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Befreiung von Verboten im Biossphärenreservat Spreewald zur Durchführung forstwirtschaftlicher Maßnahmen

(Nr. 2684 - Axel Vogel) In Folge zweier niederschlagreicher Jahre wurden die Erlenbestände im Ober- und Unterspreewald zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen geflutet. Die Erlen sind aufgrund der langen Überstauung von Staunässe und Nässestress betroffen. Bestandsweise, insbesondere aber auf den am tiefsten gelegenen Moorstandorten, kommt es zum Vitalitätsverlust und zum teilweisen Absterben von mittelalten Erlenbeständen.

Der Landesbetrieb Forst Brandenburg hatte daher im Frühjahr einen Kahlschlag auf einer 28 Hektar großen Waldfläche im Revier „Schützenhaus“ geplant, um das Holz der absterbenden Bäume zu nutzen. Die Fläche liegt im Biosphärenreservat Spreewald Schutzzone II, ist zusätzlich als Naturschutzgebiet, FFH-Gebiet und Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Daher beantragte der Landesbetrieb eine Befreiung von den Auflagen der einzelnen Schutzgebiete, insbesondere vom Gebot des Kahlschlagsverbotes bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald. Der Landkreis genehmigte am 16.04.2012 (in Teilen geändert am 07.05.2012) den Kahlschlag des durch das Hochwasser geschädigten Bestandes. Die Arbeiten sollten noch in der Brutzeit der Vögel beginnen, ungeachtet der Tatsache, dass in dem Gebiet besonders geschützten Arten wie Kranich sowie Schwarz- und Mittelspecht, brüten. Gegen diese Genehmigung ging der NABU Brandenburg am 09.05.2012 in Widerspruch. Dabei beantragte er vor dem Verwaltungsgericht Cottbus im Eilverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, welche zu einem Fällstopp geführt hätte. Das Verwaltungsgericht Cottbus entschied allerdings in dem folgenden Verfahren gegen den Eilantrag.

Der NABU Brandenburg legte gegen dieses Urteil Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg ein und erwirkte den Stopp der Fällungen. Das OVG bestätigte in seinem Beschluss am 04.09.2012 die Auffassung des NABU, dass die Behörde die naturschutzfachlichen Belange nur unzureichend geprüft habe. Zudem stellt das Oberverwaltungsgericht in Frage, dass ein Landesforstbetrieb seine angeblichen Eigeninteressen gegen das Allgemeinwohl abwägen lassen kann, da der Landesforstbetrieb das Allgemeinwohl zu vertreten hat. Ein Gutachter hatte zuvor bestätigt, dass eine Waldbewirtschaftung in diesem Gebiet unwirtschaftlich ist.

>>> Die ausführliche Kleine Anfrage und die Antwort der Landesregierung als pdf


Ich frage die Landesregierung:

  1. Warum wurden die wertvollen Baumbestände in dem 4-fachen Schutzgebiet (NSG,Biosphäre, FFH, EU-Vogelschutzgebiet) geflutet und welche wasser- und naturschutzrechtlichen Genehmigungen lagen hierzu vor?

  2. Welche Gebiete sind betroffen? Bitte nach Lage und Flächengröße und Schutzstatus aufschlüsseln.

  3. Wie schließt die Landesregierung aus, dass die Schutzgebiete durch gezielte Überflutungen zukünftig beeinträchtigt werden?
  4. Welche durch Wasserstau beeinträchtigten Flächen wurden bisher in Folge des Hochwassers 2011/2012 im Spreewald kahlgeschlagen? Bitte nach Lage und Flächengröße und Schutzstatus aufschlüsseln.

  5. Wo und auf welcher Fläche sind weitere Kahlschläge in der Region noch beabsichtigt? Bitte nach Lage und Flächengröße und Schutzstatus aufschlüsseln.

  6. Soll eine Wiederaufforstung durch Pflanzungen und Rabatten auf den Kahlschlagflächen erfolgen oder setzt die Landesregierung auf eine natürliche Wiederbewaldung?

  7. Welche Holznutzungen sind außer Kahlschlägen auf den betroffenen Flächen geplant?

  8. In welchem Umfang soll abgestorbenes Holz als Totholz in den betroffenen Schutzgebieten im Wald verbleiben?

  9. Plant der Landesbetrieb nun, nachdem das Gericht die Kahlschlagnutzung für die oben genannte Fläche von 28 ha untersagt hat, die Holzernte aufzugeben oder plant er statt dessen Kahlschläge unter 1 ha Größe durchzuführen (s.g. verdeckte Kahlschläge)?

  10. Wie schätzt die Landesregierung die Wirtschaftlichkeit der Nutzung auf wasserstau-beeinträchtigten Flächen unter Berücksichtigung der Kosten von Spezialmaschinen wie Seilkränen, Arbeitskosten und Kosten für die Wiederaufforstung ein?

  11. Warum wurden in dem oben beschriebenen Fall von Seiten des Landesbetriebes die Arbeitskosten nicht bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit der Holzernte mit einbezogen?
  12. Ist es zutreffend, dass bei Berücksichtigung der Arbeitskosten die beantragte Holzernte defizitär ist? Wie ist die Gesamtkalkulation anzusetzen?

  13. Wie ist die betriebswirtschaftliche Bewertung des Kaufes der beiden Seilkräne des Landesforstbetriebs? Bitte um Angabe der Anschaffungskosten und Einsatzzeiten.

  14. Warum beabsichtigte der Landesforstbetrieb den Kahlschlag in dem oben genannten Schutzgebiet durchzuführen, obwohl kommerziellen Waldbesitzern außerhalb von Schutzgebieten nach Landeswaldgesetz Kahlschläge ab 1 ha verboten sind?

  15. Warum akzeptiert der dem Gemeinwohl verpflichtete Landesforstbetrieb die Kahlschlagsverbote in der NSG-VO und der Biosphärenreservatsverordnung nicht und beantragt eine Befreiung, wie ein rein nach wirtschaftlichen Grundsätzen agierender privater kommerzieller Forstbetrieb?

  16. Wie sieht die Landesregierung die besonderen im Landeswaldgesetz Bbg genannte Verpflichtung des Landesforstbetriebs dem Gemeinwohl zu dienen im vorliegenden Fall ?

  17. Wird der Landesforstbetrieb zukünftig Schutzgebietsverordnungen akzeptieren und auf Genehmigungen und Befreiung von Schutzgebietsverordnungen verzichten?