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Axel Vogel spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz zu dem Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag“

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der Glücksspielpolitik - wenn von Politik überhaupt die Rede sein kann - laufen wir Gefahr, das Heft des Handelns völlig aus der Hand zu geben. Wir sind zunehmend getrieben von Gerichtsurteilen, EU-Vorgaben und letztendlich auch von der Glücksspielindustrie. Die Änderungen des Staatsvertrages sind ja, wegen schwebender EU- Vertragsverletzungsverfahren erforderlich, und wir müssen sie bis zum 31.12. dieses Jahres verabschieden - so war zumindest die Aussage der Landesregierung -‚ wenn wir nicht in ein EU-Vertragsverletzungsverfahren laufen wollen. Das Problem ist - das ist angesprochen worden -‚ dass,er möglicherweise gar nicht in Kraft treten wird, denn ein Bundesland allein reicht völlig aus, um diesen Vertrag zu blockieren. Und Schleswig-Holstein sieht offenkundig die Ablehnung, die ja bereits dort vom Landtag beschlossen wurde, als ein Druckmittel, um Fortschritte bei der Zulassung und Regulierung von lnternetglücksspielen zu erreichen. Deswegen kurz einige Sätze zu Prinzipien der Glücksspielregulierung:

Es gibt zwei Möglichkeiten, die eine habe ich in Südtirol in einem Gasthof gesehen. Dort hing ein Erlass der Regierung von Südtirol an der Wand, auf dem 55 verbotene Kartenspiele aufgelistet waren, woraus der Schluss gezogen werden kann, dass alle übrigen Kartenspiele erlaubt sind. Aber ich frage mich natürlich: Wie will ein Wirt erkennen, ob das Kartenspiel, das gerade gespielt wird, ein erlaubtes oder ein verbotenes ist?

In Deutschland sind wir einen etwas anderen Weg gegangen. Bei uns ist alles verboten, was nicht erlaubt ist. Das heißt, dass man eine Genehmigung braucht, die mit Auflagen verbunden ist, und das ist alles im Glücksspielstaatsvertrag und in den Ausführungsgesetzen der Länder geregelt. Da gibt es dann Lotto - kleine Lotteriespiele, große Lotteriespiele; es gibt die Klassenlotterie -‚ es gibt Pferdewetten, es gibt Sportwetten, es gibt Spielbanken, es gibt Spielhallen. Das ist alles gut, aber es ist nicht auseichend, denn wir leben nicht mehr in analogen Zeiten. Es ist eben nicht ausreichend zu regulieren, wie der Abstand zwischen zwei Spielhallen sein soll. Wir haben die Situation, dass es grenzenloses Glücksspiel durch das Internet gibt, sodass also jeder Mann, jede Frau ins Internet gehen und dann mit ausländischen IP-Adressen sein bzw. ihr Glück versuchen kann. Wir müssen feststellen, dass wir mit unserer Verbotspolitik hier gescheitert sind. Das ist ein komplett unregulierter Markt, der kontinuierlich wächst.

(Beifall CDU)

Er wächst pro Jahr um 30 %‚ laut Innenministerium von Schleswig-Holstein allein von 2014 zu 2015 um 430 Millionen Euro auf 1,165 Milliarden Euro. Das ist nun wirklich ein großes Problem. Es gibt Alternativen, und die sollten wir uns genau anschauen. Es gibt das dänische Modell - mit Lizenzierungen, mit Auflagen -‚ das dazu geführt hat, dass 90 % des Onlineglückspiels wieder in den regulierten Markt zurückgeholt werden konnten, verbunden mit wirksamem Spielerschutz und Suchtprävention. Ich denke, das sollten wir alles prüfen. Ich denke aber auch - und da ändere ich jetzt meine Position gegenüber der in der Beratung im Hauptausschuss -‚ dass wir diesem Vertrag jetzt zustimmen sollten. Er läuft bis 2021. Das ist genug Zeit, um in diesen 3 bis 4 Jahren tatsächlich auch zu einer vernünftigen Neuregelung zu kommen.

Wenn wir jetzt ablehnen und Schleswig-Holstein am Ende zeigt, dass es nur ein Druckinstrument wollen und nachträglich zustimmt, dann müssen wir uns wieder damit befassen. Ich glaube, das sollten wir uns ersparen. Der Vertrag ist zugegebener-maßen Flickschusterei. Es ist eine Notlösung, aber in der derzeitigen Situation auch unverzichtbar. - Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD)

Vizepräsident Dombrowski:

Danke. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Schröter.