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Was unternimmt die Landesregierung um sicherzustellen, dass die Kosten für die Rekultivierung von Tagebauen nicht am Steuerzahler hängenbleiben?

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In seiner Antwort auf die Kleine Anfrage „Eigentümerübergang der Braunkohlesparte“ (Drs. 6/6301) erklärte das Wirtschaftsministerium im April 2017, dass seines Wissens nach „(...) die Braunkohlegesellschaften im Zuge des Verkaufsprozesses durch Vattenfall AB finanziell so ausgestattet wurden, dass sie alle Verpflichtungen eigenständig bedienen können.“

Um Klarheit über die Höhe der zu erwartenden Rekultivierungskosten zu erlangen, hat die Landesregierung Anfang Juli 2016 die Beauftragung eines entsprechenden Gutachtens angekündigt. Geprüft werden sollte hiermit zudem, ob es gesetzliche Regulierungslücken bei der Sicherheit der Rückstellungen der Braunkohleunternehmen gibt – weshalb Kosten bei der öffentlichen Hand verbleiben könnten (vgl. rbb 5.7.16, „Studie soll Schlupflöcher für Kohle-Firmen aufspüren“).

Gemäß Bundesberggesetz (§ 56; Form und Inhalt der Zulassung, Sicherheitsleistung) kann die zuständige Behörde die Zulassung bzw. Verlängerung eines Bergbau-Betriebsplans von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen, soweit diese erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 13 und Abs. 2 BBergG genannten Nachsorge- und sonstigen Verpflichtungen des Bergbautreibenden im Falle einer Insolvenz sicherzustellen. Bilanzielle Rückstellungen können nicht als Sicherheitsleistung akzeptiert werden, weil diese nicht insolvenzfest sind. Sicherheitsleistungen dienen der Deckung der Kosten, die dem Landeshaushalt wegen Nichterfüllung der dem Unternehmer im Sinne von § 4 Abs. 5m BBergG obliegenden bergbaulichen Pflichten entstehen können.

Der Manager der tschechischen Energieholding EPH (Energetický a Průmyslový Holding) Jan Špringl hat nun vor kurzem erstmals öffentlich erklärt, dass die Dachgesellschaft seiner Ansicht nach nicht für die Verpflichtungen ihrer Lausitzer Tochter LEAG haftet (vgl. Capital, Ausgabe vom 14. Dezember 2017, „Lausitz-Investor warnt vor Kohle-Ausstieg“). EPH sei jedoch bereit, über eine Absicherung der Haftung in Form einer sogenannten Patronatserklärung zu reden, „wenn die Politik uns die Garantie gibt, dass sie die Rahmenbedingungen für unser Geschäft nicht ändert.“

Allein für den Tagebau Welzow werden laut einer groben Schätzung des Wirtschaftsministeriums für die Wiedernutzbarmachung etwa drei Milliarden Euro benötigt.

Bei einer Veranstaltung des „Forums für Zukunftsenergien“ in der Berliner Landesvertretung von Brandenburg am 18.12.17 vertrat Wirtschaftsminister Albrecht Gerber die Auffassung, dass der Steuerzahler bei einer „politisch gewollten“ Insolvenz der LEAG durch einen potentiellen Kohleausstieg möglicherweise für die Rekultivierung aufkommen müsse.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann wurde das o. g. Gutachten bei wem beauftragt und wann wird es vorliegen bzw. veröffentlicht?

2. Auf welcher rechtlichen Grundlage kommt die Landesregierung zu der Einschätzung, dass bei einem klimawandelbedingten Kohleausstiegsfahrplan bzw. im Falle einer Insolvenz des derzeitigen Braunkohleunternehmens LEAG die vom Bergbaubetreiber verursachten Folgekosten nicht bzw. nicht komplett vom selbigen getragen werden müssen?

3. Kann die Landesregierung bestätigen, dass die Dachgesellschaft EPH derzeit nicht für die Verpflichtungen ihrer Lausitzer Tochter LEAG haftet?

4. Erwägt die Landesregierung – auch angesichts der o.g. Aussagen der EPH –, sofort bzw. im Zuge der nächsten regulären Überprüfung der entsprechenden Betriebspläne die Sicherung der für die Rekultivierung notwendigen Gelder anzuordnen? Wenn nein: Warum nicht?

5. Ist die Abgabe einer Patronatserklärung aus Sicht der Landesregierung eine rechtssichere Möglichkeit, um die Absicherung der Haftung aus dem Vermögen der EPH für die Verpflichtungen der LEAG zu garantieren?

6. Befindet sich die Landesregierung in Verhandlungen mit der EPH zur Abgabe einer Patronatserklärung? Wenn nein: Plant die Landesregierung in Verhandlungen mit der EPH zu treten, um mit dem Unternehmen eine Patronatserklärung zu erzielen?

7. Zieht die Landesregierung die Festlegung von sonstigen Sicherheitsleistungen in Betracht? Wenn ja: Ab wann werden Sicherheitsleistungen erhoben? Wenn nein: Warum nicht?

8. Wann, für welches Unternehmen und aus welchen Gründen wurden für welche Bergbauvorhaben im Land Brandenburg seit 1989 Sicherheitsleistungen nach Bundesbergrecht erhoben?

9. In welcher Höhe werden seit wann jeweils Sicherheitsleistungen für den Rückbau erhoben und zu welchem Zeitpunkt vor oder während des Betriebs müssen diese Mittel bereitgestellt werden beim Bau von

a) Solaranlagen

b) Windkraft- und

c) Biogasanlagen?

10. Das sächsische Oberbergamt hat ein „Merkblatt zur Erhebung und Verwertung von Sicherheitsleistungen gem. § 56 Abs.2 BBergG (Stand: 11/2010)“ herausgegeben. Gibt es im Land Brandenburg eine ähnliche Anweisung bzw. ein Merkblatt? Wenn ja, wo kann man die Unterlagen einsehen?

11. Hat die Landesregierung vor dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens und der damit verbundenen Debatte um einen mittelfristigen Kohleausstieg Zweifel an der nachhaltigen Leistungsfähigkeit des derzeitigen Braunkohleunternehmens LEAG? Wenn ja, bitte begründen. Wenn nein, bitte begründen.