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Risiken der Bodenerosion in Brandenburg vorbeugen

Kleine Anfrage „Risiken der Bodenerosion in Brandenburg vorbeugen“ herunterladen (PDF, 74 KB)

(Nr. 1243 – Michael Jungclaus und Sabine Niels) Am 8. April ereignete sich auf der A 19 in Mecklenburg-Vorpommern ein schweres Verkehrsunglück. In einer Massenkarambolage verloren acht Menschen ihr Leben, weit über 100 wurden verletzt. Von einem angrenzenden Feld hatten Windböen der Stärke acht bis neun Wolken feinen Ackerbodens auf die Fahrbahn geweht, die den Autofahrern die Sicht nahmen. Das Feld war kurz zuvor gepflügt worden. In der Debatte um die Unglücksursachen wird u. a. auch die landwirtschaftliche Praxis kritisiert: Auch in Brandenburg wurde die Landschaft zugunsten riesiger Agrarflächen durch Flurbereinigungen ausgeräumt. Wasser- und windbremsende Gehölze, humusreiche Böden, bodenschonende Anbauverfahren mit vielfältigen Fruchtfolgen und Zwischen- und Winterbegrünung sind jedoch dringend notwendig, um Winderosion und auch dessen Extremform Staubwolken wie sie an der A 19 auftraten zu verhindern.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie stellt die Landesregierung kurzfristig sicher, dass vergleichbare Winderosion und insbesondere derartige Auswirkungen in Brandenburg verhindert werden? Welche dafür erforderlichen Maßnahmen insbesondere im Hinblick auf § 4 Abs. 2 und § 17 Bundesbodenschutzgesetz (BbodSchG) und beim Anbau von Reihenkultur wie Mais und Zuckerrübe sowie Winterweizen und -raps auf gefährdeten Standorten will die Landesregierung für eine wirksame Bodenerosionsbekämpfung ergreifen?
2. Welche Daten liegen der Landesregierung durch das Fachinformationssystem Bodenschutz (FISBOS) hinsichtlich der (potentiellen) Erosions- und Schadverdichtungsgefährdung sowie der tatsächlichen erosionsbedingten Schädigung land- und forstwirtschaftlich genutzter Böden vor? Welches sind die häufigsten Problemursachen? Welche weiteren konkreten Konsequenzen zieht die Landesregierung aus diesen Erkenntnissen, insbesondere im Hinblick auf die nächste EU-Agrarförderperiode?
3. Was sind die Gründe (z.B. unzureichende Finanzausstattung der Agrarumweltprogramme bzw. Förderhöhe), dass ggf. diese Programm-Maßnahmen auf gefährdeten Lagen nicht flächendeckend umgesetzt werden? Wie müssen ggf. die Programme geändert werden, um die Akzeptanz bei der Landwirtschaft zu erhöhen?
4. Zu der auf der Internetseite des MUGV dargestellten potenziellen Erosionsgefährdungsgebieten heißt es, dass die aktuelle standortbezogene Beurteilung noch vervollständigt werden muss. Wie ist der diesbezügliche Sachstand und welche flächenbezogenen Schutzstrategien gegen erosiven Bodenabtrag wurden daraus abgeleitet und wie sollen diese bis wann umgesetzt werden?
5. Das MUGV verweist auf seiner Homepage auf die fachlichen Empfehlungen des ZALF zur Bodenerosionsvermeidung (pdf-Datei). Durch welche Maßnahmen fördert die Landesregierung die dort genannten Maßnahmen konkret und in welcher Größenordnung?
6. Welche Bedeutung kann zur Vermeidung der Bodenerosion den fachlichen Empfehlungen des ZALF sowie der Festlegung einer regionalen Mindestdichte an Windschutzhecken und Erosionsschutz-Grasraine im Sinne des § 5 Bundesnaturschutzgesetzes zukommen?
7. Gibt es in Brandenburg Erfassungen zur Dichte von Biotopvernetzungselementen bzw. Strukturelementen wie Gehölze bzw. von Räumen mit Anreicherungsbedarf von Strukturelementen?
8. In welchem Umfang müssen bei Flurbereinigungsverfahren Landschafts(rahmen)pläne insbesondere im Hinblick auf erosionsmindernde Maßnahmen berücksichtigt werden?
9. Welchen verbindlichen Rechtsrahmen und welche Handlungsleitfäden gibt es zur Umsetzung der §§ 37, 39 und 40 Flurbereinigungsgesetz zur Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes im Hinblick auf Maßnahmen der Erosionsvorsorge insbesondere zur Verkürzung der Fließ- und Windwehstrecken durch Größenbegrenzung von Ackerschlägen, Änderung der Bearbeitungsrichtung, Strukturanreicherung durch Anlage von Windschutzhecken und -raine sowie der Schaffung ausreichender Filterbereiche zwischen agrarisch genutzten Flächen und
Biotopen in erosionsgefährdeten Landschaften (z.B. Gewässerrandstreifen) und reichen die bestehenden Regelungen erfahrungsgemäß aus, um Erosionsgefahren zu minimieren bzw. wo zeigen sich Defizite und Handlungsbedarf?
10. Unter welchen Bedingungen können ausgeräumte erosionsgefährdete Landschaften mit Windschutzhecken und -raine strukturiert werden, welche Mittel stehen dafür in welchen Förderprogrammen in welcher Höhe zur Verfügung?
11. Welche Stellen sind in Brandenburg mit der Gefahrenabwehr nach BBodSchG und den begleitenden Verordnungen insgesamt befasst und wie haben sich die dafür zuständigen Stellen seit 1994 entwickelt (Bitte insbesondere eingehen auf die Feststellung und Konkretisierung einer schädlichen Bodenveränderung auf Grund von Bodenerosion durch Wasser in § 8 Abs. 1-2 BBodSchV sowie die Beratung hinsichtlich geeigneter
erosionsmindernder Maßnahmen nach § 17 Abs. 1 BBodSchG)?
12. In wie vielen Fällen wurde in den vergangenen fünf Jahren durch welche Stelle eine Beratung hinsichtlich geeigneter erosionsmindernder Maßnahmen durchgeführt?
13. Zu wie vielen Fällen kam es zu einer entsprechenden Anordnung nach § 8 Abs. 6 BBodSchV?
14. Im § 3 Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) wird die Winderosion benannt. Gibt es gegen Winderosion rechtliche Regelungen wie bei der Wassererosion im Sinne des § 8 (6) BBodSchV? Wenn nein, wird die Landesregierung entsprechende Regelungen erlassen, um den Boden und die Bürger auch gegenüber Winderosion wirksam schützen zu können; wenn nein, warum nicht?
15. Bestehende Regelungen im Bundesnaturschutzgesetz zur „guten fachlichen Praxis“ haben sich auch im Bereich des Erosionsschutzes als nicht ausreichend erwiesen. Welche ergänzenden verbindlichen und vollzugsfähigen Rechtspflichten sind bei der ausstehenden Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes zur Konkretisierung dieser Vorgaben zur Vermeidung von Gefahren durch Bodenerosion vorgesehen? Falls dies nicht der Fall sein
sollte, warum ist dies nicht vorgesehen?