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Michael Jungclaus spricht zum Bericht der Landesregierung „Wachstumschancen für das ganze Land Brandenburg nutzen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Gäste,

im September 2016 sahen sich die Fraktionen von SPD und LINKE genötigt, ihre eigene Landesregierung dazu aufzufordern:

den Landesentwicklungsplan, die Mobilitätsstrategie, die Stadtentwicklung sowie die Regionalen Wachstumskerne so aufeinander abzustimmen, dass alle Landesteile ihre Stärken weiter ausbauen und Defizite abgebaut werden können.

Und auch wenn sich dies erst einmal wie eine Selbstverständlichkeit liest, hat die Landesregierung nun über ein Jahr dazu gebraucht, sich selbst zu bescheinigen, ihr stünden - Zitat: „gute, auf die Zukunft ausgerichtete Strategien und Konzepte zur Verfügung“ – und nun käme es nur noch darauf an, diese schrittweise umzusetzen.

„Strategien“ und „Konzepte“ – kann ich aus dem Mund der Landesregierung langsam nicht mehr hören denn in Brandenburg werden diese Begriffe mehr und mehr zum Synonym dafür, der Entwicklung im Land hinterherlaufen, anstatt sie zu gestalten.

Und so ist es dann auch nur eine Randnotiz, dass die Nachbesserungen zum LEP erst nach dem Erscheinen des Berichts erfolgt sind und damit in diesem auch nicht auftauchen. Wie beispielsweise die vier zusätzlichen Mittelzentren.

Diese Erweiterung ist ohnehin nur ein schwacher Trost angesichts der Tatsache, dass die Landesregierung sich weiterhin weigert, die Abschaffung der Grundzentren zurückzunehmen.

Auch wenn wir interessiert vernommen haben, dass Ralf Christoffers gestern ankündigte, die Worthülse „Grundfunktionale Schwerpunkte“ nun doch mit konkreten finanziellen Mitteln zu unterfüttern.

Man hätte natürlich auch einfach, wie von uns gefordert, die Grundzentren wieder einführen können. Denn etwas anderes wäre dies ja nicht.

Aber vielleicht kann man es Ihnen nach der misslungenen Kreisreform nicht zumuten noch einmal eine 180°-Wende hinzulegen.

Sei es drum – entscheidend ist, dass die ländlichen Kommunen auch jenseits von Mittelzentren gestärkt werden. Wie Sie das nennen, ist sekundär.

Beim zweiten Teil des Berichts – Stadt- und Wohnungspolitik nehmen wir zur Kenntnis, dass die Wohnraumförderung angepasst wurde. Und dass Lösungen gefunden wurden, die Belegungsbindung zu verlängern. Nur, warum fehlen im Bericht überall konkrete Zahlen, auch zu diesem Thema?

Was ist so schwer daran, dies transparent aufzulisten?

Wie beispielsweise bei den mietpreisgebundenen Wohnungen. Noch 2014 waren wir bei knapp 60.000. Inzwischen sind wir bei etwa 40.000, und wenn wir nicht gegensteuern, dann werden es Anfang der 2020er Jahre nur noch 20.000 sein.

In ihrem Bericht kein Hinweis dazu. Gut daher, dass wir uns im Rahmen einer Anhörung zum Thema „Stadtentwicklung und Wohnen“ intensiver austauschen werden.

Apropos Anhörung – und damit zum dritten Teil des Berichts – der Mobilität:

Letzte Woche hatten wir ja die Anhörung zum Landesnahverkehrsplan. Nicht erst seitdem häufen sich bei uns Berichte über unerträgliche Zustände in den Zügen oder an den Bahnhöfen. Da ist dermaßen viel Druck im Kessel, dass man feststellen muss: In Anbetracht der Zustände, mit denen Pendlerinnen und Pendler jeden Tag konfrontiert sind, ist die Mobilitätsstrategie das Papier nicht wert, auf dem sie steht.

Nehmen wir die Verbesserungen vom Anteil des umweltfreundlichen Verkehrs.

Würden Sie jemanden, so wie sich die Lage aktuell auf vielen Strecken gestaltet, ernsthaft dazu raten, das Auto stehen zu lassen und die Bahn zu nutzen?

Und mit dem Entwurf zum Landesnahverkehrsplan ist die Katze ja jetzt aus dem Sack: Bis Dezember 2022 wird es keine oder nur geringfügige Verbesserungen im Regionalverkehr geben.

Wir erwarten, dass Sie schon vorher etwas verbessern. Sie müssen ebenfalls an die bestehenden Verkehrsverträge ran und entsprechend finanzielle Mittel bereitstellen.

Und auch zum letzten Punkt des Berichts - den Regionale Wachstumskernen - wird Sie unsere Position nicht überraschen: Sie bleiben nach wie vor den Beweis schuldig, ob deren positive Entwicklung tatsächlich auf den RWK-Prozess zurückzuführen ist. Eine echte Evaluation - Fehlanzeige. Nach wie vor existiert kein belastbares Modell auf Ebene einzelner Regionen. Die Förderpolitik des Wirtschaftsministers gleicht hier also dem Blick in die Glaskugel.

Ministerin Schneider, für alles Genannte sind Sie nicht allein verantwortlich und ich anerkenne Ihre Bemühungen, die Landesplanung, die Mobilität, die Stadt- und Wohnungspolitik voranzubringen.

Nur wir müssen leider festhalten: Ohne Ihren Finanzminister bei diesen Themen zu deutlichen Schritten zu bewegen, ähnelt es im Ergebnis der Formulierung im Arbeitszeugnis: „Frau Schneider zeigte sich stets bemüht.“

Und das wird vermutlich nicht Ihr selbstgestellter Anspruch sein. Vielen Dank!