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Anrechenbarkeit von sogenannten „Pflasterkassen“ auf Anliegerstraßenbaubeiträge

Kleine Anfrage „Anrechenbarkeit von sogenannten „Pflasterkassen“ auf Anliegerstraßenbaubeiträge“ herunterladen (PDF, 170 KB)

(Nr. 3381 – Ursula Nonnemacher) In einigen Gemeinden im Land Brandenburg taucht im Verlauf der Diskussion um die Herstellung von Erschließungsanlagen die Frage auf, ob und wie Leistungen oder Einzahlungen, die Beitragspflichtige bereits vor Jahrzehnten erbracht haben, anzu-rechnen sind. Zu diesen Vorleistungen werden auch Einzahlungen aus der Zeit vor 1945 in eine sogenannte „Pflasterkasse“ gezählt. Diese Pflasterkassen wurden von den Kommunen initiiert und verwaltet und waren Spareinrichtungen für die zukünftige Erschließung von Baugrundstücken.

Die Stadtverordnetenversammlung Hohen Neuendorf hat beschlossen, dass als freiwillige finanzielle Leistung der Stadt eine Anrechnung der geleisteten Pflasterkas-senbeiträge auf den Erschließungsbetrag nach §123 ff. BauGB erfolgt (Vorlage B 045/2012).

Die Stadt Falkensee informiert in einem Merkblatt zum beitragsfinanzierten Anliegerstraßenbau, dass frühere Einzahlungen in die Pflasterkasse auf die Beitragspflicht bei der erstmaligen Erschließung (Straßenneubau) angerechnet werden, wenn der/ die GründstückseigentümerIn damalige Einzahlungen nachweisen kann.

In diesem Zusammenhang ergeben sich auch Fragen nach dem Umrechnungskurs, der zumeist in Goldmark oder Reichsmark geführten Pflasterkassenkonten und die Verzinsung der von den AnliegerInnen geleisteten Einzahlungen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die rechtliche Zulässigkeit der Anrechnung von Einzahlungen in eine „Pflasterkasse“ auf die Beiträge zum Anliegerstraßenneubau oder Anliegerstraßenausbau?
  2. Welche bundes- und landesrechtlichen Grundlagen sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Anrechnung von Einzahlungen in eine „Pflasterkasse“ relevant? Welche Urteile von Bundes- oder Landesgerichten sind nach Ansicht der Landesregierung für die Klärung dieser Frage von Bedeutung?
  3. Welche Kriterien sind ggf. notwendig, um Jahrzehnte zurückliegende Einzahlungen in eine solche Kasse auf zu leistende Beiträge anzurechnen. Besteht hier ggf. ein Handlungsspielraum für die Gemeinde?
  4. Sind die bestehenden brandenburgischen Gemeinden Rechtsnachfolger der Gemeinden, die vor dem 2. Weltkrieg sog. Pflasterkassen initiiert und verwaltet haben?
  5. Hat die Landesregierung einen Überblick darüber, in wie vielen Gemeinden es eine oder mehrere dieser sog. Pflasterkassen aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg gibt? Wenn ja, um wie viele und welche Gemeinden handelt es sich (bitte auflisten)? Wie viele solcher Kassen werden von den Gemeinden noch geführt oder verwaltet?
  6. Nach welchem Kurs können Guthaben bei einer solchen Pflasterkasse von Reichsmark/ Goldmark in Euro umgerechnet werden? Müssen diese Guthaben verzinst werden? Wenn ja, für welchen Zeitraum? Welche rechtlichen Grundlagen sind hierfür ausschlaggebend?
  7. Ist es zulässig, dass die Nachweispflicht über Einzahlungen in eine sog. Pflasterkasse bei den Anliegern liegt, wenn anzunehmen ist, dass alle Anlieger einer Straße in eine solche Kasse eingezahlt haben (Gleichbehandlungsgebot)?