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Michael Jungclaus spricht zur Beschlussempfehlung zu unserem Antrag „Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch einführen – Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher herstellen“

>> Antrag „Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch einführen - Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher herstellen“ (pdf-Datei)

>> Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Europaangelegenheiten, Entwicklungspolitik und Verbraucherschutz (pdf-Datei)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich muss mich doch ein bisschen darüber wundern, Herr Schröder, wie Sie sich Etikettierungen vorstellen. Diese Vorstellungen haben wir von Ihnen im Ausschuss nicht gehört. Sie hätten sich dort mit Ihrer Fachkompetenz einbringen können, dann hätten wir das vielleicht diskutieren können. So viel zum Thema Schaufenster.

Ein durchschnittliches Huhn in einem durchschnittlichen Stall lebt auf der Fläche eines Taschentuchs. Ein durchschnittliches Schwein hat weniger Platz als in einer Telefonzelle. Die Gemeinsamkeiten zwischen der Bauernhofidylle auf der Verpackung und der vollautomatisierten Realität in den Ställen sind gering.

Trotz der idealisierten Bilder auf der Fleischverpackung wissen die meisten Menschen ziemlich genau, wie die moderne Nutztierhaltung beschaffen ist. Wie sonst ließe sich erklären, dass in den Umfragen stets mehr als 80 % der Verbraucherinnen und Verbraucher beteuern, dass sie bereit wären, mehr zu zahlen, wenn das Tier ein gutes Leben hatte? Knapp 90 % der Befragten wünschen sich eine größere Beachtung der artgerechten Haltung von Nutztieren. Im Supermarkt geht der Griff dann aber in 99 % der Fälle zum konventionellen Fleisch. Woher kommt diese Diskrepanz? Ich meine, wer kein Vertrauen hat, zahlt freiwillig auch nicht mehr. Eine einheitliche Kennzeichnung von Fleisch nach den Kriterien der Tierhaltung würde helfen. Das ist der Kern unseres Antrags.

(Beifall B90/GRÜNE)

Allerdings sind wir infolge der Anhörung bei einigen Forderungen auch zu einem anderen Ergebnis gekommen. Erstens: Die Kennzeichnung von Eiern ist nicht ohne Weiteres auf die Kennzeichnung von Fleisch zu übertragen. Bei Eiern wird im Gegensatz zu Fleisch quasi die Originalverpackung von Natur aus mitgeliefert. Die Orientierung an der Eierkennzeichnung haben wir deshalb aus unserem ursprünglichen Antrag gestrichen. Aus dem gleichen Grund haben wir die Kennzeichnung von verarbeitetem Fleisch aus dem Antrag herausgenommen. Er bezieht sich damit jetzt nur noch auf unverarbeitetes Fleisch, jedenfalls als ersten Schritt. Wir sind aber nach wie vor davon überzeugt: Auch bei einem verarbeiteten Produkt besteht ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers an der Herkunft des Tieres, besser gesagt der Tiere; denn - das kam auch im Ausschuss heraus - in einer 500-Gramm-Packung Hackfleisch kann sich ohne Weiteres Fleisch von 100 Tieren befinden. Auch die ist eine nicht so schöne Erkenntnis aus der Anhörung.

Zweitens: In der Anhörung wurde zu Folgendem geraten: Wenn Sie tatsächlich Wert darauf legen, zu wissen, wie das Tier gehalten wurde, müssen Sie direkt beim Erzeuger kaufen. Das ist wahr, aber gleichzeitig irgendwie zynisch, weil es natürlich an der Lebenswirklichkeit der meisten Verbraucherinnen und Verbraucher vorbeigeht und daher zunächst auch nichts an der Tierhaltung ändert.

Drittens: Die Anhörung hat gezeigt, dass die Kriterienauswahl schwierig ist. Denn unter guter Tierhaltung verstehen alle etwas anderes. Ich denke aber, dass beispielsweise das niederländische Label „Beter Leven“ - „Besser leben“ - gezeigt hat, das man sich sehr wohl auf Indikatoren einigen kann. Denn dieses Label erfreut sich sehr großer Bekanntheit und Akzeptanz bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Eine Arbeitsgruppe der Bundesländer berät aktuell auch über solche Vorbildinitiativen aus dem Ausland. Wir haben im Ausschuss vorgeschlagen, die Abstimmung zu vertagen, bis diese Arbeitsgruppe ihren Abschlussbericht vorgelegt hat. Leider war das mit den Koalitionsfraktionen nicht zu machen. Ich verstehe auch die Argumentation von Kollegen Büchel nicht so richtig, der sagte, dass in der Anhörung die Experten davon abgeraten hätten. Bei uns hat es dazu geführt, dass wir unsere Beschlussempfehlung angepasst haben. Bei Ihnen hat es dazu geführt, dass Sie Nein sagen. Ich weiß nicht, ob das zukünftig das Ergebnis von Anhörungen ist. Dann hätten wir auch beispielsweise den Gesetzentwurf zur Bauordnung mit einem schallenden Nein ablehnen müssen.

Wir meinen, dass Anhörungen dazu da sind, Positionen zu erweitern oder zu korrigieren. Das haben wir gemacht. Sie sind dem leider nicht gefolgt. Ihre Devise lautete: „Ablehnen, zurücklehnen und abwarten“. Uns reicht das nicht. Wir haben eine klare Haltung zu einer besseren Tierhaltung. Verbraucherinformationen sind ein unverzichtbarer erster Schritt auf dem Weg dorthin. Der vorliegenden Beschlussempfehlung werden wir daher nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)