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Bisherige und zukünftige Auswirkungen der Schweinezucht und -mastanlage in Tornitz auf Mensch, Tier und Umwelt – Nachfragen zur Kleinen Anfrage 300

Kleine Anfrage „Bisherige und zukünftige Auswirkungen der Schweinezucht und -mastanlage in Tornitz auf Mensch, Tier und Umwelt – Nachfragen zur Kleinen Anfrage 300“ herunterladen (PDF, 260 KB)

(Nr. 840 – Benjamin Raschke) Aus den Antworten der Landesregierung auf die Kleine Anfrage (Drucksache 6/944) vom 30.03.2015 ergeben sich zahlreiche Nachfragen hinsichtlich der Auswirkungen der größten Schweineproduktionsanlage Brandenburgs auf die Umwelt.

Ich frage die Landesregierung:

1. In der Antwort auf Frage 9 schreibt die Landesregierung, dass die jährliche Ausbringungsmenge an Gülle/Gärresten der Gesamtanlage bis zu 89.180 m3 betragen wird. Gleichzeitig stehen bisher nur vertraglich abgesicherte Ausbringungsflächen in Höhe von rund 10 ha zur Verfügung.
a) Welche Auflagen zur Verwertung der Gülle wurden der Bolart Schweineproduktionsanlagen GmbH in Tornitz in den bisherigen Genehmigungen gemacht?
b) In welchem Umfang müssen vor der Genehmigung von Tierhaltungsanlagen bzw. deren Erweiterung bereits notwendige Ausbringungsflächen vertraglich gesichert sein? Welche gesetzlichen Regelungen sind diesbezüglich einzuhalten?
c) In welchem Umfang überprüft die für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zuständige Behörde den Umfang und die Eignung der vorgesehenen Flächen zur Ausbringung von Gülle und Gärresten vor Erteilung einer Genehmigung?
d) Wie bewertet die Landesregierung den geringen Flächenumfang im Fall der Schweinezucht- und mastanlage Tornitz, der zur Ausbringung von Gülle und Gärresten bisher gesichert ist? Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus?
e) Sieht die Landesregierung weiteren gesetzlichen Regelungsbedarf zur Gülleausbringung? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?
f) Wie beurteilt die Landesregierung die Regelungen in Dänemark, wonach Schweinehalter selbst im Besitz entsprechender Flächen für die Gülleausbringung sein müssen?

2. In der Antwort auf Frage 10 schreibt die Landesregierung, dass bei der Erweiterung der Schweinezucht- und mastanlage im neu zu errichtenden Stall eine zertifizierte Abluftreinigungsanlage eingebaut wird. Bei Einhaltung der Anforderungen entsprechend dem Stand der Technik ist davon auszugehen, dass die rechtlich vorgegeben Grenzwerte eingehalten werden. In welcher Form und in welchem Turnus soll die Grenzwerteinhaltung vor Ort zukünftig durch wen überprüft werden? Wie werden Verstöße gegen den Genehmigungsbescheid festgestellt?

3. In der Antwort auf Frage 11 gibt die Landesregierung an, dass das Grundwasser im Umfeld der Anlage im Halbjahresrhythmus an vier Stellen untersucht werden muss und die Ergebnisse der unteren Wasserbehörde des Landkreises vorzulegen sind. Bisher liegen jedoch nur Berichte des Landkreises aus den Jahren 2007, 2012, 2013 und 2014 vor. Nur für die Jahre 2013 und 2014 sind die Kontrollen der Auflagen der Genehmigung lückenlos dokumentiert.
a) Welche Konsequenzen ergeben sich aus den fehlenden Messungen für den Anlagenbetreiber?
b) In welcher Art und Weise wird die zuständige Kreisbehörde für die fehlenden Wasseruntersuchungen, die im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beauflagt wurden, zur Rechenschaft gezogen?
c) Die Landesregierung plant, ab 2020 die immissionsschutzrechtliche Überwachung von Tierhaltungsanlagen an die kommunale Ebene abzugeben – wie will sie vor dem Hintergrund der in diesem Fall fehlenden Wasseruntersuchungen sicherstellen, dass Überwachungen ordnungsgemäß durchgeführt werden?

4. In den Messwerten (Anhang, Seite 6 und 7, Drucksache 6/944), die von der Landesregierung auf die kleine Anfrage bereitgestellt wurden, zeigen sich hohe Konzentrationen für Nitrat an mehreren Messstellen über einen längeren Zeitraum. Bei Werten bis zu 181 mg/l werden die Grenzwerte der Trinkwasserschutzverordnung bzw. der Qualitätsnorm der Wasserrahmenrichtlinie in Höhe von 50 mg/l weit überschritten. Wurden Maßnahmen eingeleitet, um die Nitratwerte wieder unterhalb dieser Grenzwerte zu senken? Wenn ja, welche und sind diese bereits wirksam? Wenn nein, warum nicht?

5. Die Gülle aus Tornitz wird in der Region auch großflächig auf Erdbeerkulturen in der Umgebung ausgebracht.
a) Hat die Landesregierung Informationen darüber, ob und inwieweit die verzehrfähigen Erdbeeren mit Antibiotika oder antibiotikaresistenten Keimen belastet sind?
b) Wurden auf den umliegenden Feldern mikrobiologische Untersuchungen zum Monitoring des Keimaustrages mit Antibiogramm aus der Anlage Tornitz durchgeführt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis (bitte chronologisch), wenn nein, warum nicht?
c) Ist von Seiten der Landesregierung geplant, Keimgutachten im Rahmen des Bundesimmissionsschutzgesetzes bei Neubau und Erweiterungen von Tierhaltungsanlagen verbindlich zu machen? Wenn ja, wann, wenn nein, warum nicht?

6. Bei einem akuten Seuchengeschehen mit angeordneter Tötung des Bestandes müssen nach Genehmigung der Anlage in Tornitz maximal 67330 Tiere tierschutzgerecht euthanasiert und in einer Tierkörperbeseitigungsanlage unschädlich beseitigt werden.
a) Haben die Tierkörperbeseitigungsanlagen in Brandenburg die Kapazität, diese Mengen in der erforderlichen Zeit zu beseitigen?
b) Finanziert sich der Entschädigungsfonds der einzelnen Tierarten der Tierseuchenkasse ausschließlich aus den Beitragszahlungen der Tierhalter? Wenn nein, wie hoch ist der prozentuale Anteil und absolute Beitrag in Euro des Landes an den Rückstellungen für den Entschädigungsfall? In welcher Höhe sind in den vergangenen fünf Jahren Landesmittel für Entschädigungen ausgezahlt worden?
c) Fanden Risikoabwägungen für den Seuchenfall in Anlagen mit Bestandszahlen größer als 50.000 Tieren seitens der Landesregierung im Hinblick auf die Genehmigung der Erweiterung der Anlage durch den Landestierarzt statt? Wenn ja, wie wurde das Risiko bewertet? Wenn nein, warum fand sie nicht statt?

7. In welcher Form wurden die Hinweise aus dem Waldgutachten von Dr. Strohbach (Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde) im Hinblick auf die Genehmigung der Erweiterung der Anlage berücksichtigt? Warum führten Sie nicht zum Verwehren der Genehmigung?