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Marie Luise von Halem spricht zum Antrag der Fraktionen SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Qualitätsoffensive für die Verpflegung von Kindern und Jugendlichen“

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein voller Bauch studiert nicht gern. Das war natürlich der Grund, aus dem die Reihen hier zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes so leer waren. Sie sind damit natürlich vollends entschuldigt.

Aber das Gegenteil vom vollen Bauch, der nicht gern studiert, macht auch keinen Sinn: Wenn der Magen leer ist, funktioniert das Gehirn nicht richtig; denn der Blutzuckerspiegel muss ausgeglichen sein. Gegessen werden muss also mit Maß. Darüber hinaus - das brauche ich als Grüne hier eigentlich nicht extra zu betonen - muss das Ganze natürlich gesund sein - gesund für die Kinder und auch für die Umwelt, in der es produziert wird. Regional wäre natürlich auch nicht schlecht.

Gesundes Essen ist wichtig. Das haben wir jetzt schon von vielen Seiten gehört. Lebensweise und Esskultur werden in der Kindheit erlernt.

Wir reden schon sehr lange über dieses Thema. Wir haben bereits vor ziemlich genau einem Jahr in der Debatte über die Veränderung des Kindertagesstättengesetzes beantragt, dass die DGE-Standards verbindlich in das Gesetz aufgenommen werden. Das wurde von der Koalition damals leider abgelehnt.

Vor allem im Kita-Bereich, wo es so wichtig ist, dass es gesunde Ernährung gibt, wäre die Beachtung der DGE-Empfehlungen schon sehr hilfreich. Im Kita-Alter wird gelernt, wie Gemüse schmeckt, wie Obst schmeckt. Da brauchen wir eine Qualitätsoffensive, und zwar gemeinsam mit allen Beteiligten - den Eltern, den Kommunen, den freien Trägern und dem Land Brandenburg. Wir brauchen Kriterien für gesundes Essen in den Kindertagesstätten - dringend. Zu einer vernünftigen Kostenaufteilung müssen wir alle beitragen.

Ähnlich sieht es im Schulbereich aus. Wir haben schon mehrfach in die Debatte eingebracht, dass das Schulgesetz in § 113 dringend geändert werden muss. In diesem Paragrafen ist bisher nur festgelegt, dass die Schulträger im „Benehmen“ mit den Schulen Verpflegung anbieten müssen. Aus unserer Sicht muss das dringend in „Einvernehmen“ geändert werden. Viele Schulträger machen es schon freiwillig und sehr erfolgreich vor: Sie binden die Schulen ein. In den Schulen gibt es Probeessen; verschiedene Caterer werden eingeladen; mit den Schulkonferenzen wird darüber diskutiert, welche Standards man an der eigenen Schule haben will. Das ist ausgesprochen gut. Das tut auch der Partizipation und dem Schulklima gut. Letztlich hilft es den Kindern. Der Zuspruch zum Essenangebot ist in der Regel viel größer, als wenn diese Einbindung nicht stattfindet.

Es gibt aber auch Kommunen in diesem Land - einige -, die den Schulen einfach irgendein Essen vorsetzen. Da gibt es gar keine Diskussion. Über den Caterer entscheidet der Schulträger - und Punkt. Wie das funktioniert, ist eigentlich klar: schlecht.

Niemand will noch einmal einen solchen Lebensmittelskandal, wie er 2013 durch Erdbeeren ausgelöst wurde. Im Nachgang dieses Skandals hat es eine große Debatte gegeben, dabei ist es eigentlich schon lange klar: Das Essen wird zu lange warm gehalten, es gibt zu wenig Gemüse, zu viel Fleisch, und das Essen ist zu billig, um wirklich gesund sein zu können. Viele Einrichtungen und Caterer haben daraus gelernt, aber gutes Essen hat natürlich seinen Preis, und auch darüber müssen wir reden.

Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung leistet in diesem Zusammenhang eine hervorragende Arbeit. Ich habe mich sehr gefreut, in der Debatte zu hören, dass sich die Koalition verpflichtet - auch wenn es im Antrag noch nicht genau so formuliert ist -, die Vernetzungsstelle Schulverpflegung über 2017 hinaus zu finanzieren. Es gibt aber noch einen anderen Punkt. Es geht nicht nur um die Finanzierung der Vernetzungsstelle, sondern auch um die Ausweitung auf Kindertagesstätten, wie es zum Beispiel das Bündnis Gesund Aufwachsen schon seit längerer Zeit fordert. Ich denke, da sind dringend konkrete Schritte nötig.

(Einzelbeifall)

Das EU-Schulobstprogramm ist schon fast so etwas wie ein Dauerbrenner, seit ich dem Landtag angehöre. Bereits 2009 gab es eine Kleine Anfrage von Frau Richstein zur Anwendung des Schulobstprogramms.

(Frau Richstein [CDU]: Stimmt, seitdem werde ich vertröstet!)

Im Nachgang folgten vier mündliche Anfragen und drei Kleine Anfragen zu dem Thema. Seit 2009 wird geprüft, Ergebnis: nichts.

(Frau Richstein [CDU]: Ja!)

Aber ich versuche jetzt einmal, optimistisch zu sein: Nachdem die Koalitionsfraktionen die Initiative ergriffen haben, diesen Antrag einzubringen, dem wir uns gern anschließen, hoffe ich sehr, dass das jetzt vielleicht ein Indiz dafür ist, dass die jahrelangen Prüfungen auch einmal zu einem konkreten Ergebnis führen. - „Ein voller Bauch studiert nicht gern“ lässt sich nämlich ergänzen: „… und mit leerem Magen gibt’s nur Versagen“.

(Heiterkeit - Beifall B90/GRÜNE, vereinzelt SPD sowie des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

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Der Antrag wurde angenommen.