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Gewässerrandstreifen in Brandenburg

Kleine Anfrage „Gewässerrandstreifen in Brandenburg“ herunterladen (PDF, 188 KB)

(2897 – Benjamin Raschke) Gewässerrandstreifen dienen der Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funktionen oberirdischer Gewässer, der Wasserspeicherung, der Sicherung des Wasserabflusses sowie der Verminderung von Stoffeinträgen aus diffusen Quellen.

An allen Gewässern im Außenbereich gelten laut § 38 WHG (Wasserhaushaltsgesetz) fünf Meter breite Gewässerrandstreifen mit wenigen Grundanforderungen an die Landnutzung. Laut WHG sind aber weder die Düngung, noch der Einsatz von Pestiziden eingeschränkt. Den Ländern wird im WHG eingeräumt, breitere Gewässerrandstreifen und wirksame Schutzbestimmungen rechtlich festzusetzen.

Für die Novellierung des Brandenburgischen Wassergesetzes ist die Regelung zu den Gewässerrandstreifen besonders bedeutsam, um die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) erreichen zu können. Diese sehen vor, dass die Oberflächengewässer spätestens bis zum Jahr 2027 einen guten ökologischen und chemischen Zustand erreichen sollen. Fachlich unstrittig ist, dass in den Gewässerrandstreifen künftig keine Pestizide und Düngemittel mehr gelagert oder ausgebracht werden sollten, um den Zweck der Gewässerrandstreifen i. S. des § 38 (1) WHG besser zu erfüllen.

Die Länder Sachsen und Baden-Württemberg haben bereits breitere Gewässerrandstreifen und das Verbot der Verwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in ihren Landeswassergesetzen rechtlich festgeschrieben. Auch die Länder Nordrhein-Westfalen und Berlin haben weitergehende Schutzbestimmungen (z.B. auch weitgehendes Verbot der Nutzung als Ackerland) für Gewässerrandstreifen vorgesehen, als der Entwurf zur Novelle des Brandenburger Landeswassergesetzes dies vorsieht.

Im Gesetzentwurf der Landesregierung zur Novellierung des Brandenburger Wassergesetzes ist die Einrichtung von Gewässerrandstreifen an Brandenburger Oberflächengewässern lediglich mittels Rechtsverordnung vorgesehen. Für Gewässer oder Gewässerabschnitte in gutem chemischen und ökologischen Zustand gilt dies laut Gesetzentwurf allerdings nicht. Das ist völlig unverständlich, da hier weiterhin Düngemittel wie Gülle und Pestizide nahe der Böschungsoberkante ausgebracht werden dürften. Nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und dem Wasserhaushaltsgesetz darf sich der Zustand dieser Gewässer allerdings nicht verschlechtern.

Die von der Landesregierung geplanten über §38 WHG hinausgehenden Schutzbestimmungen für Gewässerrandstreifen durch Rechtsverordnung erfordern komplexe, zeitlich und personell aufwendige Verordnungsgebungsverfahren. Zusätzlich soll vor Beginn eines Verordnungsgebungsverfahrens noch geprüft werden, ob der Zweck von Gewässerrandstreifen durch freiwillige Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern oder Nutzern erreicht werden kann. Damit müssen zwei komplexe Verfahrensstufen eingehalten werden, bevor eine Verordnung rechtskräftig wird. Es ist absehbar, dass solche Rechtsverordnungen aufgrund der vom Landtag Brandenburg festgelegten Personalzielzahlen für die Landesverwaltung und der bereits prekären gesetzlichen Aufgabenerfüllung nur äußerst selten und stark verspätet erlassen werden können (siehe nicht fristgemäße nationale Sicherung der FFH-Gebiete [Termin war der 21. Mai 2004], der Überschwemmungsgebiete [Termin war der 31.12.2013] sowie der Trinkwasserschutzgebiete). Damit riskiert das Land Brandenburg wegen verspäteter Umsetzung der WRRL [Termin war der 31.12.2015] – wie bereits bei der FFH-RL – eine Verurteilung Deutschlands vor dem EuGH mit Strafzahlungen in Millionenhöhe.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wieviel Prozent der oberirdischen Gewässer in Brandenburg befinden sich im schlechten Zustand i. S. d. § 27 WHG und welche Länge (km) von Gewässerrandstreifen mit strengeren Schutzbestimmungen sind demnach nötig?

2. Mit welchen Maßnahmen – wenn nicht den Gewässerrandstreifen – soll das Verschlechterungsverbot für Oberflächengewässer mit gutem ökologischen und chemischem Zustand i. S. des § 27 WHG realisiert werden?

3. Mit welchen Personal- und Sachkosten sowie welchem Zeitaufwand rechnet die Landesregierung für die Prüfung der Kooperationsbereitschaft aller betroffenen GrundstückseigentümerInnen und NutzerInnen für Nutzungseinschränkungen in Gewässerrandstreifen und wie sollen diese Nutzungseinschränkungen dauerhaft rechtsverbindlich gesichert werden?

4. Welche Fördermöglichkeiten (z. B. KULAP) und in welcher Höhe standen bisher für die freiwillige Extensivierung der landwirtschaftlichen Bodennutzung im Bereich von Gewässerrandstreifen zur Verfügung und in welchem Umfang wurden diese genutzt?

5. Im Land Brandenburg gibt es weit über 10.000 km berichtspflichtige Gewässer. Wie viele Verfahren zum Erlassen von Rechtsverordnungen zur Festsetzung wichtiger Gewässerrandstreifen werden angestrebt? Nach welchen Kriterien soll die Prioritätensetzung erfolgen, wo zuerst Gewässerrandstreifen per Verordnung gesichert werden?

6. Mit welchen Personal- und Sachkosten sowie welchem Zeitaufwand wird für die Festsetzung landesweiter Gewässerrandstreifen per Verordnung gerechnet?

7. Wie wird in Brandenburg das Verhältnis zwischen den möglichen Entschädigungskosten bei einer vergleichbaren Regelung wie in Sachsen, Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg zu den voraussichtlichen Kosten für das Führen von Verordnungsgebungsverfahren für einzelne Gewässerrandstreifen im Sinne des vorliegenden Gesetzesentwurfes eingeschätzt?

8. Wie schätzt die Landesregierung die Chancen für eine rechtskonforme Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Bezug auf die Verringerung der Stoffeinträge aus diffusen Quellen bei Verabschiedung des von der Landesregierung vorgeschlagenen § 77 BbgWG (Gewässerrandstreifen) ein?