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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Extremismusklausel für Brandenburg einführen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Ein wenig erstaunt hat es mich schon, zu lesen, dass ausgerechnet Sie, die Damen und Herren von der AfD, ein Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlangen, denn eine sogenannte Extremismusklausel könnte schneller auf Sie zurückfallen, als Ihnen lieb ist. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, besagt ein altes – übrigens deutsches – Sprichwort.

Dass Empfänger staatlicher Gelder sich mit ihrem Handeln auf dem Boden unseres Grundgesetzes bewegen müssen, ist für uns selbstverständlich. Dies aber zusätzlich in einer zu unterzeichnenden Klausel von Mittelempfängern als Gesinnungsbekenntnis zu verlangen, halten wir für rechtlich problematisch und für politisch kurzsichtig.

1. Politisch begründen Sie Ihr Ziel mit der Bekämpfung von Linksextremismus. Die Problematik des Rechtsextremismus findet keine Erwähnung. Dies zeigt schon gleich zu Beginn Ihres Ansinnens, wo Sie eigentlich stehen: So weit rechts, dass Sie den Rechtsextremismus schon gar nicht mehr sehen. Insgesamt steigt die Zahl politisch motivierter Gewaltdelikte in Brandenburg seit Jahren stark an und hat sich laut der polizeilichen Kriminalstatistik innerhalb der letzten zwei Jahre sogar mehr als verdoppelt, von 108 auf 260 Fälle, in den Jahren davor hatte die Zahl sogar noch deutlich unter 100 Fällen gelegen. Dabei sorgt uns selbstverständlich auch der starke Anstieg der politisch motivierten Gewalt – links –, den es nicht zu beschönigen und unbedingt mit rechtsstaatlichen Mitteln zu adressieren gilt. Mit Abstand die meisten Gewaltdelikte waren allerdings durchweg bei der politisch motivierten Kriminalität – rechts –, großenteils davon mit fremdenfeindlichen Motiven, zu verzeichnen. Davon erwähnen Sie genau: Nichts. Diese ungleiche Wahrnehmung macht Ihren Antrag zutiefst unseriös.

2. Um welche Form der Extremismusbekämpfung es auch immer geht, die von Ihnen vorgeschlagene Extremismusklausel ist für den Zweck, dem sie dienen soll, völlig untauglich. In der Praxis sind geförderte Projekte an ihrem Handeln zu messen. Dieses muss doch mit unseren Grundwerten in Einklang stehen! Mit einer solchen Klausel lässt sich dies nicht erzwingen, stattdessen müssen die Förderziele für die zu finanzierenden staatlichen Programme verfassungsgemäß sein, woran sie auch gemessen werden.

3. Rechtlich ist die sogenannte Extremismusklausel ein echter Rohrkrepierer. Die in den letzten Jahren im Bund oder in den Ländern eingeführten Extremismusklauseln wurden fast durchweg wieder abgeschafft. Dabei spielten rechtliche Gründe eine wesentliche Rolle. Als schwerer grundrechtlicher Eingriff muss eine Extremismus- oder Bekenntnisklausel verhältnismäßig zum angestrebten Zweck sein. Dies betrifft insbesondere den schwerwiegenden Eingriff in die Meinungsfreiheit der betreffenden Person. Als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit darf das Recht auf freie Meinungsäußerung nur dann eingeschränkt werden, wenn aufgrund einer besonderen Beziehung oder Rechtsstellung diese Grundrechtsbeschränkung unerlässlich ist. Die betrifft etwa Beamten als unmittelbar dem Staat zur Loyalität Verpflichtete. Allein ein Zuwendungsverhältnis im Zusammenhang mit der Förderung eines Projektes staatlich geförderter Maßnahmen dürfte diesen schweren Eingriff nicht rechtfertigen.

Auch wenn die ursprüngliche von Familienministerin Kristina Schröder eingeführte „Extremismusklausel“ nach einem Spruch des Dresdner Verwaltungsgerichts mittlerweile in der Versenkung verschwunden ist und durch ein durch ihre Nachfolgerin Schwesig eingeführtes „Begleitschreiben“ ersetzt wurde, so bleibt für uns folgendes unabdingbar:

Der Kampf gegen Extremismus – und in Brandenburg ist und bleibt der Rechtsextremismus das mit Abstand gravierendste Problem – ist substanziell nur durch Demokratieförderung und Stärkung der Zivilgesellschaft zu gewinnen. Manchmal sind es in bestimmten Regionen erschreckend wenige Akteure, die sich überhaupt dieser schwierigen und bisweilen gefährlichen Aufgabe stellen – Berichte von Einschüchterungen, Repressalien bis hin zur offenen Gewaltanwendung gibt es reichlich. Deshalb sollte es unser Anliegen sein, bürokratische Hürden, rechtlich unbestimmte und misstrauensgeleitete Auflagen für diese Akteure auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken.

Der vorliegende Antrag versucht sich erneut in Legendenbildung zu Extremismusphänomenen: er stilisiert den Linksextremismus zu Brandenburgs führendem Problem, will die Problematik der Schröderschen Extremismusklausel nicht verstehen und lenkt von verfassungsfeindlichen Tendenzen in den eigenen Reihen ab.