moral“ und trifft in wenigen Worten den Kern der Frage. Bezugnehmend auf unseren Landtagsbeschluss aus dem letzten Dezember müssen den Worten endlich Taten folgen. Ich kann nicht leugnen, dass wir uns hier mehr Aktivitäten seitens der Landesregierung gewünscht hätten. Wir erkennen aber auch an, dass sich die Landesregierung auf schwierigem Terrain bewegt.

So ist es durchaus anzuerkennen, dass die Landesregierung versucht hat, die Möglichkeiten für ein Aufnahmeprogramm auf Bundesebene auszuloten oder Allianzen mit anderen Bundesländern für ein gemeinsames Programm zu schmieden. Auch ignorieren wir die derzeitige komplizierte politische Realität im Nordirak und die Aufnahmevoraussetzungen des für die Visaerteilung letztendlich zuständigen Auswärtigen Amtes nicht, die es der Landesregierung bei der Umsetzung des geplanten Programmes nicht eben leichtmachen. Doch allein diese Umstände dürfen nicht als Entschuldigung dienen. Die Situation der von kriegerischer und sexueller Gewalt durch den IS betroffenen Frauen bleibt weiterhin überaus prekär. Das, was uns möglich ist, sollten wir im Sinne der Betroffenen auch unbedingt weiterverfolgen.

Wir haben zu diesem Zweck den vorliegenden gemeinsamen Entschließungsantrag eingebracht, der einmal mehr die für uns essentiellen nächsten Schritte unterstreichen soll. Wir halten es für einen gangbaren Einstieg in eine Umsetzung des Beschlusses, zunächst Frauen, die sich bereits auf den griechischen Inseln befinden und die Opfer von kriegerischer und sexualisierter Gewalt durch den IS geworden sind, unsere Hilfe anzubieten. Geht man dabei von den im Bericht der Landesregierung genannten 40 Frauen zusammen mit ihren Kindern aus, wären das etwa hundert Menschen, für die wir zunächst Unterbringung und soziale und medizinische Versorgung organisieren würden. Eher heute als morgen sollte die Landesregierung daher mit geeigneten Kommunen in Kontakt treten und sich einen Überblick über medizinische und therapeutische Ressourcen verschaffen. Zügige Stellenaus-schreibungen zur Umsetzung des Programms und Richtlinien für eine Auswahl Betroffener stehen mit Dringlichkeit auf der Agenda.

Bei all den genannten Schritten sollte es unser oberstes Ziel bleiben, Betroffenen direkt aus dem Nordirak aufzunehmen, denn sie haben die geringsten Chancen auf Hilfe vor Ort und die geringsten Möglichkeiten zur Selbsthilfe.

Darüber hinaus wird die Umsetzung unseres Aufnahmeprogrammes weiterhin von anderen Bundesländern, namentlich derzeit Berlin, mit großem Interesse verfolgt. Hier erwarten wir, dass sich die Landesregierung auch zukünftig ins Benehmen mit anderen Ländern setzt, um gemeinsame Wege einer Aufnahme von Frauen direkt aus dem Nordirak zu finden.

Wir bedauern es sehr, dass sich die CDU-Fraktion dem Entschließungsantrag dieses Mal nicht angeschlossen hat, war sie doch bisher ein starker Bündnispartner für die, die wenig Lobby haben: die misshandelten Frauen.

Papier ist geduldig, aber wir Abgeordnete sind es nicht. Wie erwähnt erwarten wir nun Taten statt Worte. Das sind wir den betroffenen Frauen schuldig.