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Zustand der Justiz im Gerichtsbezirk Cottbus im Zusammenhang mit Strafverfahren gegen rechte Täter*innen

Kleine Anfrage „Zustand der Justiz im Gerichtsbezirk Cottbus im Zusammenhang mit Strafverfahren gegen rechte Täter*innen“ herunterladen (PDF, 183 KB)

(Nr. 4697 - Benjamin Raschke) Vorbemerkung des Fragestellers: Die Stadt Cottbus war in den letzten Jahren immer wieder Schauplatz von rechten und rassistischen Mobilisierungen. Aufmärsche des Vereins „Zukunft Heimat“ erreichten dabei eine Größe von mehreren Tausend Teilnehmenden. Zudem wird die rechte Szene in der Region im landesweiten Vergleich als überaus stark und gut vernetzt beschrieben. Am 11.04.2019 führte die Polizei, v. a. in Cottbus und im angrenzenden Landkreis Spree-Neiße, eine Großrazzia gegen Mitglieder der rechten Szene durch. In diesem Zusammenhang wurde bekannt, dass die Sicherheitsbehörden bereits seit einem Jahr ein Verfahren gegen Teile der rechten Szene wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung (§129 StGB) führen[1]. Im Bereich rechter / rassistischer Gewaltstraftaten nahm die Stadt Cottbus, der polizeilichen PMK-Statistik zu Folge, in den vergangenen Jahren stets den traurigen Spitzenplatz im Bundesland ein.

Laut einer Pressemitteilung des Vereins Opferperspektive e.V. vom 05.06.2019 endete ein Strafverfahren gegen einen rechten Schläger am Landgericht Cottbus nach über sieben Jahren Verfahrensdauer mit einer Verurteilung[2]. Aufgrund der langen Verfahrensdauer und zwischenzeitlich verlorengegangener Akten am Landgericht Cottbus fiel die Strafe sehr milde aus. Gleiches gilt für zwei weitere Fälle von rechter Gewalt, die am Amtsgericht Cottbus verhandelt wurden, auf die die Opferperspektive mit einer Pressemitteilung vom 21.12.2018 aufmerksam machte[3]. In einem Fall wurde demzufolge - ebenfalls wegen langer Verfahrensdauer - eine milde Strafe gegen einen rechten Täter verhängt. In einem zweiten Fall musste das Verfahren nach einem rassistischen Angriff - u. a. aufgrund der vierjährigen Dauer bis zur Eröffnung des Verfahrens - komplett eingestellt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung insgesamt die Situation im Gerichtsbezirk Cottbus, insbesondere die Situation am Amts- und Landgericht im Bereich Strafverfahren? Ist eine zeitnahe Bearbeitung von Strafverfahren, die aufgrund von rechten / rassistischen Angriffen im Gerichtsbezirk Cottbus geführt werden, gewährleistet? Befürchtet die Landesregierung durch ausbleibende oder zeitlich stark verzögerte Verfahren eine Stärkung rechter Akteur*innen in der Region?

2. Wie bewertet die Landesregierung das Problem verlorengegangener Akten in dem in der Vorbemerkung beschriebenen Fall am Landgericht Cottbus, welches mit Urteil vom 04.06.2019 endete? Was war der Grund für das Verschwinden der Akten in diesem Fall? Welche Konsequenzen wurden hieraus intern am Landgericht Cottbus gezogen, um ein erneutes Verschwinden von Akten in anderen Fällen zu vermeiden?

3. Hält die Landesregierung in dem in Frage 2 erwähnten Verfahren eine Verfahrensdauer von über sieben Jahren für eine einfache Strafsache für vertretbar? Falls nein, welche Vorkehrungen wurden getroffen, dass zukünftig die Dauer der Strafsachen, bei denen rechte Taten angeklagt werden, im Gerichtsbezirk Cottbus verringert werden?

4. Wie bewertet die Landesregierung die von der Opferperspektive in einer Pressemitteilung vom 21.12.2018 thematisierten Verfahren am Amtsgericht Cottbus? Sieht die Landesregierung in den erwähnten Verfahren Versäumnisse der Justiz im Gerichtsbezirk Cottbus? Falls ja, was wurde getan, damit diese Versäumnisse zukünftig nicht mehr geschehen? Hat sich die Landesregierung hinsichtlich der Wirkung der ausbleibenden oder zeitlich stark verzögerten Verfahren auf die Betroffenen beschäftigt?

5. Vor dem Hintergrund des in der Vorbemerkung erwähnten laufenden §129-Verfahrens gegen Mitglieder der rechten Szene in Cottbus und Umgebung, frage ich die Landesregierung, ob die Voraussetzungen für eine juristische Bearbeitung des Verfahrens im Gerichtsbezirk Cottbus ausreichend gegeben sind? Wie soll das bewerkstelligt werden? Was für Folgen hätte eine ausbleibende oder zeitlich stark verzögerte Bearbeitung dieses Verfahrens?


[1]https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/04/cottbus-razzia-rechtsextremismus-polizei-ermittlungen.html

[2]https://www.opferperspektive.de/aktuelles/cottbus-akten-verschwunden

[3]https://www.opferperspektive.de/aktuelles/schwere-maengel-im-gerichtsbezirk-cottbus

Aus der Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage (Drucksache 6/11671) von Michael Jungclaus, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, geht hervor, dass die Landesregierung keine Notwendigkeit zur Reaktivierung der Bahnstrecke Fredersdorf-Rüdersdorf sieht und sich bislang wenig bis überhaupt nicht damit befasst hat. Zur Antwort der Landesregierung nimmt Michael Jungclaus wie folgt Stellung:

"Die Landesregierung hat es verschlafen, rechtzeitig auf Fahrgastzuwächse im ÖPNV zu reagieren, so dass die Qualität auf vielen Verbindungen leider zu wünschen übriglässt. Angesichts steigender Fahrgastzahlen und stetig zunehmendem Güterverkehr muss das Schienennetz ausgebaut werden. Neben den geplanten Verbesserungen ist es auch notwendig, sich mit den Möglichkeiten zu befassen, stillgelegte Eisenbahnstrecken zu reaktivieren, wie beispielsweise bei der Wriezener Bahn oder der Stammbahn. Die Antwort der Landesregierung zeigt nun deutlich, dass es bislang nur sehr begrenzte Überlegungen zur Reaktivierung der Strecke Fredersdorf-Rüdersdorf gab."