Benjamin Raschke:
Die Arbeit der Märkischen Geflügelhof-Spezialitäten GmbH in Königs Wusterhausen wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Amtes für Verbraucherschutz und Landwirtschaft des Landkreises Dahme-Spreewald kontrolliert. Der Betrieb schlachtet Geflügel und verarbeitet es zu verkaufsfertigen Produkten.
Im Mai 2017 wurde von einer Bürgerin unter Berufung auf das Verbraucherinformationsgesetz Akteneinsicht in die amtlich erhobenen Daten beantragt. Aus Sorge um das Wohlergehen der Tiere sowie um die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher wollte die Bürgerin Berichte über Schlachtkörperuntersuchungen, Fleischhygiene, Beschwerden und Vorfälle bei Transport, Betäubung und Tötung der Tiere sowie die monatliche Fleischbeschaustatistik beginnend mit dem 1. Januar 2016 einsehen.
Die Behörden hatten dem Antrag stattgegeben, der Betreiber der Anlage legte jedoch Widerspruch ein und verhinderte damit die Akteneinsicht bis auf Weiteres.
Ich frage die Landesregierung: Basierend auf welcher Rechtsgrundlage müsste dem vorliegenden Antrag auf Akteneinsicht stattgegeben werden bzw. auf Grund welcher Rechtsgrundlage kann die Herausgabe verweigert werden?
Antwort der Landesregierung
Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
§2 Abs. 1 des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) gewährt jedem einen voraussetzungslosen
Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten im Sinne des VIG,
soweit kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 (Schutz öffentlicher
und privater Belange) vorliegt. Das Verfahren der Informationserteilung wird in § 5
VIG geregelt.
Die Besonderheit bei der Informationserteilung an einen Antragsteller, dessen
Informationsbegehren die Belange Dritter berührt, ist folgende:
Bei der Entscheidung der Behörde, ob sie dem Informationsbegehren des Antragstellers
stattgibt, obwohl dieses die Rechte Dritter berührt, handelt es sich um
einen sogenannten Verwaltungsakt mit Drittwirkung. Das bedeutet, der Verwaltungsakt
gestaltet im Rahmen eines dreipoligen Informationsverhältnisses durch
seinen Regelungsgehalt unmittelbar zugleich die Rechtslage des Antragstellers
wie des Dritten. Deshalb ist zunächst ausschließlich die Entscheidung über den
Informationszugang, mithin der Verwaltungsakt an den Antragsteller, auch dem
Dritten bekannt zu geben, damit dieser sich mit Rechtsbehelfen gegen eine stattgebende
Entscheidung zur Wehr setzen kann. Diese Möglichkeit muss er zeitlich
vor einer Preisgabe der ihn betreffenden Informationen an den Antragsteller haben,
so dass sich im dreipoligen Informationsverhältnis eine Stattgabe des Antrages unter gleichzeitiger Beifügung der gewünschten Daten an den Antragsteller
verbietet.
Zweckmäßigerweise ist die Entscheidung über den Informationszugang an den
Dritten bereits um die beabsichtigte tatsächliche Informationsgewährung zu ergänzen,
denn nur so kann dieser entscheiden, ob er Rechtsbehelfe gegen die
Entscheidung der Behörde einlegen wird oder nicht. Die Bekanntgabe der gewünschten
Informationen an den Antragsteller darf erst erfolgen, wenn die stattgebende
Entscheidung bestandskräftig ist. Nur in den Ausnahmefällen des § 5
Abs. 4 Satz 1 VIG haben Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende
Wirkung.
Im vorliegenden Fall hat das zuständige Amt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft
des Landkreises Dahme-Spreewald dieses Verfahren ordnungsgemäß
eingehalten. Sowohl der Antragstellerin als auch dem Betreiber der Anlage wurde
mitgeteilt, dass dem Antrag auf Informationserteilung stattgegeben wurde. Gegen
diese Entscheidung hat der drittbetroffene Anlagenbetreiber Widerspruch eingelegt.
Das zuständige Veterinäramt ist zurzeit damit befasst, den Widerspruchsbescheid
zu fertigen. Eine Informationserteilung an die Antragstellerin ist dem Amt
solange verwehrt, wie die Entscheidung über die Informationserteilung nicht
rechtskräftig geworden ist, d.h. sollte der Anlagenbetreiber gerichtlich gegen den
ablehnenden Widerspruchsbescheid vorgehen, wäre eine Weitergabe der gewünschten
Informationen weiterhin verfahrensrechtlich nicht möglich. Das zuständige
Amt geht auch nicht von einem Anwendungsfall des § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG
aus.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Ludwig