Zum Inhalt springen

Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der CDU-Fraktion „Abwasserbeiträge - „Altanschließer“ nach Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gerecht behandeln“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

„Ich bin für die Probleme nicht verantwortlich und ich kann sie auch nicht lösen. Es wird reichlich Klagen geben, egal, was man macht!“

Mit etwa diesen Worten eröffnete Herr Prof. Brüning vom Lorenz-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität Kiel seinen Vortrag im Ausschuss für Inneres und Kommunales am 30.6. Die Anfertigung der Gutachten war lange Zeit misstrauisch beäugt worden; ich denke aber, dass Prof. Brüning durch seine kenntnisreichen und pointierten Ausführungen alle Zweifel an seiner Expertise zerstreuen konnte.

Brandenburg ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes in eine missliche Lage geraten, in der sich andere Bundesländer so nicht befinden. Dies liegt an der etwas eigentümlichen Rechtssprechung seines zuständigen Oberverwaltungsgerichtes, das das Entstehen einer sächlichen Beitragspflicht für Erschließungsanlagen mit dem Vorliegen einer rechtswirksamen Satzung seit 2007 auch auf Altfälle angewendet hat. Diese Anwendung des 2004 vom Landtag geänderten Brandenburgischen Kommunalen Abgabengesetzes wurde durch das Bundesverfassungsgericht als rechtwidrig erklärt, da es gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.

Man ist geneigt, bei der ganzen Angelegenheit von einer gewissen Tragik des Rechtsstaates zu sprechen. Sowohl die Aufgabenträger in den Zweckverbänden und Kommunen als auch die Landesebene kann darauf verweisen, dass sie sich in ihrem Handeln treu an die höchstrichterlichen Vorgaben gehalten haben. Die Vorgehensweise ist auch vom Landesverfassungsgericht Brandenburg in seinem Urteil vom November 2013 nicht beanstandet worden. In einer extrem schwierigen Materie, in der seit Jahren zwischen juristisch korrektem Vorgehen und dem Gerechtigkeitsempfinden der Betroffenen eine große Lücke klafft, ist für die Menschen noch mehr Unsicherheit entstanden. Der ideale Boden für Schuldzuweisungen, Rechthaberei, neues Ungerechtigkeitsempfinden und eine Sternstunde für die Freunde der einfachen Lösungen!

Der Kern der sehr vielschichtigen Materie besteht darin, dass nur die nicht bestandskräftigen Bescheide rückabgewickelt werden müssen und zwar von den kommunalen Aufgabenträgern. Diejenigen, die Rechtsmittel eingelegt haben, die Stundung beantragten oder die noch nicht veranlagt wurden, haben Glück. Bestandskräftige Bescheide müssen hingegen nicht aufgehoben werden. Oder, wie es der Gutachter treffend formulierte: „Der Ehrliche ist der Dumme.“

Ob es im Sinne einer politischen Lösung richtig ist, Ermessen im Sinne einer „Befriedung des Landes“ auszuüben und auch alle bestandskräftigen Bescheide aufzuheben, dies ist der Kern des CDU-Antrages und für die sehr ernsthafte Prüfung dieser Option hat sich auch meine Fraktion mehrfach ausgesprochen.

Der CDU-Antrag wählt vorsichtige Töne – das war nicht immer so. Da ist von „Handlungsempfehlungen“, Vorsorgemaßnahmen“ und „Unterstützung bei der Herstellung von Rechtsfrieden“ die Rede. Die CDU hat die von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Zweckverbände im Blick, die durch die verpflichtend zurückzuzahlenden Beiträge in Schieflage geraten werden. Dass die CDU das in Antragsform gießt, was wir uns alle vom zweiten Gutachten von Professor Brüning wünschen: nämlich einen Vorschlag, wie auch die Rückzahlung der bestandskräftigen Bescheide zu bewerkstelligen ist, das ist ihr gutes Recht.

Wir werden dem CDU-Antrag zustimmen. BVB/Freie Wähler dagegen haben die Rückerstattung der bestandskräftigen Bescheide mit enger Fristsetzung im Blick und lassen wie so oft bei diesem Thema differenzierte Töne vermissen.