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Überwachung von „Gefährdern“ in Brandenburg

Kleine Anfrage „Überwachung von „Gefährdern“ in Brandenburg“ herunterladen (PDF, 212 KB)

(Nr. 4440 - Ursula Nonnemacher) Nach Angaben der Bundesregierung ist die Zahl von Personen, die als sogenannte „Gefährder“ eingestuft werden, in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Im Bereich der religiösen Ideologie sind Stand November 2018 767 Personen als Gefährder und 470 als Relevante Personen eingestuft (vgl. Bundestagsdrucksache 19/5648). Daneben werden auch Personen aus anderen Phänomenbereichen der politisch motivierten Kriminalität (PMK) entsprechend eingestuft, allerdings sind hierzu nur ältere Zahlen öffentlich. Im Februar 2017 waren laut Bundesregierung für die Phänomenbereiche PMK-links, PMK-rechts und PMK-ausländische Ideologie 32 Personen als Gefährder und 287 als Relevante Person eingestuft (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11369).

Nach Auskunft der Bundesregierung existieren für die Begrifflichkeiten Gefährder und Relevante Personen bundeseinheitliche abgestimmte polizeifachliche Definitionen: „Gefährder ist eine Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a Strafprozessordnung, begehen wird. Eine Person ist als relevant anzusehen, wenn sie innerhalb des extremistischen/terroristischen Spektrums die Rolle a) einer Führungsperson, b) eines Unterstützers/Logistikers, c) eines Akteurs einnimmt und objektive Hinweise vorliegen, die die Prognose zulassen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a Strafprozessordnung, fördert, unterstützt, begeht oder sich daran beteiligt, oder d) es sich um eine Kontakt- oder Begleitperson eines Gefährders, eines Beschuldigten oder eines Verdächtigen einer politisch motivierten Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere einer solchen im Sinne des § 100a Strafprozessordnung, handelt“.

Bei Vorliegen der o. g. Voraussetzungen können Personen entweder als Gefährder oder als Relevante Personen eingestuft werden. Überschneidungen zwischen diesen beiden Kategorien bestehen nicht (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11369). Es handelt sich bei den Begriffen nicht um Rechtsbegriffe, gleichwohl kann die Einstufung intensive Grundrechtseingriffe durch verdeckte präventivpolizeiliche Maßnahmen auslösen. Die Einstufung liegt regelmäßig im Zuständigkeitsbereich der Länder. Insbesondere hinsichtlich der Folgen einer Einstufung als Gefährder konnte die Bundesregierung aufgrund fehlender Meldepflichten keine Antworten geben und verwies bezüglich Auswahl, Art, Umfang und Durchführung von präventivpolizeilichen Maßnahmen gegen Personen, die im Rahmen des Gefährderprogramms eingestuft wurden, auf die Zuständigkeit der Länder. Es wird darum gebeten, die Antworten stets nach Phänomenbereich und Kategorie aufzugliedern. Falls die Nennung eindeutiger Zahlen aus Sicherheitsgründen für problematisch gehalten wird, wird darum gebeten, diese in Zehnerschritten anzugeben.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Wie viele Personen sind aktuell durch die Polizeibehörden des Landes Brandenburg im Rahmen des Gefährderprogramms als Gefährder bzw. als Relevante Person eingestuft? Wie viele der Relevanten Personen werden dabei als Führungspersonen, Unterstützer/Logistiker, Akteure bzw. als Kontakt- oder Begleitpersonen gelistet?

2. In welchen Datenbanken werden die derart gelisteten Personen erfasst (z. B. Antiterrordatei, Verbunddatei Innere Sicherheit, Staatsschutzdateien der Landespolizei, etc.)?

3. Findet eine regelmäßige Überprüfung der Voraussetzungen einer weiteren Einstufung als Gefährder statt? In welchen Abständen? Bei wie vielen Personen ist die Einstufung bislang revidiert worden?

4. Wie viele Personen sind in den letzten zwölf Monaten durch Landesbehörden zur verdeckten polizeilichen Beobachtung bzw. gezielten Kontrolle in Landes- oder Bundessystemen oder dem Schengen-Informationssystem ausgeschrieben worden? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

5. Für wie viele Personen sind in den letzten zwölf Monaten längerfristige Observationen angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

6. Für wie viele Personen ist in den letzten zwölf Monaten der Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

7. Wie viele Personen wurden in den letzten zwölf Monaten durch den Einsatz von Vertrauenspersonen beobachtet? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

8. Wie viele Personen wurden in den letzten zwölf Monaten durch den Einsatz von Verdeckten Ermittlern beobachtet? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

9. Bei wie vielen Personen ist in den letzten zwölf Monaten der Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

10. Bei wie vielen Personen ist in den letzten zwölf Monaten die Überwachung der Telekommunikation angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

11. In Bezug auf wie viele Personen wurden in den letzten 12 Monaten Telekommunikationsverkehrs- und Nutzungsdaten erhoben? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

12. In Bezug auf wie viele Personen ist in den letzten zwölf Monaten der Einsatz von IMSI-Catchern angeordnet worden? Wie viele der Betroffenen waren als Gefährder oder Relevante Person eingestuft?

13. Gegen wie viele Personen wurde seit 2004 eine Überwachung aus Gründen der inneren Sicherheit nach § 54a bzw. seit 1. Januar 2016 nach § 56 Aufenthaltsgesetz angeordnet? In wie vielen Fällen wurde zusätzlich eine elektronische Aufenthaltsüberwachung angeordnet?

14. In wie vielen Fällen wurde eine Anordnung der oben genannten Maßnahmen gerichtlich aufgehoben bzw. nachträglich für rechtswidrig erklärt, in wie vielen Fällen gerichtlich bestätigt? (Bitte nach Maßnahmen aufschlüsseln)