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Benjamin Raschke spricht zu unserem Antrag „Die Internationale Naturausstellung Lieberoser Heide als überregional bedeutsames Projekt anerkennen und fördern“

>> Antrag „Die Internationale Naturausstellung Lieberoser Heide als überregional bedeutsames Projekt anerkennen und fördern“ (pdf-Datei)

Vielen Dank Frau Präsidentin! Sehr geehrte Gäste! Liebe Follegin»en und Kollegen! Schön, dass Sie noch Geduld und Konzentration haben. - Die Frage war hier: Was machen Sie eigentlich mit einem ehemaligen Truppenübungsplatz? Was machen Sie mit einem riesigen Gelände, auf dem erst die Nazis und dann die Sowjets bzw. Russen gewütet haben, auf dem die gesamte Natur kaputtgefahren wurde oder wild vor sich hinwucherte und das Normalsterbliche gar nicht betreten durften? Was machen Sie damit? Diese Frage stellen wir uns in Brandenburg ziemlich oft - die Landesregierung hat dazu ja den Konversionssommer durchgeführt -‚ und sie stellte sich auch im Süden des Landes Brandenburg, in der Lieberoser Heide.

Die Menschen dort haben etwas sehr Erstaunliches, etwas sehr Beeindruckendes getan: Sie haben den Blick auf die Dinge geändert. Sie haben nicht gesagt: „Wir jammern weiter", sondern: Wir schauen, was es Gutes gibt, wo die Chancen liegen. Und davon gibt es eine ganze Menge.

In der Lieberoser Heide ist eine beeindruckende Flora und Fauna vorzufinden. Wenn Sie in Brandenburg einen Elch sehen wollen, fahren Sie dorthin; Sie haben gute Chancen. Wenn Sie einen Seeadler sehen wollen, haben Sie fast schon die Garantie, einen zu erspähen. Und wenn Sie einen hübschen Wiedehopf sehen wollen - ich weiß nicht, ob sie ihn sehen, aber sie werden ihn an jeder Ecke riechen.

(Vogel [B90/GRUNE]: Riechen?)

- Ja, die stinken unglaublich.

(Heiterkeit der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Wer eher ein Pflanzenfreund ist: Es gibt dort wunderschöne seltene Orchideen, und natürlich ist vor allem die Heide in der Heideblüte sehenswert. Wenn Sie es nicht so mit Flora und Fauna haben, sondern jemanden in der Fraktion haben, den Sie lieber in die Wüste schicken wollen: Auch das ist bei fast 500 Hektar Wüstenlandschaft möglich.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Im August, wenn die Sonne richtig brütet, fühlt sich das auch an wie eine richtige Wüste. Rundherum gibt es wunderschöne Dörfer, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Gasthäuser - insgesamt ein Paket, nach dem sich die Großstadtmenschen,-so richtig sehnen

Aus diesem neuen Blickwinkel ist die I.N.A. entstanden, die Idee, dass Menschen aus aller Welt kommen, um sich das anzuschauen, ähnlich wie bei einer Landesgartenschau, nur dass hier nicht die Landschaft neu gestaltet wird, sondern man zu-sieht, wie sich die Natur verändert. Menschen aus aller Welt kommen und schauen - ähnlich wie bei der Internationalen Bauausstellung - der Transformation, dem spannenden Wandel zu.

Das Ganze wird von vielen Menschen unterstützt, unter anderem von Frau Tack, die einen Masterplan entwickelte, als sie noch Umweltministerin war. Am Ende ist an irgendeinem Küchentisch - ich weiß nicht, an welchem - die Idee entstanden, daraus eine internationale Naturausstellung zu machen. Ich weiß nicht, auf wen das zurück-geht, aber im Grunde ist das auch egal; denn inzwischen wird das von so vielen Menschen unterstützt und ist zu einem Gemeinschaftsprojekt geworden, dass es gar nicht mehr darauf ankommt, wer es erfunden hat. Das gehört für mich auch zu den besonderen Merkmalen dieses neuen Formats „Internationale Naturausstellung": das Miteinander, dass Sachen abgewogen werden, dass es von unten kommt, dass die Dynamik der Natur begutachtet und vor allem Wertschöpfung im ländlichen Raum betrieben wird. Das ist nicht nur so daher gesagt oder Träumerei, sondern es gab dazu eine Potenzialanalyse, eine E&E-Studie. Demnach ist zu erwarten, dass im ersten Jahr der Eröffnung 130 000 bis 250 000 und jedes weitere Jahr 50 000 Menschen kommen und sich das anschauen. Das birgt ein Potenzial von über hundert Arbeitsplätzen in sich - in einer sonst strukturschwachen Region.

Diese Zahlen und die Analyse haben dem Ganzen natürlich noch einmal Schwung verliehen und dafür gesorgt, dass sich die Leute hineingekniet haben. Ein paar Pro-jekte sind auch schon umgesetzt worden. Es gibt zum Beispiel den Sukzessions-park; da stellen Sie sich hin und drehen sich im oder gegen den Uhrzeigersinn - das weiß ich jetzt nicht hier genau - und können sich anschauen, wie sich der Wald im Laufe der Zeit entwickelt hat. Moore wurden renaturiert und Munition beräumt - wunderba-re Projekte. Sie sehen schon: Ich bin ein Fan der l.N.A.; denn sie erfüllt vieles von dem, worüber wir gestern gesprochen haben: Tourismus, Wertschöpfung etc., und das alles im ländlichen Raum.

Dazu haben viele Menschen in der Region beigetragen; ein paar von ihnen sitzen auf der Gästetribüne. In den Behörden, Vereinen und Stiftungen wurde viel getan. Das Einzige, was bisher fehlte, war ein Ja von uns, ein Bekenntnis des Landes, eine symbolische Geste, dass auch wir wichtige und moralische Unterstützung leisten, natürlich auch, weil ganz andere Fördermittel angezapft werden können, wenn ein Projekt von großer Bedeutung ist. Das war fast das Schwierigste in der langen Ge-schichte der Internationalen Naturausstellung. Einige von uns sind seit Jahren dabei, einen fraktionsübergreifenden Antrag zu schmieden, um auf ein Ja zur I.N.A. hinzu-wirken. Mal ging es mit, mal ohne Geld; mal sollte es früher, mal später kommen - egal, heute legen wir das Bekenntnis zur I.N.A. ab, auch wenn es keinen fraktions-übergreifenden Antrag dazu gibt.

Wie das immer so ist: Ein solcher Erfolg hat viele Mütter und Väter, und ich möchte gern einmal sagen, wer aus meiner Sicht zum Gelingen beigetragen hat, dass wir heute das Bekenntnis des Landes bekommen werden. Frau Tack hatte ich schon erwähnt. In erster Linie war es Minister Vogelsänger, der sehr früh und sehr klar gesagt hat, mit ihm gebe es das nicht, mit ihm gebe es keinen einzigen weiteren Quad-ratmeter Wildnis in diesem Land. In ein ähnliches Horn blies auch Kollege Wolfgang Roick, der mit seinem Solarpark eigene Wertschöpfung in der Region angestoßen hatte. Aber auch er war der Meinung, das ginge nicht. Beide sind doh über ihren Schatten gesprungen, beide haben sich konstruktiv an der Debatte beteiligt und mit

dem Landesforst und der Wildnisstiftung eine Lösung gefunden - das sogenannte Ringkonzept -‚ die es am Ende ermöglichte, alles unter einen Hut zu bekommen. Dafür gebührt ihnen großer Respekt.

Auch dazu beigetragen hat Kollegin Sylvia Lehmann. Auch sie hat sich hinter den Kulissen in der Region sehr dafür eingesetzt.

(Der Abgeordnete Roick [SPD] meldet sich zu einer Kurzintervention)

- Intervention oder Frage? - Intervention, gut.

Frau Lehmann hat sich nicht nur hinter den Kulissen eingesetzt, sondern hat es auch immer wieder geschafft, das Thema in die Presse zu bringen, zum Beispiel auch gestern wieder. Gut, geschenkt, dass es bei der ganzen Geschichte in aller Regel um den eigenen Beitrag von Sylvia Lehmann geht; das ist okay, es ist ja auch Bun-destagswahlkampf. In der Sache, liebe Kollegin Lehmann, soll mir das recht sein. Wenn Sie sich das jetzt mit voller Kraft zu eigen machen, kann es dieser Sache be-stimmt nicht schaden, also auch dafür ein Dankeschön.

(Frau Lieske [SPD]: Das hat sie schon vorher! - Frau Lehmann [SPD]: Schon seit Jahren!)

- Ja, schon seit Jahren, genau. Aber jetzt im Bundestagswahlkampf vielleicht mit voller Kraft.

Mein besonderer Dank geht vor allem an die Kolleginnen Roswitha Schier von der CDU und Anke Schwarzenberg von der Linken, die lange und beharrlich mit guten Argumenten im Hintergrund auf ein Bekenntnis hingewirkt haben. - Ihnen allen ein großes Dankeschön!

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt CDU und DIE LINKE sowie der Abgeord-neten Lieske [SPD])

Damit bekommen wir heute ein Bekenntnis des Landes, und das wird auch höchste Zeit. Die Trägergesellschaft der l.N.A. ist längst in Gründung, und dieses Ja ist drin-gend nötig, bedeutet aber auch, dass wir eine Verpflichtung eingehen: die Abgeord-neten im Raum - die erwähnten sind ohnehin schon dabei - und alle anderen, die daran mitwirken wollen. Insbesondere ist aber die Landesregierung verpflichtet, zum Gelingen beizutragen. Dazu gehört nicht, wie ich im Antrag von SPD und Linken ge-lesen habe, nur den Bau eines Radwegs oder eines Aussichtsturms zu fördern. Das ist gut; das brauchen wir. Aber das ist nicht der innovative Charakter, den wir brau-chen, um Menschen aus aller Welt in die Lieberoser Heide zu holen und zu sagen: So macht man das mit einem Truppenübungsplatz.

Kurzum: Wir bekommen jetzt das Ja zur I.N.A.; ich bin sehr zufrieden. Zeigen wir den Menschen aus aller Welt, wie man Wertschöpfung im Bereich Natur betreibt. Zeigen wir vielleicht können wir keinen Flughafen bauen, aber Natur - das können wir! - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRUNE)

Präsidentin Stark:

Vielen Dank. - Es ist eine Kurzintervention angezeigt worden. Herr Roick, Sie haben die Gelegenheit dazu.

Raschke (B90/GRÜNE):

Ja, doch, das möchte ich noch kurz machen.

Kollege Roick hat das ja noch einmal ausgeführt, und Sie sehen jetzt sozusagen, wie weit die Lager auseinander waren und wie gut es ist, dass man sich jetzt aufeinander zubewegt hat. Der Landesforst und die Wildnisstiftung haben eine Lösung gefunden, sodass es Entwicklung geben kann, obwohl dem Wildnischarakter Rechnung getragen wird. Selbstverständlich ist das, was Wolfgang Roick sagte, richtig und unterstreicht umso mehr, wie gut es ist, dass sich alle aufeinander zubewegt haben. Das ist ja auch die Qualität dieser INA, das Abwägen und das Miteinanderringen, damit es in der Region Wertschöpfung geben kann. - Danke sehr.

>> Antrag: „Die Internationale Naturausstellung Lieberoser Heide als überregional bedeutsames Projekt anerkennen und fördern“ (pdf-Datei)

Unser Antrag wurde abgelehnt, der Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen wurde angenommen.