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Schädigung von empfindlichen Ökosystemen durch Massentierhaltungsanlagen

Kleine Anfrage „Schädigung von empfindlichen Ökosystemen durch Massentierhaltungsanlagen“ herunterladen (PDF, 70 KB)

(Nr. 340 – Michael Jungclaus) Der Erlass des Ministeriums für ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz vom 20.11.2007 „Ammoniakimmissionen und Stickstoffdeposition - Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 der TA Luft“ enthält die folgende Vorgabe:

„Im Falle von Änderungen bestehender Anlagen, die im Vergleich mit dem bisher genehmigten Anlagenbetrieb nicht mit einer Erhöhung der NH3-Immissionen an den maßgeblichen Immissionsorten einhergehen, soll die Anwendung der Verwaltungsempfehlung allein nicht zu einer Versagung der Genehmigung führen, auch wenn die ermittelten Depositionswerte die Beurteilungswerte überschreiten.“ (im Folgenden: Regelung im Erlass)

Ich frage die Landesregierung:

1) Welche Gründe veranlassten die Landesregierung zu der Regelung im Erlass, und welche Ziele verfolgt sie mit dieser Regelung?
2) Auf welche möglichen Anwendungsfälle bezieht sich die Regelung im Erlass?
3) In welchen konkreten Fällen wurde die Regelung im Erlass bisher angewendet?
4) Ist die Regelung im Erlass dahingehend zu verstehen, dass im Falle eines immissionsschutzrechtlichen Änderungsverfahrens eine Genehmigung auch dann erfolgt, wenn die von der geänderten Anlage hervorgerufene Stickstoff-Deposition zu einer Schädigung eines im Auswirkungsbereich der Anlage gelegenen empfindlichen Ökosystems führen kann? Wenn ja, erfolgt die Genehmigung selbst dann, wenn der Betrieb der bisher genehmigten Anlagen zu Eutrophierungserscheinungen und zu einer beginnenden Schädigung des Ökosystems geführt hat?
5) Findet die Regelung im Erlass auch Anwendung auf die Prüfung von speziellem Naturschutzrecht, wie den gesetzlich geregelten Biotopschutz und das Schutzregime von Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Gebieten? Wenn ja, ist es dann ausgeschlossen, dass im Falle einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Beeinträchtigung eines gesetzlich geschützten Biotops bzw. trotz Erreichens bzw. Überschreitens der Critical Loads (Schwelle, überhalb derer langfristig negativen Effekte für die Funktion und Struktur der Ökosysteme zu befürchten sind) für FFH-Lebensraumtypen eine Genehmigung erteilt wird, und wenn nein, warum nicht?
6) Ist die Regelung im Erlass so zu verstehen, dass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die mögliche erhebliche Beeinträchtigung eines gesetzlich geschützten Biotops nicht zu prüfen ist, obwohl die für den Biotoptyp einschlägigen Critical Loads überschritten werden?
7) Ist die Regelung im Erlass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren so zu verstehen, dass im Verfahren nicht zu prüfen ist, ob die von der geänderten Anlage hervorgerufenen Stickstoffdepositionen zu einer Beeinträchtigung eines FFH-Gebietes führen können, obwohl die für den entsprechenden FFH-Lebensraumtyp nach Anhang I bzw. für die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II der FFH-Richlinie einschlägigen Critical Loads erreicht bzw. überschritten werden?
8) Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Regelung im Erlass mit den Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus der Richtlinie 2001/81/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 23.10.2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe nicht vereinbar ist, und wenn nein, warum nicht?