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Spargelanbau unter Folie und Auswirkungen auf Schutzgebiete

Kleine Anfrage „Spargelanbau unter Folie und Auswirkungen auf Schutzgebiete“ herunterladen (PDF, 406 KB)

(Nr. 3672 – Michael Jungclaus) In den letzten Jahren entwickelt sich vor dem Hintergrund des zunehmenden Spargelanbaus unter Folie in Brandenburg wachsender Unmut innerhalb der Bevölkerung. Derart bewirtschaftete Flächen sind oft über sechs Monate im Jahr mit Folien überzogen, was Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und negative Auswirkungen auf Flora und Fauna nach sich zieht. Auch vor Schutzgebieten macht der Spargelanbau unter Folie keinen Halt. Im Europäischen Vogelschutzgebiet „Mittlere Havelniederung“ wurde anhand eines jährlich statt findenden Monitorings zur Erfassung der Brutvögel in den Gemarkungen Mötzow und Grabow bereits dokumentiert, dass seit Beginn des großflächigen Spargelanbaus unter Folie innerhalb von zehn Jahren 15 Arten der Roten Liste Brandenburgs sowie des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie verschwunden sind.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hat sich die Fläche des Spargelanbaus mit bzw. ohne Folie in Brandenburg in den letzten 15 Jahren entwickelt (bitte jährliche Aufschlüsselung nach Landkreisen)?

2. In welchem Umfang fand in den letzten 15 Jahren Spargelanbau mit bzw. ohne Folie innerhalb von Schutzgebieten (insbesondere FFH- und Vogelschutzgebiete) statt? Wie hat sich die jeweilige Anbaufläche von Spargel mit bzw. ohne Folie konkret innerhalb der jeweiligen Schutzgebiete entwickelt?

3. In welcher Form und in welchem Turnus wird die Art und Weise der landwirtschaftlichen Nutzung innerhalb der Schutzgebiete dokumentiert und wo sind die Daten einsehbar? Hält die Landesregierung die bisherige Datengrundlage zur Beurteilung von möglichen Beeinträchtigungen durch landwirtschaftliche Nutzungen innerhalb von Natura2000-Gebieten für ausreichend? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche Änderungen schlägt sie vor?

4. Wird die Verträglichkeit des Spargelanbaus unter Folie mit den Erhaltungszielen der Natura2000-Gebiete nach § 34 BNatSchG jeweils geprüft? Wenn ja, wo sind die Ergebnisse? Wenn nein, warum nicht? Hält die Landesregierung eine obligatorische regelmäßige Prüfung ab einer bestimmten Fläche des Folieneinsatzes in den Schutzgebieten für erforderlich?

5. Wie haben sich die Erhaltungszustände der geschützten Arten und die konkreten Bestandszahlen innerhalb der FFH- und Vogelschutzgebiete entwickelt, in denen Spargelanbau unter Folie statt findet (Bitte Nennung der jeweiligen Arten je Schutzgebiet mit dem bisherigen und aktuellen Erhaltungszustand und der konkreten Bestandszahlenentwicklung)?

6. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass der Spargelanbau unter Folie geeignet ist, Natura2000-Gebiete erheblich zu beeinträchtigten? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

7. Für welche Schutzgebiete konnten bereits erhebliche Beeinträchtigungen durch den Spargelanbau unter Folie festgestellt werden? Welche Zusammenhänge zwischen den aufgezeigten Bestandsentwicklungen in Frage 5 und dem Umfang des Anbaus von Spargel unter Folie lassen sich feststellen? Ist der Spargelanbau in den brandenburgischen Natura2000-Gebieten mit den Schutzvorschriften des § 33 BNatSchG vereinbar?

8. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage „Folieneinsatz im Spargelanbau in Brandenburg“ (Drucksache 5/6027) führt die Landesregierung weitere generelle Veränderungen wie z.B. Wegebau, Grabensysteme, Bewässerung, Stoffeinsatz, Umnutzung und Intensivierung von Flächen als mögliche Gründe für die negative Entwicklung vieler Brutvogelvorkommen zwischen Mötzow und Grabow auf. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um eine weitere Verschlechterung der Bestandszahlen bzw. des Arteninventars zu verhindern? Welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus der bereits eingetretenen und verbotenen Verschlechterung von Erhaltungszuständen geschützter Brutvogelvorkommen gezogen und wer wird hierfür verantwortlich gemacht? Was tut die Landesregierung, damit derart negative Entwicklungen zukünftig verhindert werden? Wen sieht die Landesregierung hier noch in der Pflicht?

9. Welche konkreten Untersuchungen haben bisher zur Thematik Spargelanbau unter Folie statt gefunden? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse sind der Landesregierung bekannt? Was hat die Landesregierung spätestens seit der Beantwortung der Kleinen Anfrage im September 2012 (Drucksache 5/6027) unternommen, um die dargelegten Wissenslücken zu schließen?

10. Ist der Landesregierung bekannt, ab welcher Größe und Dauer des Einsatzes von Folien im Spargelanbau erhebliche Beeinträchtigungen von Flora und Fauna erwartet werden können?

11. In welcher Form und auf welcher Grundlage wurden in den betroffenen Natura2000-Gebieten bereits Maßnahmen ergriffen, um den Spargelanbau unter Folie zu begrenzen (z.B. durch Vorgaben innerhalb der Schutzgebietsverordnungen oder Vereinbarungen mit den LandwirtInnen)? In welchem Umfang haben hierzu bereits Gespräche mit den betroffenen LandwirtInnen statt gefunden? In welchen Fällen wurden bereits erforderliche Bewirtschaftungsmaßnahmen nach § 44 Abs. 4 BNatSchG angeordnet? Wer ist für die Koordination zuständig?

12. Welche Maßnahmen sieht die Landesregierung als geeignet an, um die negativen Auswirkungen des Spargelanbaus unter Folie zu begrenzen? Welche Maßnahmen sind von Seiten der Landesregierung geplant, insbesondere welche Agrarumweltmaßnahmen im Rahmen der neuen EU-Förderperiode? Werden Ackerbrachen, extensive Anbauverfahren und Maßnahmen des Segetalartenschutzes zukünftig gefördert?

13. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass Sie bereits ausreichend Maßnahmen zur Vermeidung von Verschlechterungen der natürlichen Lebensräume und Habitate nach Artikel 6 Abs. 2 FFH-Richtlinie ergriffen hat? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Wen sieht die Landesregierung noch in der Pflicht?

14. Welche Handlungsmöglichkeiten haben die Unteren Naturschutzbehörden, um negative Entwicklungen innerhalb der Schutzgebiete, die auf landwirtschaftliche Nutzungen, insbesondere den Spargelanbau unter Folie zurückzuführen, sind, zu unterbinden? In wie weit unterstützt die Landesregierung die Unteren Naturschutzbehörden?

15. Welche Vorgaben zur guten fachlichen Praxis bestehen für den Spargelanbau unter Folie? Welche Kriterien sind zur Beurteilung der guten fachlichen Praxis in Bezug auf den Spargelanbau unter Folie jeweils anwendbar und wo definiert? Hält die Landesregierung diese für ausreichend?

16. Kann beim Spargelanbau unter Folie von einer zeitlich begrenzten Teilversiegelung der Flächen gesprochen werden?

17. Würde die Landesregierung den großflächigen Spargelanbau unter Folie als Eingriff in Natur und Landschaft nach § 14 BNatSchG bezeichnen? Ist die Landesregierung der Auffassung, dass im Fall des SPA „Mittlere Havelniederung“ der Spargelanbau unter Folie die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes beeinträchtigt? Werden im Fall des SPA „Mittlere Havelniederung“ von Seiten der LandnutzerInnen Ziele des Naturschutzes ausreichend berücksichtigt? Wenn ja, in welcher Form und in wie weit wurde dies geprüft?

18. Sieht die Landesregierung eine Spargelanbauverordnung als geeignetes Instrument an, um den ausufernden Spargelanbau unter Folie zu steuern? Wenn nein, welche alternativen Möglichkeiten kommen in Betracht?

19. Sieht die Landesregierung das Umweltschadensgesetz nach § 19 BNatSchG im Falle eines großflächigen Anbaus von Spargel unter Folie und negativen Beeinträchtigungen auf die Erhaltungsziele eines Natura2000-Gebietes für anwendbar?