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Ursula Nonnemacher spricht zum gemeinsamen Antrag mit den Fraktionen SPD und DIE LINKE „Zugang zum gesundheitlichen Versorgungssystem und zu Angeboten der psychosozialen Unterstützung für Flüchtlinge im Land Brandenburg“

>>> Antrag: Zugang zum gesundheitlichen Versorgungssystem und zu Angeboten der psychosozialen Unterstützung für Flüchtlinge im Land Brandenburg (pdf-Datei)

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Wir sind froh, dass wir jetzt gemeinsam mit Rot-Rot die gesundheitliche Situation von geflüchteten Menschen anpacken können. Denn wir fragen uns schon lange, wie es den Menschen gesundheitlich geht, die zu uns vor Krieg, staatlich organisierter Gewalt, politischer oder religiös motivierter Verfolgung geflohen sind. Die zusätzlich zu den schrecklichen Ursachen ihrer Flucht oft Schlimmes während der Flucht erlebt haben. Mit Hunger und Durst, mit der Trennung von Familienangehörigen oder der Drangsalierung durch kriminelle Schlepperbanden. Wie geht es den Menschen, die eine existentielle Angst um das eigene Leben und das Leben ihrer Kinder aushalten mussten? Und wie geht es den Frauen und Mädchen, denen sexualisierte Gewalt angetan wurde? Dieser gemeinsame Antrag macht deutlich: Ihre Leiden lassen uns nicht kalt. Wenn wir können, helfen wir. Auch wenn es so ist wie in diesem Fall, indem wir uns einem Antrag anschließen, nachdem unser eigener, inhaltlich sehr ähnlicher Antrag, vor fast genau einem Jahr abgelehnt wurde.

Unsere gesamte Gesellschaft fußt auf dem Versprechen der Chancengleichheit – wir Bündnisgrüne finden, die muss auch für Flüchtlinge gelten. Die Bundesregierung dagegen behandelt Flüchtlinge wie Menschen zweiter Klasse, die nur auf ein stark eingeschränktes Leistungsangebot der Krankenkassen zurückgreifen dürfen. Dieser Sicht hat das Land Brandenburg zum Glück etwas entgegengesetzt, indem es in die Gesundheitskarte investiert hat, die Behandlungen insgesamt gesehen humaner, besser und günstiger macht. Wir können hier aber noch mehr tun, um bestehende Ungerechtigkeiten abzumildern, und darauf basiert dieser Antrag.

Am Anfang muss eine ehrliche Bestandsaufnahme stattfinden. Die Antworten auf unsere Große Anfrage zum Landesintegrationskonzept sind dabei eine große Hilfe. Sie geben Hinweise auf die Versorgungsnotwendigkeiten für geflüchtete Menschen, den Handlungsbedarf bei den Zugangsmöglichkeiten zu bereits bestehenden Gesundheitsangeboten und die Notwendigkeit, die Menschen, die in der Gesundheitsversorgung arbeiten, für die Behandlung von Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen fit zu machen.

Wenn wir die zu uns geflüchteten Menschen so schnell wie möglich in die gesundheitliche Regelversorgung einbeziehen wollen, denn das ist humaner und medizinethisch richtig, müssen wir in die Kooperation und die Vernetzung mit der Kassenärztlichen Vereinigung, der Krankenhausgesellschaft und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst investieren. Wir brauchen sie als Partner*innen. Was nützt dem kranken geflüchteten Menschen die neu ausgereichte Karte, wenn die KV-Ärztin im Notdienst den Einsatz in der Gemeinschaftsunterkunft verweigert? Was nützt dem traumatisierten Flüchtling die gute Behandlung in der Krise durch die Psychiatrische Institutsambulanz, wenn es aber keine Angebote für die ebenso wichtige Nachsorge gibt? Wir benötigen klare Informationsangebote sowohl für die geflüchteten Menschen als auch für die Migrationssozialarbeiter*innen. Wir benötigen Sprachmittlung. Und wir sind weiterhin der Ansicht, dass wir auch eine solide finanzierte hochspezialisierte Behandlungsstelle für traumatisierte Flüchtlinge außerhalb Berlins benötigen.

Die gesundheitliche Versorgung der Menschen, die bei uns Schutz suchen, ist eine Herausforderung. Sie haben oft Schreckliches erlebt. Wir können jetzt entscheiden, ob wir ihnen weiterhin nur die notwendigsten Hilfen und die notwendige Versorgung zu kommen lassen. Oder ob wir jetzt mit einem Konzept zum „Zugang zum gesundheitlichen Versorgungssystem und zu Angeboten der psychosozialen Unterstützung für Flüchtlinge“ vorausschauend die Weichen für eine humane Integration in unser Gesundheitssystem stellen.

Der Antrag wurde angenommen.