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Der Flughafen BER – Ein neues Heathrow?

(Nr. 1307 – Benjamin Raschke) Die aktuelle Verkehrsprognose (vgl. S-BER am 6.7.2015) sieht für den Flughafen BER für das Jahr 2025 42,8 Mio. und für das Jahr 2035 50,8 Mio. Passagiere vor. Im September 2015 beschloss der Aufsichtsrat den Ausbau der Abfertigungskapazität (zunächst bei Weiterbetrieb von Schönefeld-Alt) auf insgesamt 40 Mio. Passagiere im Jahr. Der FBB-Businessplan 2015 sieht „in einem zweiten Schritt“ eine Erweiterung der Terminalgebäude auf eine Kapazität von 50 Mio. Passagieren im Jahr vor.

Während die Planungen für einen Ausbau der sog. „landseitigen Kapazität“ konkrete Züge angenommen haben, ist wenig darüber zu vernehmen, wie ein derartiges Passagieraufkommen „luftseitig“ zu bewältigen ist. Zwar wird darauf hingewiesen, dass durch größeres Fluggerät und bessere Auslastung der Flugzeuge die Zahl der Flugbewegungen nicht proportional zur Steigerung der Passagierzahl zunehmen werde. Dieser Verdichtungsprozess wird aber über kurz oder lang an seine Grenzen stoßen. Als Lösungsvorschlag war darüber hinaus von der Landesregierung und der FBB bislang ausschließlich ein pauschaler Verweis auf den Flughafen London-Heathrow zu vernehmen. Dort werden mit zwei Start- und Landebahnen 68 Millionen Passagiere im Jahr befördert. Der Bau einer dritten Piste am BER sei demnach nicht erforderlich (Mühlenfeld im S-BER am 6.7.2015, KA 6/2706).

Dem steht die Argumentation der Flughafen München GmbH entgegen. Der Münchner Flughafen und der BER weisen ein ähnliches Layout und Betriebsregime auf. Hier wie dort gibt es zwei parallel ausgerichtete, unabhängig voneinander zu betrei-bende Bahnen. Der Aufsichtsrat des Münchner Flughafens beschloss im Jahr 2005, bei einem Verkehrsaufkommen von 28,6 Mio. Passagieren, den Bau einer dritten Start- und Landebahn. Der Antrag auf Planfeststellung wurde 2007 bei 34 Mio. Passagieren eingereicht. Der Planfeststellungsbeschluss für die 3. Piste liegt vor, die Finanzierung steht. Eine Gerichtsentscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwer-de zur Revision und die Zustimmung des Miteigentümers München stehen noch aus.

Mit 40 Mio. Passagieren und 377.000 Flugbewegungen im Jahr 2014 stößt der Münchner Airport derzeit an seine Leistungsgrenze. Auf der flughafeneigenen Homepage war im Juni 2015 zu lesen: „Die Kapazität des Bahnsystems zu Spitzenstunden ist schon heute völlig erschöpft … Anfragen nach zusätzlichen Starts und Landungen müssen abgewiesen werden. … Gemäß den Auswertungen des Flugha-fenkoordinators … stehen derzeit nur noch wenige Slots zur Verfügung.“

Um die Notwendigkeit des Baues einer dritten Piste zu untermauern wurde auf derselben Homepage dargelegt, warum der Flughafen München mit seinen zwei Pisten nicht ebenso viele Passagiere befördern kann, wie London-Heathrow: Das Luftverkehrsaufkommen in London verteile sich auf mehrere Flughäfen. Heathrow als führendes europäisches Luftdrehkreuz übernehme dabei die Langstreckenverkehre. Entsprechend hoch sei der Einsatz von großen und sehr großen Flugzeugen mit entsprechendem Sitzplatzangebot. Das Drehkreuz München dagegen zeichne sich durch einen ganz anderen Flugzeugmix mit vielen kleineren Flugzeugen für den Deutschland- und Europaverkehr aus. Entsprechend niedriger seien die Passagierzahlen pro Flugzeug. Während

Heathrow über einen 24-Stunden-Betrieb verfüge, dürfe in München von 0:00 bis 5:00 Uhr nicht geflogen werden und für die Nachtzeiten von 22:00 bis 24:00 Uhr und von 5:00 bis 6:00 gebe es Einschränkungen. Deshalb können in München zudem weniger Flüge durchgeführt werden als in Heathrow.

Ich frage die Landesregierung:
1. Während München einen Umsteigeranteil von ca. 40% mit entsprechendem Flugzeugmix aufweist, rechnet man für den BER mit einer Zahl von maximal 20% Umsteigern, die aber im Gegensatz zu München noch lange nicht erreicht ist. Warum ist aus Sicht der Flughafengesellschaft und der Landesregierung für den BER bei einer Prognose von über 40 Mio. Passagieren im Gegensatz zu München die Notwendigkeit einer dritten Piste nicht erkennbar?
2. Welche Parallelen zwischen dem BER und dem Flughafen Heathrow gibt es, die Anlas für die Vermutung geben, dass zwei Start- und Landebahnen auch bei mehr als 40 Mio. Passagieren pro Jahr ausreichen?
3. In der Kleinen Anfrage 6/2706 antwortete der Chef der Staatskanzlei man unterstütze die Verlagerung des Kurzstreckenluftverkehrs auf die Schiene. Worin besteht die Unterstützung?