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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der CDU-Fraktion „Rechtsfrieden für Altanschließer in Brandenburg“

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Prof. Brüning hat uns letztes Jahr prophezeit, es werde reichlich Klagen geben, egal, was man mache. Er hat leider Recht behalten. Nachdem sich bisher Verwaltungsgerichte, das Landesverfassungsgericht und das Bundesverfassungsgericht mit dem Themenkomplex der Beitragszahlungen für den Anschluss an Anlagen zur Versorgung mit Wasser oder zur Entsorgung von Abwasser beschäftigt hatten, liegt uns seit wenigen Tagen auch ein Landgerichtsurteil in dieser Sache vor. Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat einem Kläger nach dem in Brandenburg fortgeltenden Staatshaftungsrecht der DDR Recht gegeben, dass der von ihm erhobene Beitrag durch den Zweckverband zurückzuzahlen sei.

Ich habe letztes Jahr bei diesem Themenkomplex von einer gewissen Tragik des Rechtsstaates gesprochen; denn sowohl die Aufgabenträger in den Zweckverbänden und Kommunen als auch auf Landesebene konnten bis zum Bundesverfassungsgerichtsurteil darauf verweisen, dass sie sich in ihrem Handeln treu an die höchstrichterlichen Vorgaben gehalten hätten.

Mit dem vorliegenden Urteil des Landgerichtes Frankfurt (Oder) und den angekündigten Klagen der Zweckverbände gegen das Land Brandenburg nach Staatshaftungsgesetz der DDR nimmt diese Tragik neue Formen an. In der Zwickmühle scheinen jetzt auch die Zweckverbände zu stecken, die einerseits diese Beiträge zurückzahlen müssen; andererseits sind die Beiträge für die Verwaltungsgerichte weiterhin vorhanden und müssen gebührenmindernd aufgelöst werden. Mir scheint, wir laufen hier auf ein bedrohliches Szenario zu, bei dem nur sicher ist, dass die Gerichte und Rechtsanwälte weiterhin gut zu tun haben werden. Am Ende wird sicherlich wieder das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Staatshaftung entscheiden müssen.

In dieser Situation legt nun die CDU-Fraktion einen Antrag vor, der mit seinem Titel suggeriert, Rechtsfrieden schaffen zu können, aber auch keine nachhaltigen Lösungen bieten kann. Im ersten Beschlusspunkt fordert die CDU, das Darlehensprogramm auch auf bestandskräftige, rechtswidrige Beitragsbescheide auszuweiten. In der Folge würden damit den betroffenen Aufgabenträgern weitere Belastungen entstehen, ohne dass klar ist, wie diese refinanziert werden können. Nach Lage der Dinge erscheint eine Refinanzierung dieser Beiträge durch Gebühren nicht möglich. Dann müsste die Darlehensrückzahlung folglich durch die Kommunen selbst erfolgen und würde deren Haushalte belasten. Hier droht in Zukunft also eine deutliche Erhöhung der kommunalen Schulden.

Der zweite Beschlusspunkt hat für die Schaffung von Rechtsfrieden gar keine Bedeutung. Zum einen wird zum wiederholten Male der CDU-Vorschlag zur Einführung von Musterverfahren im Kommunalabgabenrecht aus der Schublade geholt. Dazu hat sich unsere ablehnende Haltung nicht geändert; denn ein befriedender Effekt durch Musterklagen ist nicht zu erwarten, da bei verlorenen Musterverfahren individuell weitergeklagt werden kann und wird.

Den weiteren Punkt des CDU-Antrags, das Kommunalabgabengesetz zu überprüfen, halten auch wir für dringend erforderlich und zweckmäßig. Dieser Antrag schließt sich damit auch an den gestern diskutierten Antrag der Koalitionsfraktionen zur Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge an. Ich betone hier gerne noch einmal, dass unser Gesetzentwurf für eine planbare und bürgerfreundliche Gestaltung von Kommunalabgaben immer noch im Ausschuss für Inneres und Kommunales liegt und schon im nächsten Plenum beschlossen werden könnte.

Bemerkenswert ist der last minute vorgelegte Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Der Unterschied zum Punkt 1 des CDU-Antrags ist marginal, konterkariert die Beschlüsse, die wir aus dem Brüning-Gutachten gezogen haben, und verschiebt Probleme auch wieder in die Zukunft. Die Frage, wie die Refinanzierung der Einrichtungen der Daseinsvorsorge rechtssicher stabilisiert werden kann, bleibt damit weiterhin unbeantwortet. Natürlich müssen die Hilfsprogramme zügig ausgezahlt werden; dafür sind wir selbstverständlich auch. Aber der Stein der Weisen ist dieser Antrag wahrlich nicht. Wir werden uns enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)