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Welche Kenntnisse hat die Landesregierung, was Bezüge der rechtsextremistischen Gruppierung „Nordkreuz“ zum Land Brandenburg betrifft?

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(Nr. 4703 - Ursula Nonnemacher) In Mecklenburg-Vorpommern hat die Polizei bei Durchsuchungen im Zusammenhang mit der Gruppe „Nordkreuz“ eine Liste politischer Gegner mit Vertreterinnen und Vertretern des linken politischen Spektrums sichergestellt. Bereits seit 2017 ermittelt der Generalbundesanwalt gegen diese Gruppe. Sie hortete großen Mengen Munition und verfügte über Zugang zu illegalen wie legalen Waffen. Offenbar bestand die Absicht, hunderte Leichensäcke und Ätzkalk zu beschaffen.

Aktuellen Pressebereichten zufolge ist die Gruppe nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch im Norden Brandenburgs aktiv.

Besonders besorgniserregend ist, dass Mitglieder der Gruppe Nordkreuz, gegen die ermittelt wird, selbst Polizisten und Angehörige der Bundeswehr sind bzw. waren. Es besteht der Verdacht, dass sie unter anderem den Zugang zu polizeilichen Informationssystemen für ihre rechtsextremistischen Aktivitäten genutzt haben.

Die Landesregierung hat in ihrer Antwort (Drucksache 6/11602) auf die Kleine Anfrage Nr. 4573 mitgeteilt, wie sie in Brandenburg sicherstellen will, dass Polizeibedienstete ausschließlich zu dienstlichen Zwecken auf dienstliche Informationssysteme zugreifen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hat sich die Landesregierung, alarmiert durch Ermittlungsverfahren wie beispielsweise gegen Gruppe „Nordkreuz“ und/oder gegen den „NSU 2.0“, von der Brandenburger Polizei- und Verfassungsschutzführung lückenlos informieren lassen, ob seit dem Jahr 2014 sämtliche Abfragen von Personendaten durch Bedienstete auch tatsächlich aus einem dienstlichen Grund erfolgt sind?

a. Falls ja: Mit welchem Ergebnis- – kann die Landesregierung ausschließen, dass Polizei- und/oder Verfassungsschutzbedienstete in Brandenburg Personendaten abgefragt haben, ohne dass ein dienstlicher Grund vorgelegen hat?

b. Falls nein: Warum hat die Landesregierung keine entsprechenden Informationen von der Polizei- und der Verfassungsschutzführung angefordert - und gedenkt sie dies umgehend nachzuholen?

c. Falls bei Polizei und/oder Verfassungsschutz keine lückenlose Kontrolle der Personendatenabfragen erfolgt sein sollte: Wann wird die Landesregierung die Polizei- und die Verfassungsschutzführung auffordern, beispielsweise mit Hilfe der in der Landtags-Drucksache 6/11602 erwähnten Protokollierungen zu erfolgten Datenabfragen zu überprüfen, ob sämtliche Personendatenabfragen seit dem Jahr 2014 aus einem dienstlichen Grund erfolgt sind?

2. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über das Ermittlungsverfahren gegen die Gruppe „Nordkreuz“ und seit welchem Zeitpunkt - und auf welchem Wege hat die Landesregierung diese Kenntnisse jeweils erlangt?

a. Haben staatliche Stellen, von denen die Landesregierung oder Brandenburger Sicherheitsbehörden entsprechende Informationen erhalten haben, diesbezüglich auch Aufträge und/oder Handlungsempfehlungen an brandenburgische Sicherheitsbehörden übermittelt und gegebenenfalls welche?

i. Haben Brandenburger Sicherheitsbehörden etwaige Aufträge ausgeführt und/oder etwaige Handlungsempfehlungen umgesetzt - oder warum gegebenenfalls nicht?

b. Sind Sicherheitsbehörden des Landes Brandenburgs an Ermittlungen zur Gruppe „Nordkreuz“ beteiligt und gegebenenfalls inwiefern?

c. Haben in Brandenburg Durchsuchungen stattgefunden, die in einem Zusammenhang zu den Ermittlungen gegen die Gruppe „Nordkreuz“ stehen?

3. Hat die Landesregierung seit dem Jahr 2014 - beispielsweise im Kontext der Ermittlungen gegen die Gruppe „Nordkreuz“ oder in anderem Kontext - Kenntnis von Listen, Blattsammlungen oder sonstigen Dokumenten und/oder Dateien erlangt, bezüglich der es sein könnte, dass sie den Charakter von „Schwarzen Listen“ oder „Todeslisten“ haben - und auf beziehungsweise in denen die Namen von Personen, Gruppen, Organisationen, Parteien, Glaubensgemeinschaften und/oder Institutionen und/oder Adressen aus Brandenburg verzeichnet sind? Falls ja:

a. Woher, beispielsweise aus welchen Ermittlungsverfahren beziehungsweise von welchen Behörden, stammen diese Beweismittel?

b. Seit wann hat die Landesregierung jeweils Kenntnis von den entsprechenden Beweismitteln und welche Maßnahmen hat die Landesregierung gegebenenfalls ergriffen?

c. Haben sich bei der Auswertung dieser Beweismittel räumliche Schwerpunkte feststellen lassen - also Orte oder Regionen, aus denen besonders viele Personen, Gruppen, Organisationen, Parteien und/oder Institutionen und/oder Adressen verzeichnet sind?

d. Welche Arten von personenbezogenen Daten (etwa Name, Anschrift, Meldedaten, Geburtsdatum, Kraftfahrzeuge, Führerschein oder sonstige Daten) enthalten die Beweismittel zu Personen und/oder anderen Adressaten in Brandenburg?

i. Ergibt sich bezüglich der vorgefundenen Daten der Verdacht, dass diese aus amtlichen Informationssystemen abgefragt worden sind oder sein könnten - oder ist es ausgeschlossen, dass die Daten aus amtlichen Systemen abgefragt worden sind?

ii. Hat die Landesregierung überprüfen lassen, ob bezüglich der Betroffenen seit dem Jahr 2014 personenbezogene Daten von Brandenburger Polizei- oder Verfassungsschutzbediensteten aus dienstlichen Informationssystemen abgefragt worden sind - und mit welchem Ergebnis?

iii. Inwiefern wurden Vorkehrungen getroffen, um die Metadaten zu Datenabfragen von Betroffenen für weitere Ermittlungen zu sichern und etwa vor automatischer Löschung zu bewahren?

e. Wie viele Brandenburger Personen und/oder andere Adressaten sind in den Beweismitteln jeweils enthalten?

i. In welchen Landkreisen sind diese Personen und/oder andere Adressaten verortet?

ii. Sind unter den aufgeführten Personen solche, die politische Mandate oder herausgehobene Funktionen der öffentlichen Verwaltung innehaben? Falls ja: Welche Arten von Mandaten und Funktionen sind das?

iii. Wurden sämtliche Betroffene durch Brandenburger Behörden oder Behörden des Bundes informiert - und warum gegebenenfalls nicht? Und bis wann wird das gegebenenfalls nachgeholt?

iv. Haben Behörden des Bundes oder des Landes bezüglich sämtlicher Betroffenen in Brandenburg ermittelt, ob sie in sozialen Netzwerken des Internets oder auf anderem Wege bedroht worden sind - und mit welchem Ergebnis?

v. Haben Behörden des Bundes oder des Landes bezüglich sämtlicher Betroffenen in Brandenburg ermittelt, ob sie in den vergangenen Monaten und Jahren Opfer von Straftaten geworden sind, die politisch motiviert waren oder bei denen eine politische Motivation nicht auszuschließen ist - und mit welchem Ergebnis?

vi. Wie beurteilen die Sicherheitsbehörden des Landes das Gefahrenpotential für die Betroffenen? Inwiefern ist diese Einschätzung durch das Bekanntwerden neuer Informationen in den vergangenen Wochen aktualisiert worden?

vii. Wurden Maßnahmen ergriffen, die Betroffenen zu schützen, und gegebenenfalls inwiefern?

4. Wird im Zusammenhang mit der Gruppe „Nordkreuz“ gegen Personen ermittelt, die einen Wohnsitz in Brandenburg haben oder seit dem Jahr 2014 einen Wohnsitz in Brandenburg hatten? Falls ja: Um wie viele Personen handelt es sich?

5. Wird im Zusammenhang der Gruppe „Nordkreuz“ gegen Personen ermittelt, die für eine Behörde in Brandenburg tätig sind oder waren? Falls ja:

a. Um wie viele Personen handelt es sich?

b. Für welche Behörden sind oder waren die Personen tätig?

6. Inwiefern haben Angehörige Brandenburger Sicherheitsbehörden den im Fokus der Ermittlungen zur Gruppe Nordkreuz stehenden Schießplatz in Güstrow genutzt?

7. Welche Maßnahmen haben die Sicherheitsbehörden aufgrund der bisher gewonnenen Erkenntnisse zum Themenkomplex „Nordkreuz“ ergriffen beziehungsweise welche Konsequenzen haben sie gezogen?