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Lehren aus der Vogelgrippe

Kleine Anfrage „Lehren aus der Vogelgrippe“ herunterladen (PDF, 261 KB)

Im November 2016 wurde der erste Fall von Geflügelpest bei einem Wildvogel in Brandenburg bekannt. Daraufhin wurden eine landesweite Stallpflicht sowie verschiedene Biosicherheitsmaßnahmen für Tierhaltungsbetriebe angeordnet. In der Zeit von November 2016 bis März 2017 wurden 38 Ausbrüche von Geflügelpest bei Wildvögeln und neun Ausbrüche in Puten- beziehungsweise Enten-Großmastanlagen festgestellt. Insgesamt mussten mehr als 155.000 Tiere getötet werden. Die Tierseuchenkasse entschädigte die direkten Verluste, die den Tierhaltern durch die Tötung entstanden sind. Die neun industriell geführten Betriebe wurden für die direkten Verluste von der Tierseuchenkasse und dem Land in einem Gesamtumfang von ca. 3,6 Mio. € entschädigt (Quelle: Bericht zum Beschluss des Landtages Brandenburg Drucksache 6/6371-B vom Mai 2017).

Der Jahresbericht 2015 der Tierseuchenkasse zeigt, dass 2015 rund 10 Mio. Geflügel, die einer Beitragspflicht unterlagen, gemeldet waren. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs die Zahl des gemeldeten Geflügels um rund 400.000 Tiere. Für eine Pute in der Elterntierhaltung ab 250 Tieren zahlt der Halter jährlich einen Betrag von 0,14 € an die Tierseuchenkasse. Jeder Tierhalter kann eine Entschädigung für den Verlust seiner Tiere erhalten, wenn durch den Amtstierarzt infolge des Ausbruchs oder den Verdacht des Ausbruches einer anzeigepflichtigen Tierseuche die Tötung der Tiere amtlich angeordnet wurde. Die Berechnung der Entschädigungshöhe richtet sich nach dem gemeinen Wert der Tiere.

Die Verbreitungswege des Geflügelpesterregers, etwa die Übertragung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einer Großmastanlage zur nächsten, sind weiterhin nicht abschließend geklärt. In einem Fall war der Geflügelpesterreger über infizierte Puten der Kartzfehn Märkische Puten GmbH in Kyritz (Ostprignitz-Ruppin) in die Kartzfehn Märkische Putenzuchtanlage in Altzauche/Burglehn (Dahme-Spreewald) gelangt. Rund 45.000 Puten mussten in Burglehn getötet werden, in Kyritz mussten 11.000 Tiere „gekeult“ werden.

Anfang Juli ist das Vogelgrippevirus in Geflügelhaltungen in Belgien und Frankreich und seit Mitte Juli in 13 Beständen in Norditalien aufgetreten.

Ich frage die Landesregierung:

Tierseuchenkasse

1. Wie hoch waren die Rücklagen der Geflügelkasse der Tierseuchenkasse vor Beginn der ersten Entschädigungszahlung? Wie hoch sind die Rücklagen der Tierseuchenkasse zum gegenwärtigen Zeitpunkt? Wurden nach der Veröffentlichung des Berichts zum Beschluss des Landtages Brandenburg Drucksache 6/6371-B vom Mai 2017 noch weitere Entschädigungen gezahlt?

2. Wie viele Anträge auf Entschädigung sind insgesamt bei der Tierseuchenkasse durch Verluste infolge der letzten Vogelgrippesaison eingegangen?

3. Inwieweit wird bei der Auszahlung von Entschädigungen berücksichtigt, ob im Betrieb entsprechende Biosicherheitsmaßnahmen eingehalten wurden?

4. In welcher Höhe hat die Kartzfehn Märkische Putenzucht GmbH in den letzten fünf Jahren Beihilfen für Maßnahmen zur Vorbeugung und Verhinderung der Verbreitung von Tierseuchen und Tierkrankheiten beantragt und ausgezahlt bekommen? (Bitte jährlich auflisten für entsprechenden Stall und Maßnahme.)

5. In welcher Höhe hat die Kartzfehn Märkische Putenzucht GmbH Entschädigungen aufgrund der Notschlachtungen durch die Vogelgrippe beantragt und erhalten?

6. Welche Möglichkeiten gibt es für Tierhalter, ihr Geflügel bei geringer pathogener aviärer Influenza (LPAI) am Leben zu lassen und die Kosten für entsprechende Maßnahmen (Schutzbauten, Quarantäneeinrichtungen, Vermarktungsstopp, erforderliche häufige Probennahme) von der Tierseuchenkasse ersetzt zu bekommen?

Verbreitungswege und Schutzmaßnahmen gegen die Vogelgrippe

7. Hat die Landesregierung seit der Veröffentlichung des Berichts zum Beschluss des Landtages Brandenburg Drucksache 6/6371-B weitere epidemiologischen Erkenntnisse gewonnen in Bezug auf den Ausbruch der aviären Influenza in der Anlage Altzauche/Burglehn?

8. Welche Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen wurden in dem Putenstall bei Altzauche/Burglehn durchgeführt?

9. Besitzt die Anlage in Altzauche/Burglehn eine separate seuchenhygienische Stalleinheit, die als Quarantänestall fungiert, um bei einem notwendigen Transport von Zuchttieren zeitweise die Tiere von der großen Anlage zu trennen? Wenn nein, warum wurde eine solche Stalleinheit nicht für die Zulassung als Zuchtbetrieb gefordert?

10. Wie positioniert sich die Landesregierung auf Grundlage der Erkenntnisse, die infolge der letzten Vogelgrippe gewonnen wurden, zur Wildvogelhypothese?

11. Welche landesweiten Bestimmungen gelten für den Transport von Geflügel, wenn in Brandenburg die Stallpflicht besteht? Wurde etwas geändert? Wenn nein, warum nicht?

12. Wie können Geflügelhalter, Logistiker und die Veterinärbehörde sicherstellen, dass es bei Geflügeltransporten nicht zu einer Verbreitung des H5N8-Viruses kommt?

Regelungen zur Rückstandsbeseitigung der gekeulten Bestände

13. Welche Stoffe müssen beseitigt werden (Tierkadaver, Futtermittel, Mist, etc.)? Wie werden diese jeweils entsorgt?

14. Welche Kosten fallen bei der Entsorgung der Rückstände an? Wer übernimmt die Kosten?

15. Wie wird sichergestellt, dass Wild- und Nutztiere nicht mit den Rückständen in Kontakt kommen und eine Wiederverbreitung der Geflügelpest ausgeschlossen werden kann?

16. Ist sichergestellt, dass Federmehl, Blutmehl, Mist und andere Nebenprodukte aus der Zeit vor einem Ausbruch innerhalb einer Zeitspanne von mindestens der Inkubationszeit des ersten verendeten Tieres komplett zurückgerufen werden können und Transportmittel unmittelbar stillgelegt werden?

17. Wie wird auf die Besonderheit Rücksicht genommen, das Federn als Hohlkörper nicht durch einfaches Eintauchen in Desinfektionslösungen desinfiziert werden können? Wie kann das Federproblem nachhaltig beseitigt werden?

18. Reichen diese Maßnahmen aus Sicht der Landesregierung aus, um zu verhindern, dass es noch zu Übertragungen kommt?

Prävention eines erneuten Seuchenfalls

19. Welche Rolle spielen Luftfilter bei der Prävention der Vogelgrippe nach Einschätzung der Landesregierung? Wie viele Geflügelhaltungsanlagen (ab 30.000 Masthühnern, 15.000 Legehennen) haben Luftfilter? Welche Filter sind in den Anlagen wann eingebaut worden (bitte auflisten)?

20. Welche Maßnahmen werden die Kartzfehn Märkische Putenzucht GmbH und die Landesregierung treffen, um vorzubeugen, dass es beim nächsten Ausbruch der Vogelgrippe wieder zu einer Übertragung des Erregers von einem zum anderen Stall kommt?

21. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus den Vogelgrippeausbrüchen in Tierhaltungsanlagen in Belgien, Frankreich und Italien?

22. Wie hoch schätzt die Landesregierung das Risiko ein, dass es im Herbst 2017 erneut zu einem Ausbruch der Vogelgrippe in Brandenburg kommt?

Rassegeflügel

23. Welche Gesetze und Verordnungen müssten geändert werden, um generelle Ausnahmen von einer landesweiten Stallpflicht für die Haltungen seltener Geflügelrassen zulassen zu können?

24. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung darüber, wie viele Rassegeflügelzüchter ihre Zuchttierbestände reduziert und wie viele Rassegeflügelhalter infolge der Vogelgrippe ihre Hobbyhaltungen aufgebeben haben?

Gibt es Möglichkeiten, Rassegeflügelvereine zu entschädigen, etwa weil Ausstellungen aufgrund der Vogelgrippe abgesagt werden müssen? Wenn ja, welche?