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Genehmigungsverfahren Schweinemastanlage Haßleben

Kleine Anfrage „Genehmigungsverfahren Schweinemastanlage Haßleben“ herunterladen (PDF, 50 KB)

(Nr. 1130 – Axel Vogel) Ein niederländischer Investor beabsichtigt im uckermärkischen Haßleben die Wiederinbetriebnahme einer Schweinemastanlage mit 60.000 Mastplätzen.

Nach Angaben der Landesregierung vom 15.11.2010 ist die Regionalabteilung Ost des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) für die Genehmigung zuständig. Diese beauftragte 2010 ein „Gutachten zur Beurteilung der betriebsbedingten Auswirkungen der geplanten Schweinezucht- und -mastanlage auf das Moor „Kuhzer Grenzbruch“. Das Gutachten kommt zu der Schlussfolgerung, dass „die Inbetriebnahme einer Schweinemastanlage in unmittelbarer Nähe zum Moor aufgrund der nicht ausgleichbaren zusätzlichen N-Deposition eine schädliche und damit nach Brandenburger Naturschutzgesetz unzulässige Maßnahme darstellt“.

Aus einem Schreiben der Genehmigungsbehörde (LUGV) vom 25.01.2011 an den Landkreis Uckermark als untere Naturschutzbehörde geht hervor, dass eine positive Genehmigungsentscheidung zugunsten der Anlage nur möglich ist, wenn von den Vorgaben des gesetzlichen Biotopschutzes aus § 30 BNatSchG eine Ausnahme oder eine Befreiung erteilt wird. In einem Schreiben an den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. vom 17.02.2011 erklärt die Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, dass es sich bei der Entscheidung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren um eine sog. gebundene Verwaltungsentscheidung handle und der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung habe, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 6 Bundes-Immissionsschutzgesetz vorliegen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist es richtig, dass aufgrund eines Gutachtens zur Beeinträchtigung des Moores Kuhzer Grenzbruch die Genehmigungsbehörde davon ausgeht, dass eine Genehmigung der Anlage nur dann möglich ist, wenn eine Ausnahme oder Befreiung von den Vorschriften des gesetzlichen Biotopschutzes nach Maßgabe von § 30 Abs. 3 oder § 67 BNatSchG erteilt wird?
2. Ist es richtig, dass für eine Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG die Beeinträchtigungen des Moores ausgeglichen werden müssten, dass ein solcher Ausgleich die Wiederherstellung der beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise verlangt und dass dies bei dem Moor Kuhzer Grenzbruch nahezu unmöglich ist?
3. Unter welchen Voraussetzungen sieht das Ministerium der Erfüllung eines der Befreiungstatbestände aus § 67 Abs. 1 BNatSchG als möglich an? Wird insbesondere angenommen, dass eine Befreiung aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist? Welche für und gegen das Vorhaben sprechenden öffentlichen Interessen sind dabei zu berücksichtigen? Bitte die Gründe im einzelnen benennen und konkretisieren.
4. Ist es richtig, dass die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung im Ermessen der Behörde liegt?
5. Ist es richtig, dass damit kein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung bei Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen vorliegt, sondern lediglich ein Anspruch der Antragstellerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung?
6. Ist es richtig, dass im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsentscheidung auch Ermessensentscheidungen getroffen werden müssen, wenn durch die Konzentrationswirkung des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens Entscheidungen mit einbezogen werden, die im Ermessen der Behörde stehen (beispielsweise Ausnahmen oder Befreiungen von Vorgaben des Naturschutzrechts)?
7. Ist es richtig, dass die Erteilung der Ausnahme oder Befreiung vom Biotopschutz von der Behörde ermessensfehlerfrei abgelehnt werden kann, so lange sich die Behördenentscheidung im Rahmen des Ermessens hält?
8. Ist es richtig, dass es bei einer Genehmigung der Anlage aufgrund der mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Stickstoffimmissionen in das Moor Kuhzer Grenzbruch auch zur Beeinträchtigung geschützter Tier- und Pflanzenarten kommen wird?
9. Ist es richtig, dass im Falle der möglichen Verwirklichung von Verbotstatbeständen des Artenschutzrechts aus § 44 BNatSchG die Entscheidung sowohl über die Befreiung vom Biotopschutz als auch vom Artenschutz ausschließlich beim LUGV und nicht mehr beim Landkreis liegt? Siehe hierzu auch die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg, Az. OVG 11 S 19.07, 5.3.2007, in der offensichtlich die Zuständigkeitsverlagerung auf das LUGV bzw. das damalige LUA bestätigt wurde.
10. Ist es richtig, dass im Falle der Verwirklichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen eine Befreiung gemäß § 67 Abs. 2 BNatSchG nur zulässig ist, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde? Zum Maßstab der unzumutbaren Belastung siehe die Entscheidung des VG Frankfurt/Oder vom 7.12.2010, Az. 5 L 208/10.
11. Im Fall der Erteilung der Genehmigung kann es zu Klagen von Umweltverbänden und Anwohnern kommen. Können für den Fall der Aufhebung der Genehmigung in einem Klageverfahren Schadensersatzansprüche des Genehmigungsinhabers bestehen?
12. Ist es richtig, dass diese Schadensersatzansprüche für den Fall der Aufhebung der Genehmigung aufgrund einer Klage sämtliche Investitionen im Zeitraum zwischen Genehmigungserteilung und Aufhebung der Genehmigung umfassen können?
13. Welche Investitionshöhe geben die Antragsteller für die geplante Schweinemastanlage an?
14. Ist es richtig, dass für den Fall der Ablehnung der Genehmigung und einer Genehmigungserteilung aufgrund einer Klage des Antragstellers sich die Schadensersatzforderungen maximal auf den entgangenen Gewinn des Antragstellers aufgrund der Verzögerung reduzieren?
15. Ist es demnach richtig, dass das Schadensersatzrisiko für das Land und damit für den Steuerzahler im Falle der Genehmigungserteilung höher ist als im Falle der Ablehnung der Genehmigung?