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Marie Luise von Halem spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz über Brandenburgische Kulturstiftung Cottbus-Frankfurt (Oder)“

- Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede]

Alles wird gut. Schneewittchen und der Prinz heiraten und die böse Königin gibt es in unserem Märchen nicht.

Vielleicht ist es ein bisschen unfair, das Frankfurter „Museum Junge Kunst“ als Schneewittchen zu bezeichnen. Schön ist es zwar unbestritten: In über 50 Jahren haben die jeweiligen Leiter des Hauses bzw. die langjährige Leiterin Prof. Dr. Brigitte Rieger-Jähner einen Schatz von über 11.000 Kunstwerken zusammengetragen, und unter wirklich unglaublich hohem, auch persönlichem Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat das Museum national Aufmerksamkeit erzielt, obgleich die Rahmenbedingungen insbesondere in den letzten Jahren alles andere als leicht waren und lange keine Lösung für ein Überleben des Hauses in Sicht schien. Trotzdem: Wie Schneewittchen im Sarg gelegen hat es nie.

Aber wie auch immer: Jetzt stolpert der Diener, Schneewittchen fällt, damit purzelt das vergiftete Apfelstückchen aus dem Mund der Prinzessin und sie erwacht zu neuem Leben: Die Frankfurter Kunstsammlung erhält die große Chance, ihre Schönheit und ihren Reichtum weiter zur Entfaltung zu bringen. Und der Prinz gleich mit, denn auch für das Cottbuser Dieselkraftwerk weitet sich mit dieser Fusion der Horizont: Die Sammlungen sind wohl inhaltlich weitgehend komplementär, und mit gebündelter Verwaltung, gemeinsamem Marketing und – last not least – erheblich gestiegenen Landesmitteln lässt sich die Zukunft erfolgversprechender gestalten.

Überhaupt: Das Land investiert mit diesem Gesetz ab 2018 jährlich 450.000 €. Dass Kunst und Kultur im süd- und ostbrandenburgischen Raum so unterstützt werden, dass das Ministerium erkennt, welch großartigen Kunstschatz wir da in Ost- und Südbrandenburg haben, ist eine großartige Sache - das darf hier auch aus der Opposition heraus mal so formuliert werden!

Es stimmt auch optimistisch, dass es für gut gelingende Museumsfusionen in der bildenden Kunst mehrere aktuelle Beispiele gibt, das zeigt uns z.B. Ingrid Mössinger in Chemnitz und es beweisen auch die Staatlichen Museen in Mecklenburg-Vorpommern, unter deren Dach die Häuser Schwerin, Ludwigslust und Güstrow mit jeweils sehr starken Kunstsammlungen ganz unterschiedlichen Charakters zur Ausstrahlung kommen.

Der Tag der Fusion ist somit ein guter Tag für die beiden Häuser mit ihren insgesamt gut 35.000 Kunstwerken und auch für die Bildende Kunst in Brandenburg ganz allgemein.

Trotzdem: In der konkreten Ausgestaltung gibt es dann doch ein paar Merkwürdigkeiten. Zum Beispiel, mal abgesehen von den doch recht umfangreichen operativen Kompetenzen des Stiftungsrates gegenüber dem Vorstand: Es soll einen Fachbeirat geben, der mindestens zweimal jährlich tagt und vom Stiftungsrat auch außerordentlich einberufen werden kann. Aufwandsentschädigungen gibt es für diese Tätigkeit aber nicht. Welche – noch dazu international erfahrenen – Fachleute werden sich dafür gewinnen lassen? Oder: Viele öffentlichen Museen haben als Stiftungszweck definiert, ihre Sammlungen zu erhalten. Hier aber kann der Stiftungsrat die Veräußerung von Kunstwerken beschließen. Soll damit ein niedriger Ankaufsetat ausgeglichen werden? Nur – wer wird dann der Stiftung noch eine Schenkung zukommen lassen, wenn befürchtet werden muss, dass diese bei nächster Gelegenheit veräußert wird?

Wie sich die Zukunft gestalten wird, ob die Ressourcen auch einen vernünftigen Ankaufsetat beinhalten, der es den Häusern ermöglicht, die Lücken in ihren Sammlungen zu schließen und neue Entwicklungen abzubilden, das ist heute noch offen.

Was aber schon jetzt durchaus eine Anregung sein kann, ist, ein Netzwerk an guten Ausstellungsmöglichkeiten zu stricken. Geeignete Räume brauchen wir vor allem in Frankfurt, denn vor allem Frankfurt soll auch von der eigenen Sammlung profitieren! Wenn aber darüber hinaus perspektivisch neben Sammlungen wie in Beeskow z.B. auch leerstehende Orte wie die Kunsthalle Brennabor in Brandenburg an der Havel mit in das Blickfeld des dezentralen Landesmuseums geraten könnten, dann wäre das aus meiner Sicht sehr erfreulich!

So – für Glückwünsche ist es noch ein bisschen früh, jetzt kommt erstmal Anhörung und zweite Lesung, aber auf das Gelingen freue ich mich heute schon.